Goldman-Sachs-Kolumne Zu schön um wahr zu sein?
Bemerkenswert ist, dass der rasche Anstieg nicht ausschließlich auf die Erwartungskomponente des Ifo-Index zurückzuführen ist, sondern auch durch eine rasante Verbesserung der Lagebeurteilung getrieben wird. Dies ist wichtig, weil die Geschäftserwartungen in der jüngsten Vergangenheit eine Tendenz zum Fehlstart hatten. So signalisierte die Erwartungskomponente des Ifo-Index bereits für 2002 einen kräftigen Aufschwung - der sich dann allerdings nicht einstellte.
Der jetzige Aufschwung ist somit mehr als nur ein Blütentraum, der vielleicht nicht reift, sondern in den Unternehmen bereits greifbar. Getrieben wird diese Erholung von zwei Faktoren. Zum einen läuft der Außenhandel rund. Das weltwirtschaftliche Wachstum ist nach wie vor sehr robust. Gleichzeitig haben die deutschen Unternehmen in den vergangenen Jahren ihre Wettbewerbsfähigkeit stark erhöht. Konsequenterweise befinden sich die Exporterwartungen deutscher Unternehmen auf dem höchsten Stand seit der Wiedervereinigung.
Zum anderen ist der Funke der starken Exporte endlich auf die inländische Seite übergesprungen. So ziehen die Investitionen in Maschinen und Ausrüstungen wieder recht kräftig an. Auch hier sind es die Früchte der Anstrengungen der vergangenen Jahre, die nun geerntet werden können. Die Profitabilität deutscher Firmen ist wieder hoch, die Finanzierungsbedingungen recht günstig und es gibt einen Nachholbedarf bei den Investitionen.
Was nach wie vor fehlt, um von einem Aufschwung auf breiter Basis zu sprechen, ist eine Belebung beim Konsum. Die Zahlen zum Einzelhandelsumsatz im Dezember waren leider erneut recht ernüchternd. Während allgemein ein Anstieg erwartet wurde, zeigten die Zahlen des Statistischen Bundesamtes einen Rückgang. Zwar überzeichnen diese Zahlen wahrscheinlich den Rückgang, an der grundsätzlich schwachen Lage des privaten Verbrauchs ändert dies allerdings nichts.
Ein Boom beim privaten Verbrauch ist auch in diesem Jahr - trotz Fußball-Weltmeisterschaft - nicht zu erwarten. Die Löhne werden nur moderat steigen, auf dem Arbeitsmarkt wird der Beschäftigungsaufbau eher verhalten ausfallen. Nur eine positive Überraschung am Arbeitsmarkt könnte für eine deutlichere Belebung sorgen.
So wird der Aufschwung in diesem Jahr nur auf zwei von drei Zylindern laufen. Dies ist für sich genommen nicht bedenklich, denn solange das globale Wachstum anhält, ist diese Verzögerung bei der Belebung des privaten Verbrauchs verkraftbar.
Problematisch könnte die Lage erst zu Beginn des kommenden Jahres werden. Dann dürfte das Exportwachstum schwächer werden, weil sich die US Konjunktur abkühlt. Gleichzeitig wird die Finanzpolitik den privaten Verbrauch stark belasten. Wie gut die Konjunktur dies verkraften wird, ist schwer zu sagen. Die Bundesregierung sollte sich deshalb die Mehrwertsteuererhöhung noch einmal gut überlegen. Um das staatliche Defizit in 2007 auf 3 Prozent zu drücken, ist sie jedenfalls nicht notwendig. Das wird auch so klappen.