Sachsen Erster Rücktritt eines SPD-Spitzenkandidaten
Dresden - Die CDU kann nach der Landtagswahl in Sachsen erneut mit der absoluten Mehrheit rechnen. Nach einer ARD-Prognose zur Schließung der Wahllokale (18.00 Uhr) am Sonntag kommt die CDU mit deutlichen Gewinnen auf 61 Prozent. Vor fünf Jahren hatten die Christdemokraten 58,1 Prozent erreicht.
Die SPD musste erneut herbe Verluste hinnehmen und liegt nach der Prognose von infratest dimap (Berlin) für die ARD bei 9,5 Prozent und laut Mannheimer Forschungsgruppe Wahlen für das ZDF bei elf Prozent. 1994 waren es noch 16,6 Prozent.
Die PDS wird mit 21 (ARD und ZDF) Prozent auch in Sachsen zweitstärkste Partei. Mit zuletzt 16,5 Prozent lag sie noch auf Platz drei.
Erneut gescheitert sind nach den Prognosen die Grünen mit zwei (ARD und ZDF) Prozent (1994: 4,1).
Auch die FDP kommt mit einem (ARD und ZDF) Prozent wieder nicht in den Dresdner Landtag. Vor fünf Jahren lag die Partei bei 1,7 Prozent.
SPD-Spitzenkandidat trat zurück
Es dauerte nur wenige Minuten, bis Partei- und Fraktionschef Karl-Heinz Kunckel vor laufenden Kameras seinen Rücktritt ankündigte. Er ist damit der erste SPD-Politiker, der in der Kette der jüngsten Wahlniederlagen für die Sozialdemokraten eine derartige Konsequenz zog. Allem Vernehmen nach fuhren die Genossen an der Elbe mit Kunckel als Spitzenkandidat das bisher schlechteste SPD-Ergebnis bei Landtagswahlen überhaupt ein.
Noch bei der Stimmabgabe am Vormittag hatte Kunckel trotzig-optimistisch angekündigt, auch bei einer Niederlage im Amt zu bleiben. Nun wurde ihm zum Verhängnis, dass er trotz innerparteilicher Kritik unbeirrt den Sparkurs der rot-grünen Bundesregierung verteidigt hatte.
Gegen "König Kurt" verlor auch die PDS
PDS und SPD müssen sich wie erwartet für weitere fünf Jahre mit den Oppositionsbänken zufrieden geben. Sie haben durch die Übermacht der Christdemokraten auch kaum noch landespolitische Gestaltungsmöglichkeiten. An diesem Punkt gelten Sozialdemokraten und PDS gleichermaßen als Wahlverlierer. Unter dem Eindruck der Bundestagswahl im vergangenen Herbst hatten sie sich noch das ehrgeizige Ziel gesetzt, die neun Jahre währende absolute Mehrheit von Biedenkopf endlich brechen zu können.
PDS-Partei und Fraktionschef Peter Porsch verspricht sich nun eine Art Klärungsprozess in der SPD - sowohl in Sachsen wie in Berlin. Er erwartet vor allem mit Blick auf das Sparpaket Umlenken und Umdenken bei den Sozialdemokraten nach der neuerlichen Wahlniederlage. Der angekündigte Führungswechsel bei der Sachsen-SPD kommt ihn sicher zupass. Denn mit Kunckel stand bisher ein ausgewiesener Gegner jeder Kooperation mit der SED-Nachfolgepartei an der Spitze der SPD.
Biedenkopf kann indes ungeachtet aller Debatten bei den Wahlverlierern in Ruhe daran gehen, die Geschicke des Freistaates weiter zu lenken. Wann der 69-Jährige Platz für einen Nachfolger machen will, hat er bisher offen gelassen. Profilieren konnte sich in seinem Schatten bisher niemand. Klargestellt hat er bisher nur, dass er für volle fünf Jahre im Amt bleiben will. Denn Biedenkopf, dessen Dauerbrenner-Thema die Reform der Sozialversicherungssysteme ist, will den Solidarpakt II für die neuen Länder über 2004 hinaus mit aushandeln.