Nach langen Querelen musste Hewlett-Packard-Chefin Carleton "Carly" Fiorina ihren Hut nehmen. Damit kann der Konzern einen Neuanfang wagen und die höchst profitable Druckersparte abspalten. Anleger sollten sich entsprechend positionieren.
Fast wie in der antiken Tragödie vollzieht sich auch im Kalifornien der Neuzeit der Abgang einer Heldin mitten im Sturm. Carly Fiorina, die Chefin des allseits bekannten und für seine Produkte geschätzten Elektronikherstellers Hewlett-Packard (HP), verlässt ihren Posten nun. Leider nicht freiwillig.
Fiorina hatte es weit gebracht: Sie war die erste Chefin eines großen, im Dow Jones vertretenen US-Unternehmens.
Was wurde ihr zum Verhängnis? Sicher ist, dass Frau Fiorina gerne das Gegenteil von dem machte, was die Mehrheit der Branche für richtig hielt. So hat sie zum Beispiel den Computerkonzern Compaq übernommen. Ziel war es, einen integrierten Konzern zu schaffen und nach vorn zu bringen. Gegen die Aufspaltung des Konzerns hat sie sich immer gewehrt. Diese Unternehmenspolitik schlug sich in einem schwachen Aktienkurs nieder. Die Aktie hat an dem Aufschwung der Technologiewerte im Jahr 2003 kaum teilgenommen.
HP ist in erster Linie bekannt für seine Laser- und Tintenstrahldrucker, die sich weltweit in Büros ausgebreitet haben. Dieses Geschäft ist die Perle des Unternehmens. Es erwirtschaftet zwar nur 30 Prozent des Umsatzes, aber mehr als 80 Prozent des Konzerngewinns. Manche meinen nun, HP solle sich auf dieses Geschäft konzentrieren und alles andere, vor allem das PC-Geschäft verkaufen.
Als Vorbilder werden zum Beispiel IBM oder Dell genannt. Big Blue möchte seine PC-Sparte an Lenovo aus China verkaufen. Und um Gegensatz zu HP feiert Dell - vornehmlich auf PCs spezialisiert - einen Rekord nach dem anderen.
Dell hat ein durchschnittliches Wachstum im Gewinn pro Aktie von 10 Prozent im Schnitt der letzten fünf nicht einfachen Jahre erzielt. Zwischen 2003 und 2005 bisher stieg das Gewinnwachstum bei Dell wieder auf die von früher bekannten Werte von über 20 Prozent pro Jahr.
Bei HP ging der Gewinn in den letzten fünf Jahren dagegen im Schnitt um 6 Prozent zurück und hat sich auch seit 2001 nur um durchschnittlich 15 Prozent jährlich erholt.
Ein fokussiertes Unternehmen wie Dell steht am Markt besser da. Somit ist klar, dass der HP-Kurs auf die Nachricht von Frau Fiorinas Abschied zunächst kräftig anzog.
Vergleichbar mit dem stand-alone Druckergeschäft von HP ist Lexmark, die vor einigen Jahren abgespaltene Druckersparte von IBM. Hier wächst der Gewinn mit durchschnittlich 13 Prozent im Schnitt der letzten fünf Jahre kontinuierlich und wenig spektakulär. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) von Lexmark ist 20 für 2005.
Das KGV von HP liegt nur bei 14 für 2005. Auf derselben Basis wie das reine Druckerunternehmen Lexmark könnte der Kurs von HP auf 34 Dollar anziehen. Wer die Aktie hat, sollte sie behalten; ein Neueinstieg lohnt sich kaum wegen der vielen Unsicherheiten bei der Aufspaltung von Konglomeraten.