Infineon Versteckte Tritte gegen Schumacher
München - Das abgelaufene zweite Quartal des laufenden Geschäftsjahres ist für Infineon trotz der Turbulenzen im Vorstand erfolgreich verlaufen. Der Gewinn lag deutlich über den Erwartungen des Marktes. Und trotz eines optimistischen Geschäftsausblicks gab die Aktie bis zum Nachmittag rund vier Prozent auf 11,55 Euro nach.
Bei der Präsentation der Vierteljahresbilanz hat Interimschef Max Dietrich Kley zudem darauf hingewiesen, trotz des überraschenden Rückzugs von Ex-Konzernchef Ulrich Schumacher an der bisherigen Strategie festzuhalten. "Infineon ist sinnvoll ausgerichtet", bekräftigte Kley. Es gebe keinen Grund für wesentliche strategische Änderungen. Für das kommende Jahr erwarte er für die Chipbranche eine niedrige zweistellige Wachstumsrate.
Warum er dann allerdings CEO Schumacher entlassen hat, auf diese von den Journalisten erneut vorgebrachte Frage, gab Kley abermals keine ausreichende Antwort. So bleibt das Geheimnis weiter bestehen. Doch immer wieder waren bei Kley versteckte Tritte gegen Schumacher zu spüren, etwa bei Bemerkungen wie: "Der Vorstand besteht jetzt nicht mehr aus einem Mann, sondern aus einem Team", oder: "Die Strategie ist richtig, wir müssen sie nur endlich umsetzen."
Bei der Suche nach einem Nachfolger für Schumacher komme Infineon gut voran, sagte Kley. Es gebe zwei Kandidaten, mit denen sich der Aufsichtsrat in den kommenden Wochen befassen und voraussichtlich auch zu einer Entscheidung kommen werde. Der Nachfolger könne bereits Ende Juli, spätestens aber im September im Amt sein, so Kley. Beide Kandiaten kämen von außen, seien Deutsche und hätten Erfahrungen in der Halbleiterindustrie. "Wenn ein Kandidat in der Zeitung genannt wird, können Sie davon ausgehen, dass er es nicht wird", sagte Kley zu den Journalisten.
Gewinn steigt auf über 70 Millionen Euro
Der Dax-Konzern hat im Berichtszeitraum einen Gewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit) von 71 Millionen Euro verzeichnet. Analysten hatten durchschnittlich nur mit 18 Millionen Euro gerechnet. Einige Experten gingen sogar von einem Ebit-Verlust aus. Noch im Vorjahresquartal musste Infineon wegen der Krise in der Halbleiterbranche einen Verlust vor Zinsen und Steuern in Höhe von 221 Millionen Euro verbuchen.
Der Umsatz ist den Angaben zufolge von 1,623 Milliarden Euro im ersten Quartal auf 1,671 Milliarden Euro geklettert. Experten hatten mit einem Umsatzrückgang auf 1,603 Milliarden Euro gerechnet.
Unter dem Strich verbuchte Infineon einen Gewinn von 39 Millionen Euro nach 34 Millionen Euro im Vorquartal. Hier hatten die Experten im Schnitt einen Gewinn von etwas unter sechs Millionen gerechnet, wobei mehrere Analysten von einem Verlust ausgegangen sind.
Der im Vergleich zum Vorquartal höhere Umsatz sei im Wesentlichen auf eine weitere Umsatzsteigerung im Geschäftsbereich Automobil und Industrieelektronik sowie auf das höhere Umsatzvolumen bei den Speicherprodukten zurückzuführen. Für den fast 13-prozentigen Umsatzanstieg im Vergleich zum Vorjahr sei der beträchtlich höhere Umsatz im Geschäftsbereich Sichere Mobile Lösungen verantwortlich.
Optimistischer Ausblick, Aktie fällt dennoch
Optimistischer Geschäftsausblick
Die Aktie von Infineon verlor trotz der über den Erwartungen liegenden Zahlen bis zum Nachmittag rund vier Prozent auf 11,55 Euro, was Analysten unterschiedlich interpretierten. "Die Märkte erwarten zur Zeit Wunder", sagte einer der befragten Experten. Analyst Theo Kitz vom Bankhaus Merck Finck wies hingegen darauf hin, dass die positive Ergebnisentwicklung teilweise nicht aus dem operativen Geschäft zu kommen scheine. "Das wäre nicht so total befriedigend."
Für die zweite Hälfte des Geschäftsjahres 2003/04 (September 2004) erwartet Infineon ein weiteres Umsatzplus im Bereich Automobil- und Industrieelektronik. Im Speichermarkt, dem nach wie vor wichtigsten Geschäftsfeld von Infineon, werde die Nachfrage weiter anziehen. Dies habe positive Auswirkungen auf die Entwicklung der Durchschnittspreise. Im Segment "Sichere Mobile Lösungen" geht das Unternehmen von einem anhaltend soliden Wachstum aus.
Der Chiphersteller konnte seine Brutto-Cash-Position den Angaben zufolge von 2,8 Milliarden Euro im Vorquartal auf 2,9 Milliarden Euro steigern. Der Free-Cashflow hat auf 53 Millionen Euro zugelegt nach einem Minus von 63 Millionen Euro im vorausgegangenen Quartal.
Interims-Vorstand Max Dietrich Kley sagte zum Ausblick: "Angesichts der aktuellen Nachfrage nach unseren Logik-Produkten sowie unserer Produktionspläne und der Preisentwicklung bei den Speicherprodukten erwarten wir ein anhaltendes Umsatzwachstum für den Rest des Geschäftsjahres 2004. Rentabilität und Effizienz im gesamten Unternehmen gehören ebenso zu unseren wichtigsten Zielen für die nächsten sechs Monate wie eine konsequente Umsetzung unserer Strategie. Dabei sind wir zuversichtlich, dass wir die Position von Infineon in der Aufschwungphase des Halbleitermarktes weiter verbessern können."