US-Bilanzskandal Fannie Mae verspielt Vertrauen
New York/Hamburg - Fannie Mae, die größte Finanzierungsgesellschaft für Hypotheken in den USA, muss ihre Bilanzierungspraktiken ändern und ihr Kapital aufstocken. Dies hat die für Fannie Mae zuständige Aufsichtsbehörde OFHEO (Office of Federal Housing Enterprise Oversight) am Montag bekannt gegeben.
Die Aufsichtsbehörde hatte die bisherigen Bilanzierungspraktiken von Fannie Mae vor wenigen Tagen in scharfer Form kritisiert. Sie ordnete in ihrer Vereinbarung mit dem Fannie-Mae-Verwaltungsrat auch bessere firmeninterne Kontrollen an. Außerdem muss Fannie Mae einen Kapitalüberschuss von 30 Prozent über dem erforderlichen Mindestkapital anpeilen. Fannie Mae bestätigte die Vereinbarungen ihres Verwaltungsrates mit der Aufsichtsbehörde in einer Presseerklärung.
Zuvor haben die Vorwürfe der Bilanzmanipulation die Analysten von Morgan Stanley am Montag dazu veranlasst, die Fannie-Mae-Aktie von "Overweight" auf "Equal weight" abzustufen.
Aufgrund eines Berichtes der OFHEO hatte sich Mitte vergangener Woche auch die US-Börsenaufsicht SEC in den Fall eingeschaltet und eine informelle Untersuchung der Bilanzierungspraxis eingeleitet. Seitdem hatte die Aktie rund 15 Prozent verloren. Mehrere Investmentbanken stuften den Titel ab.
Die OFHEO hatte Abweichungen von den Bilanzierungsregeln nach US-GAAP festgestellt, etwa bei Transaktionen mit Derivaten oder bei Sicherungsgeschäften. Die internen Kontrollen seien unzureichend gewesen. Das Unternehmen habe jahrelang stabile Gewinne vorgetäuscht. Die Behörde hatte die Bilanzen von Fannie Mai acht Monate lang auf Herz und Nieren geprüft.
Manager kassierten ab
Die OFHEO wirft Fannie Mae in dem vergangene Woche veröffentlichten Bericht unter anderem vor, das Unternehmen habe die bilanzielle Erfassung von Kosten auf die Zukunft verlagert, um damit zugunsten von Manager-Boni den aktuellen Gewinn in die Höhe zu treiben. Das Management habe diese Verletzung der Bilanzierungsstandards vorsätzlich unterstützt. Warnungen besorgter Mitarbeiter sei nicht nachgegangen worden. Ein weiterer Vorwurf lautet, das Unternehmen habe die Bezahlung seiner Topmanager zu eng mit ehrgeizigen Ertragszielen verknüpft.
Möglicherweise wird im Zuge der unsauberen Bilanzierungspraxis zumindest ein Teil des Managements von Fannie Mae seinen Stuhl räumen müssen, schrieb jetzt das "Wall Street Journal". Dem Bericht zufolge habe die Unternehmensführung die Verträge von Fannie-Mae-Chef Franklin Raines und anderen Topmanagern bereits so geändert, dass sie bei einem Rauswurf keinen Anspruch auf hohe Ablösezahlungen hätten.
Fannie Mae: Gigant für Baudarlehen
Fannie Mae gilt mit einer Bilanzsumme von einer Billion Dollar hinter der Citigroup als das weltweit zweitgrößte Finanzinstitut. Zusammen mit der kleineren Schwester Freddie Mac decken die beiden Banken etwa 40 Prozent der privaten Baudarlehen in den USA ab. Nach weiteren Presseberichten gilt Fannie Mae zudem als zweitgrößter Anleiheemittent nach dem amerikanischen Finanzministerium.
Tochter bereits 2003 in den Schlagzeilen
Eine Schieflage der Unternehmen, sagen Beobachter, könnte den US-Immobilienmarkt und damit die gesamte amerikanische Wirtschaft belasten. Die beiden Institute sind privatwirtschaftlich geführt und von der US-Regierung mit dem gesetzlichen Auftrag ins Leben gerufen worden, den privaten Wohnungsbau zu fördern. Sie profitieren von zahlreichen Steuerprivilegien und können sich dank ihres AAA-Ranking-Status günstiger als viele Konkurrenten finanzieren.
Bereits im vergangenen Jahr war Freddie Mac wegen seiner fragwürdigen Bilanzierungspraxis in die Schlagzeilen geraten. Das Unternehmen hatte in den Jahren 2000 bis 2002 effektive Gewinne in Höhe von rund fünf Milliarden Dollar in den Bilanzen versteckt, um langfristig eine stete Gewinnentwicklung ausweisen zu können.