Telekom Die Anklageschrift schrumpft
Bonn - Der Vorwurf, die Telekom habe ihr technisches Anlagevermögen falsch bewertet, habe sich nicht erhärten lassen, gab Oberstaatsanwalt Fred Apostel bekannt. Ebenso kippten die Bonner Ermittler den Anklagepunkt, der sich mit der Frage befasste, ob der Telefonkonzern falsche Angaben zur Übernahme des britischen Mobilfunkanbieters One2One veröffentlicht hat. Und im November, so kündigte Apostel an, dürfte die Staatsanwaltschaft wohl auch die Vorwürfe im Zusammenhang mit der Übernahme des US-Telefonanbieters Voicestream aus der Klageschrift streichen.
Am zentralen Anklagepunkt wollen die Ermittler jedoch festhalten: Den Vorwurf, die Telekom habe falsche Angaben über den wert ihres Immobilienbesitzes gemacht, wollen sie weiter verfolgen. Diese Frage dürfte auch im Mittelpunkt des ersten Einzelprozesses gegen die Telekom stehen, der am 23. November in Frankfurt am Main beginnt.
Die Anwälte der klagenden Telekom-Aktionäre sehen ihre Prozesschancen durch die Entscheidung der Staatsanwaltschaft aber nicht gefährdet. "Wir haben den Schwerpunkt unserer Klagen von vornherein auf die Fehlbewertung des Immobilienvermögens gelegt", so Peter Gundermann von der Kanzlei Tilp gegenüber manager-magazin.de. "Die Chancen unserer Zivilklagen haben sich deshalb nicht verringert."
"Dann könnten alle T-Aktionäre klagen"
Diese Einschätzung teilt auch der auf Anlegerklagen spezialisierte Rechtsanwalt Klaus Rotter. Die laufende Prospekthaftungsklage bleibe durch die Entscheidung unbeeinflusst, da sie sich ausschließlich auf die Frage des Immobilienvermögens konzentriere. "Und in diesem Anklagepunkt sind wir sehr sicher, dass es einen fahrlässigen Verstoß der Telekom gegen die Informationspflichten gegeben hat", so Rotter.
Dass die Bonner Staatsanwälte in der Immobilienfrage ausdrücklich an ihren Ermittlungen festhalten, weckt bei Rotter die Hoffnung, der Telekom sogar vorsätzliche Falschinformation nachweisen zu können. "Sollte die Staatsanwaltschaft tatsächlich Klage erheben, bewegen wir uns im Bereich des Kapitalanlagebetrugs", so Rotter. "Dann könnten wirklich alle T-Aktionäre klagen."
Derzeit liegen 2300 Klagen vor
Bereits jetzt liegen gegen den früheren Staatskonzern rund 2300 Klagen von insgesamt rund 15.000 Anlegern vor. Weitere 17.000 T-Aktionäre haben sich bei der Hamburger Rechtsauskunfts- und Vergleichsstelle (Öra) für ein Schlichtungsverfahren gemeldet. Sie werfen der Telekom vor, den Wert ihres Immobilienbesitzes jahrelang zu hoch angegeben zu haben. 2001 musste der Konzern dann Wertberichtigungen von rund zwei Milliarden Euro vornehmen.