Übernahme Londoner Börse
Britanniens Finanzmarkthüter fürchten die Deutsche Börse
Unerwarteter Einspruch: Groß Britanniens Wettbewerbshüter müssen sich plötzlich mit dem Übernahmeversuch der Londoner Börse durch die Deutsche Börse beschäftigen. Die Deutschen haben den Finanzmarkthütern zu viel Börsenservice gebündelt.
Die britische Finanzmarktaufsicht OFT hat Bedenken gegen die Übernahmepläne der Deutschen Börse und der Euronext für die Londoner Börse (LSE). Nun müssen sich die britischen Wettbewerbsbehörden mit dem Fall befassen.
Die von den beiden Interessenten eingereichten Vorschläge reichten nicht aus, um etwaige Bedenken zu Wettbewerbsfragen vollständig auszuräumen, teilte die OFT am Dienstag mit. Die OFT-Entscheidung, die Angelegenheit an die Kartellbehörden weiterzuleiten, wird die behördliche Prüfung voraussichtlich bis Mitte September verlängern. Der Beschluss ließ die Aktien der Londoner Börse um fünf Prozent einbrechen.
Die Deutsche Börse hatte ihre LSE-Kaufpläne zwar auf Druck der eigenen Aktionäre zurückgezogen, die Aufsichtsbehörden in Großbritannien und Deutschland aber gebeten, mit den Prüfungen fortzufahren. Die Vierländerbörse Euronext ist weiter an der LSE interessiert, hat aber bislang kein konkretes Angebot vorgelegt.
Geschäftsmodell der deutschen Börse in der Kritik
Die britischen Wettbewerbsbehörden haben offenbar Vorbehalte gegenüber dem umfangreichen Serviceangebot der Deutschen Börse. Die Frankfurter bieten - anders ihre großen Konkurrenten - vom Handel über die Abrechnung und die Abwicklung alle Börsentransaktionen aus einer Hand an. "Mit Blick auf das Gebot der Deutschen Börse ergeben sich weitere Bedenken aus dem Vorhaben, auch Clearing in britischen Aktien anbieten zu wollen", teilte die OFT dann auch mit.
Während die LSE bekräftigte, weiter mit allen Interessenten sprechen zu wollen, bezeichnete sich die Euronext als natürlicher Partner der LSE. Eine Verbindung der beiden Börsen würde Nutzern und Aktionären Vorteile bringen. Die Deutsche Börse betonte, sie werde eng mit den Wettbewerbsbehörden in Großbritannien zusammenarbeiten.
Wichtiger als die Untersuchungen in Großbritannien dürfte für die Deutsche Börse aber die eigene Hauptversammlung Ende Mai sein, auf der mehrere Anteilseigner den Börsen-Aufsichtsrat und anschließend das Frankfurter Management zu stürzen.
Die LSE-Aktien büßten nach Bekannt werden der Entscheidung mehr als fünf Prozent auf 449 Pence ein. Sie notierten damit deutlich unter dem von der Deutschen Börse ehemals genannten Kaufpreis von 530 Pence je Aktie. Die Papiere bewegten sich weiter auf den fairen Wert des Unternehmens zu, den Analysten bei 370 bis 390 Pence je Aktie sehen.
"Die Wahrscheinlichkeit, dass sich die Euronext in nächster Zeit zu einem Gebot hinreißen lässt, ist weiter gesunken. Wir rechnen daher damit, dass die LSE-Aktie weiter fällt", sagte Martin Praum, Analyst beim Kölner Bankhaus Sal. Oppenheim.