Nach dem Rückzug ihres Kaufangebots für die Londoner Börse (LSE) ist die amerikanische Technologiebörse Nasdaq nun überraschend mit knapp 15 Prozent bei der LSE eingestiegen. Die US-Börse spricht von einem "sehr strategischen Kauf".
New York - Die US-Technologiebörse Nasdaq hat 14,99 Prozent der London Stock Exchange (LSE) gekauft. Die Aktien hätten 447,7 Millionen Pfund (780 Millionen Dollar) gekostet, teilte die Nasdaq am Dienstagabend (MEZ) mit. Ein Firmensprecher bezeichnete das Geschäft als "einen sehr strategischen Kauf".
Die Entscheidung kommt überraschend: Die Nasdaq hatte erst Ende März ein milliardenschweres Übernahmeangebot für die Londoner Börse zurückgezogen. Die LSE hatte die Nasdaq-Offerte in Höhe von knapp 4,2 Milliarden Dollar (rund 3,5 Milliarden Euro) als zu niedrig abgelehnt.
Dennoch übernahm die Nasdaq nun die LSE-Anteilsscheine der britischen Fondsgesellschaft Threadneedle Asset Management, die bisher der größte institutionelle Aktionär war. Für jeden der rund 35 Millionen Anteilsscheine des Threadneedle-Pakets zahlte die US-Börse 1175 Pence. Zusätzlich erwarb die Nasdaq 2,7 Millionen LSE-Aktien.
Von LSE und Threadneedle waren zunächst keine Stellungnahmen zu erhalten. Auch ein Sprecher der Deutschen Börse nahm nicht Stellung. Nach Bekanntgabe des Kaufs lag der Aktienkurs der Nasdaq um 3,38 Prozent höher bei 42,77 Dollar. Der LSE-Kurs hatte am Dienstag bei 1038,5 Pence geschlossen. Damit hat das Unternehmen einen Börsenwert von etwa 2,66 Milliarden Pfund.
Die LSE gilt seit längerem als Übernahmeziel. Auch die Deutsche Börse und die australische Bank Macquarie hatten Interesse signalisiert, sich aus unterschiedlichen Gründen aber wieder zurückgezogen.
Am Sonntag hatte die britische Wochenzeitung "Observer" berichtet, zwischen LSE und der Vierländerbörse Euronext habe es geheime Gespräche über eine Vollfusion gegeben. Die Investmentbanken Merrill Lynch und Morgan Stanley arbeiteten im Auftrag der Börsen bereits Details aus, schrieb die Zeitung. Die beiden Börsen wollten den Bericht nicht kommentieren. Analysten halten gleichwohl eine Kombination Euronext/Deutsche Börse für wahrscheinlicher als eine Fusion zwischen der Euronext und dem Londoner Börsenbetreiber.
Mit dem nun erfolgten Einstieg habe die Nasdaq einen Anteil erworben, der eine potentielle Barriere für eine Fusion mit der Euronext darstellen könnte, sagt Andrew Mitchell von Fox-Pitt. Ein Zusammenschluss zwischen Euronext und LSE sei jetzt zwar nicht unmöglich, aber schwieriger geworden. Dem Analysten zufolge hätte sich die Nasdaq nicht bei der LSE eingekauft, wenn sie nicht ein "ernsthaftes" Interesse an der Londoner Börse habe.
manager-magazin.de mit Material von reuters und vwd