Deutsche Börse "Das kann nur ein Marketing-Gag sein"
Hamburg - Ist das Kind erst einmal in den Brunnen gefallen, ist das sprichwörtliche Wehklagen und Bedauern bekanntlich groß. Auch als die Deutsche Börse in der vergangenen Woche ihren Fusionsversuch mit der Euronext für beendet erklärte, fehlte es nicht an warmen Worten aus Politik und Finanzwirtschaft.
Der "Unfusionierbaren" nützen derlei Bekundungen wenig. Bei der Konsolidierung der europäischen Börsenlandschaft stehen die Frankfurter jetzt außen vor, während US-Börsen das Heft des Handelns immer fester umklammern. Mancher Skeptiker schließt auf Sicht von zwei bis drei Jahren nicht aus, dass die Deutsche Börse selbst zum Übernahmeziel werden könnte.
Einen ernst zu nehmenden neuen Fusionspartner für die Deutsche Börse sehen Analysten jedenfalls vorerst nicht. Auf die Unterstützung angelsächsischer Hedgefonds, die mittlerweile das Sagen bei dem Börsenbetreiber haben, kann das Frankfurter Management nicht bauen. Zur Erinnerung: Im Frühjahr 2005 torpedierten diese Fonds die Fusion mit der London Stock Exchange (LSE), kippten kurzerhand Vorstandschef Werner G. Seifert und ließen sich die milliardenschwere Kriegskasse auszahlen.
"Verlegenheitssignale, mehr nicht"
Nichts und niemand dürfte diese Investoren daran hindern, ihre Beteiligung zu versilbern, wenn denn der Preis nur hoch genug ist, heißt es in Frankfurter Finanzkreisen. Auch eine Deutsche Bank nicht, deren Vorstandschef Josef Ackermann jüngst sein Bekenntnis zum Finanzplatz Frankfurt dergestalt erneuerte, dass sein Haus an der Ein-Prozent-Beteiligung vorerst festhalten werde. Ähnlich äußerte sich die Commerzbank, die ebenfalls 1 Prozent an der Deutschen Börse hält.
"Das sind Verlegenheitssignale, mehr nicht", urteilte denn auch der Analyst einer Privatbank im Gespräch mit manager-magazin.de am Dienstag. Mit der Rückkehr zweier deutscher Großbanken sei kein fester und vor allem kein einflussreicher Kreis von Aktionären geschaffen worden, auf den sich das Management der Deutschen Börse verlassen könnte.
Zweifel an einem nachhaltigen Engagement vor allem der Deutschen Bank kommen auch deshalb auf, weil die Investmentbank im Verbund mit sechs weiteren Großbanken plant, eine eigene Handelsplattform für europäische Aktien zu formieren und damit in scharfe Konkurrenz zur Deutschen Börse treten würde.
Dass dem Handelsplatzbetreiber verlässliche Aktionäre mit Einfluss fehlen, scheint ihre Kunden zusehends zu verunsichern. So berichtete die "Süddeutsche Zeitung" (Dienstagausgabe), der Deutsche Sparkassen- und Giroverband (DSGV) erwäge einen Einstieg bei der Deutschen Börse. Das Thema werde bereits in den Gremien der Organisation beraten. Als Hindernis für einen Anteilskauf gelte allerdings der aktuell hohe Aktienkurs der Deutschen Börse, schrieb die Zeitung. Wenige Tage zuvor hatte WestLB-Chef Thomas Fischer laut über einen Einstieg der Sparkassen und Landesbanken bei der Deutschen Börse nachgedacht.
"Weit verbreitetes Unbehagen"
"Herr Fischer hat nicht für den DSGV gesprochen"
Ein DSGV-Sprecher wollte den Bericht gegenüber manager-magazin.de so nicht bestätigen. Die Diskussion über die Zukunft der europäischen Börsenlandschaft habe aber ein "weit verbreitetes Unbehagen" sichtbar gemacht, dass die Marktteilnehmer heute über keinen oder nur einen sehr geringfügigen aktienrechtlichen Einfluss auf ihre Börsenbetreiber verfügten, erklärte der Sprecher. Die Aktionärsstruktur der Deutschen Börse sei hierfür ein Beispiel.
Der DSGV kritisierte damit indirekt den weitgehenden Rückzug der deutschen Banken aus dem Aktionärskreis der Deutschen Börse, die derzeit nur noch rund 10 Prozent an dem Unternehmen halten.
Grundsätzlich müsse es aber den einzelnen Marktteilnehmern überlassen bleiben, selbst zu entscheiden, ob sie dies für die Zukunft wieder ändern wollten, sagte der Sprecher weiter. DSGV-Präsident Heinrich Haasis ergänzte auf Anfrage von manager-magazin.de: "Herr Fischer hat in diesem Zusammenhang nicht für den DSGV gesprochen."
"Wo gehandelt wird, ist dem Kunden gleich"
Experten indes halten einen Einstieg der Sparkassen bei der Deutschen Börse für unwahrscheinlich. "Das kann nur ein Marketing-Gag sein", meinte der Analyst einer Landesbank in einer ersten Reaktion. Ähnlich äußerte sich der Experte einer deutschen Großbank. Vermutlich wolle der DSGV dem Bekenntnis von Deutsche-Bank-Chef Ackermann nicht nachstehen.
Eine "rein symbolische" Beteiligung an der Deutschen Börse wie sie die Investmentbank halte, erachte er für wenig sinnvoll. Für eine nennenswerte Beteiligung von mindestens 8 Prozent müsste die Sparkassenorganisation bereits einen Milliardenbetrag ausgeben, was aber den Sparkassenkunden vermutlich nur schwer zu vermitteln sei.
Außer vielleicht patriotischer Erwägungen sehe er kein Motiv, das die Sparkassen dazu veranlassen könnte, bei der Deutschen Börse einzusteigen, erklärte der Analyst einer Privatbank. "Ich sehe jedenfalls keinen spezifischen operativen, aus dem Geschäftsmodell der Sparkassen entspringenden Grund, warum sie eine Mehrheit oder große Beteiligung an der Deutschen Börse halten müssten", sagte der Experte. Der Anlagekunde der Sparkasse hätte vor allem das Interesse an einem möglichst günstigen Kurs und niedrigen Gebühren. "Wem aber die Börse gehört und wo gehandelt wird, ist dem Kunden gleich", erklärte der Analyst.