Nach französischen Unternehmen haben jetzt ebenso an der Euronext beteiligte fünf französische Banken einen Pakt geschlossen. Sie sehen eine Fusion der Vierländerbörse mit der Deutschen Börse eher skeptisch und wollen auf diesem Weg ihre Interessen bündeln.
Paris/Hamburg - "Diese Aktionäre haben entschieden, regelmäßig miteinander zu beraten, mit dem Ziel, gemeinsame Standpunkte für die strategischen Möglichkeiten der Euronext zu finden", hieß es am Donnerstag in einer Mitteilung der Finanzinstitute BNP Paribas, Calyon, Dexia, Societe Generale und Caisse des Depots et Consignations (CDC).
Die Deutsche Börse wollte dazu keine Stellung nehmen. Die Banken halten insgesamt eine Beteiligung von 9,7 Prozent an der Euronext, die in der Pariser Finanzplatzinitiative "Europlace" vertretenen Unternehmen vereinigen etwa 5 Prozent der Euronext-Anteile
Die Deutsche Börse hatte Mitte März offiziell die Aufnahme von Fusionsverhandlungen mit der kleineren, französisch dominierten Euronext angekündigt. Die Aktien von Euronext und Deutscher Börse büßten am Donnerstag jeweils rund 1 Prozent ein.
Das französische Wirtschaftsblatt "Les Echos" berichtete am Donnerstag, die an der Euronext beteiligten Banken befürworteten eine Konsolidierung der europäischen Börsen, wenn dadurch eine hohe Liquidität der Märkte, niedrigere Kosten und ein zuverlässiges System für einen breiteren europäischen Markt entstünden.
Die Pariser Finanzplatzinitiative "Europlace", der unter anderem die Unternehmen Suez, Air Liquide, Schneider Electric und France Telecom angehören, ist mit Blick auf die anstehenden Fusionsgespräche zwischen Euronext und Deutscher Börse schon deutlicher geworden. "Wir sind nicht gegen eine Fusion, aber die notwendigen Bedingungen sind dafür nicht erfüllt, wird sind weit davon entfernt", sagte Gérard Mestrallet, Vorstandschef des Versorger Suez und "Europlace"-Präsident, gegenüber "Les Echos".
Die Vertreter der Pariser Finanzplatzinitiative würden einer Fusion nur dann zustimmen, wenn das Geschäftsmodell der von Euronext gewahrt bliebe. "Das Modell funktioniert. Dank Euronext sind die Kosten um 30 Prozent gesunken", so Mestrallet.
Im Gegensatz zur Euronext, die vor allem Handel betreibt, deckt das Geschäftsmodell der Deutschen Börse alle Aktivitäten rund um die Aktie ab - also Handel, Abrechnung (Clearing) und Abwicklung (Settlement) von Aktiengeschäften sowie die Verwaltung und Verwahrung (Custody) hinterlegter Wertpapiere. Diese Silostruktur ist den Franzosen ein Dorn im Auge. Eine Fusion mit der Deutschen Börse setze eine Reform des Geschäftsmodells voraus, sagte Mestrallet.
Francioni will an Clearstream festhalten
Deutsche-Börse-Chef Reto Francioni hat indes unlängst im Interview mit dem "Handelsblatt" bekräftigt, dass er an dem Geschäftsmodell grundsätzlich nicht rütteln und vor allem den Abwickler und großen Gewinnbringer Clearstream bei einer Fusion nicht herauslösen wolle. Doch genau Letzteres verlangen die Franzosen. Zudem votieren sie für einen Konzernsitz auf "neutralem Boden" in Amsterdam statt in Frankfurt.
Die fünf französischen Banken und "Europlace", die einer Fusion mit der Deutschen Börse eher kritisch gegenüberstehen, haben ihren Widerpart in angelsächsischen Hedgefonds, die mit etwa 20 bis 25 Prozent an der Euronext beteiligt sein sollen. Sie votieren ganz klar für diese Fusion und setzen das Management der Vierländerbörse in ihrem Sinne unter Druck.
Zwar soll es nach britischen Presseberichten in jüngster Vergangenheit geheime Gespräche zwischen Paris und London über eine Vollfusion gegeben haben. Es gilt aber als sehr wahrscheinlich, dass der Euronext-Vorstand bei der Hauptversammlung am 23. Mai den Aktionären eine Fusion mit der Deutschen Börse empfehlen wird.
Die Mehrzahl der Analysten hält trotz der gegenwärtig scheinbar nur schwer vereinbaren Positionen eine Kombination Paris/Frankfurt auch deshalb für wahrscheinlicher, weil ein Zusammenschluss von LSE und Euronext nach dem Einstieg der Nasdaq bei dem Londoner Börsenbetreiber jetzt deutlich schwerer zu realisieren sein dürfte.