Adtranz 1999 wird das Schicksalsjahr
Berlin - Der Bahntechnik-Hersteller Adtranz (ABB Daimler-Benz Transportation) will erst 1999 in die Gewinnzone zurückrollen - und damit ein Jahr später als erhofft. Bei der deutschen Adtranz-Tochter als größter Landesgesellschaft werde die Gewinnschwelle aber später erreicht, mußte Adtranz-Chef Rolf Eckrodt einschränken.
Auch im laufenden Jahr werde Adtranz in Deutschland wie 1997 einen dreistelligen Millionenverlust verbuchen. Nähere Angaben machte Eckrodt nicht: "Insgesamt wird 1999 unser Schicksalsjahr", lautete sein einziger Kommentar.
Doch die Adtranz muß sich auf einen scharfen Gegenwind gefaßt machen: Der französische Konkurrent Alstom (Paris), der den Hochgeschwindigkeitszug TGV fertigt, kündigte an, Adtranz von der Spitze auf dem Weltmarkt verdrängen zu wollen. "Wir sind ganz nah dran, auf der Welt in allen Bereichen der Schienentechnik die Nummer eins zu sein", sagte Hans-Jürgen Jabs, Chef der deutschen Alstom-Transportsparte. Mit einem Weltmarktanteil von derzeit 15 Prozent liege Alstom nur noch knapp hinter Adtranz. Beim Ertrag sei man schon länger die Spitze.
Adtranz, ein Gemeinschaftsunternehmen von ABB und Daimler Benz mit Hauptsitz in Berlin, war vor allem wegen der Verluste in Deutschland 1997 ins Minus gerutscht und hatte Verluste von 380 Millionen Mark eingefahren. Der bisherige Adtranz-Chef Kaare Vagner mußte jüngst gehen. Er wird von Eckrodt, der auch Chef der deutschen Adtranz ist, vertreten.
Die Restrukturierungskosten und Rückstellungen als Vorsorge für mögliche technische Pannen von Adtranz-Produkten würden Adtranz in Deutschland im laufenden Jahr nochmals belasten. Er hoffe jedoch, 1998 alle Risiken abfangen zu können, sagte Eckrodt.
Ob die Anteilseigner nochmals Geld nachschießen, sei offen. Dies hänge von der Höhe der nötigen Rückstellungen ab. Adtranz habe nicht unbegrenzt Zeit, die Trendwende zu meistern. In Deutschland will der Konzern bis zum Jahr 2000 etwa 1400 der 7400 Stellen streichen. Das Konzept soll noch 1998 angegangen werden. 1997 beschäftigte Adtranz weltweit 25.000 Mitarbeiter und setzte 6,5 Milliarden Mark um.
Nach der Pannenserie mit den Neigetechnik-Zügen verwies der Adtranz-Manager erneut auf den "hausinternen TÜV". Man nutze bei der Risikoanalyse auch Experten von Mercedes-Benz sowie der Luftfahrtsparte des Daimler-Konzerns Dasa. Insgesamt koste das Qualitätsprogramm jährlich 20 Millionen Mark. Er kündigte zugleich an, Experten und Ingenieure zu reaktivieren, die sich bereits im Ruhestand befänden.
Die Transportsparte des französischen Wettbewerbers Alstom strebt bis 2001 einen Umsatz von acht Milliarden Mark und einen Weltmarktanteil von 20 Prozent an. Im Geschäftsjahr 1997/98 (31. März) erzielte der Transportbereich bei einem Umsatz von rund sechs Milliarden Mark einen Gewinn von 320 Millionen Mark. Die deutsche Bahnsparte des Konzerns mit rund 2100 Beschäftigten steuerte "schwarze Zahlen" bei. 1998/99 solle das Vorsteuerergebnis in Deutschland leicht gegenüber dem Vorjahr (16 Millionen Mark) steigen. Der Umsatz werde 450 Millionen Mark betragen und im Folgejahr auf 750 Millionen Mark steigen. Kapazitätsanpassungen seien nicht geplant.