Thilenius-Kolumne Das Sparschwein
In diesen Tagen sieht es so aus, als hätte Chris Gent, der legendäre Erbauer des Vodafone Konzerns , beim Eintritt in den wohlverdienten Ruhestand seinen Nachfolgern ein Abschiedsgeschenk hinterlassen, das sich zu einem der größten Sparschweine aller Zeiten entwickeln könnte. Das Unternehmen möchte nämlich Wertverluste in Höhe von etwa 50 Milliarden Euro steuermindernd geltend machen. Die Summe setzt sich zusammen aus der Differenz zwischen dem Aktienkurs bei der Mannesmann-Übernahme und dem Kurs nach dem folgenden Einbruch der Telekomaktien.
Vodafone musste aufgrund der Wertentwicklung nach deutschem Bilanzrecht Abschreibungen auf Mannesmann Aktien vornehmen und möchte auf die im deutschen Steuerrecht vorgesehene Möglichkeit der sogenannten Teilwertabschreibung bei dauerhaftem Wertverlust zurückgreifen. Damit dürfte sich die Steuerersparnis auf ein Volumen von über 20 Milliarden Euro belaufen.
Die, wenn es um das Einnehmen geht, nicht gerade zimperliche deutsche Politik reagierte denn auch mit einem nicht ganz so vornehmen Umgangston, wie man ihn aus der politischen Diskussion gewöhnt ist. Kommentare reichen von "Schweinerei" über "Unglaublichen Skandal" bis hin zu " Gemeinwohlschädlich".
Die Geister, die ich rief...
Der Investor und Steuerzahler wird nach kurzem Stirnrunzeln jedoch von selbst darauf kommen, dass ja diese Politiker, die sich heute beschweren, genau dieses Steuerrecht gemacht haben. Das Erzeugen von unklaren Steuergesetzen und das sich Beschweren, wenn jemand die Steuergesetze in Anspruch nimmt, ist parteiübergreifend. Keine Partei hat hier, weder beim Erzeugen der unklaren Steuergesetze noch beim anschließenden Lamento über deren Folgen, besondere Weitsicht bewiesen - schließlich möchte Vodafone nur eine wahrscheinlich legale Möglichkeit ausnutzen.
Die Konsequenz aus alldem kann nur sein, das Steuerrecht so zu vereinfachen, dass solche Tricks nicht mehr funktionieren. Das bedeutet, Schlupflöcher und Vergünstigungen über eine radikale Vereinfachung des Steuerrechtes mit wesentlich niedrigeren Sätzen als heute abzuschaffen.
Aktie ist günstig bewertet
Der Investor und mögliche Interessent an Vodafone hat einen anderen Blickwinkel, als die Verfasser der Steuergesetze. Er kann sich möglicherweise freuen, dass seine deutsche Landesgesellschaft Mannesmann Arcor für sehr viele Jahre hinweg keinerlei Steuern zahlt. Das Manöver könnte tatsächlich den Gewinn pro Aktie deutlich erhöhen. Genaueres dazu werden wir aber erst später erfahren. Die Vodafone-Aktie ist jedoch auch ohne die Gunst des großen Sparschweins ein interessantes Investment.
Die Aktien von Vodafone sehen unabhängig von der Frage der Gewinnerhöhung durch Steuerrückerstattung recht günstig aus. Für das Ende März abgeschlossene letzte Geschäftsjahr sind der Umsatz um 10 Prozent und der Cashflow um 13 Prozent gestiegen. Die Dividende soll um 20 Prozent erhöht werden.
Auf der Basis des für das Jahr 2005 geschätzten Gewinns von 11,54 Pence je Aktie beträgt das Kursgewinnverhältnis für 2005 den günstigen Wert von 11,9. Im Vergleich mit anderen Telekomwerten und angesichts der weltweiten Ausrichtung im Wachstumssegment Mobilfunk ist dies eine recht günstige Bewertung. Unabhängig von der Dimension des möglichen Sparschweins aus Deutschland können langfristige Investoren auf dieser Basis zugreifen.