Ölpreis So teuer wie vor dem Irak-Krieg
Wien - Vor dem Treffen der Fachminister aus der Organisation Erdöl exportierender Länder (OPEC) am 31. März bleibt der Preis für OPEC-Rohöl so hoch wie seit einem Jahr nicht mehr. Der so genannte Korbpreis für ein Barrel (159 Liter) Öl der OPEC-Länder ist sogar kurzzeitig über die Marke von 33 Dollar gestiegen. Damit ist Öl wieder so teuer wie vor Beginn des Irak-Krieges vor einem Jahr.
Marktbeobachter nennen verschiedene Gründe für den Preisanstieg. Erstens treibe politische Unsicherheit den Ölpreis regelmäßig nach oben, und nach den Anschlägen von Madrid sowie der Ermordung des Hamas-Führers Scheich Yassin hat sich die Lage weiter verschärft. Zweitens sind die weltweiten Lagerbestände eher gering, in den USA sogar auf Jahrestief. Außerdem sorgen die labile Lage in Venezuela, die weiterhin ausbleibenden Ölexporte des Irak sowie Spekulationen am Rohstoffmarkt für weitere Unsicherheit.
Wird Förderkürzung verschoben?
In der Branche wird außerdem gemunkelt, dass den OPEC-Staaten angesichts des schwachen US-Dollar ein hoher Ölpreis nur recht ist. Es gilt als möglich, dass bei den Beratungen der OPEC-Minister am 31. März in Wien auch über eine mögliche Umstellung der Ölpreis-Berechnung vom Dollar auf den Euro beraten wird.
Die Golfländer in der Opec wollen angesichts der Preisentwicklung die für April geplante Förderkürzung offenbar verschieben. Dies berichten Opec-Kreise am Montag aus Doha. Danach sind die Ölpreise derzeit zu hoch, um die geplante Verringerung der Förderung um eine Million Barrel pro Tag (bpd) zu rechtfertigen. Aus diesem Grund sei eine Verschiebung der im Februar beschlossen Maßnahme auf Juni notwendig, hieß es.
Die OPEC hatte Anfang Februar beschlossen, die Förderquote in zwei Schritten bis zum 1. April um 2,5 Millionen Barrel am Tag zu senken, was auf eine Drosselung von rund zehn Prozent hinausläuft. Nach Ansicht des saudi-arabischen Ölministers Ali Bin Ibrahim Al-Naimi steht die derzeitige Ölpreisentwicklung jedoch nicht im Einklang mit den fundamentalen Rahmendaten. Vor diesem Hintergrund würde er einen Ölpreis von 25 US-Dollar je Barrel vorziehen, sagte er in einem Zeitungsinterview. Der Korbpreis liegt schon seit Anfang Dezember über dem von der OPEC offiziell angestrebten Preisband von 22 bis 28 Dollar.
Im Februar betrug der Durchschnittspreis 29,56 Dollar, im Gesamtjahr 2003 lag er im Schnitt bei 28,10 Dollar nach 24,36 Dollar im Jahr 2002. Die OPEC ermittelt den Durchschnittspreis aus sieben verschiedenen Sorten der Mitgliedsländer.
Experte: Preise fallen noch im Frühjahr
Der Ölpreis werde jedoch bereits im Frühjahr sein Zwölfmonatshoch verlassen und wieder unter die Marke von 30 US-Dollar fallen, sagte der Rohstoffexperte des Hamburgischen Welt-Wirtschafts-Archivs (HWWA), Klaus Matthies. Die weltweite Nachfrage sinke mit Beginn der wärmeren Jahreszeit erfahrungsgemäß um zwei Millionen Barrel pro Tag: "Das wird den Ölpreis drücken."
Matthies rechnet aber nicht mit einem drastischen Preiseinbruch. Mit etwa 28 bis 29 Dollar für einen Barrel (159 Liter) werde das Niveau deutlich über dem vom OPEC-Ölkartell angestrebten Mittelwert von 25 Dollar bleiben. "So lange die Einnahmen durch den schwachen Dollar-Kurs schmelzen, werden die OPEC-Staaten kein Interesse an einem niedrigen Ölpreis haben", sagte Matthies.
Hohe Nachfrage in China
Matthies nannte als Grund für den Anstieg neben den Unsicherheiten in den Erdöl-reichen Regionen Naher Osten und Venezuela sowie den niedrigen Lagerbeständen in den USA vor allem die starke Nachfrage in China. "Dort nehmen Verkehrsdichte und Industrieproduktion in sehr hohen Raten zu", sagte Matthies. Nach neuesten Schätzungen der Internationale Energieagentur IEA wird der Ölbedarf des bevölkerungsreichsten Landes der Welt 2004 voraussichtlich um 10,5 Prozent zulegen und 6,07 Millionen Barrel pro Tag erreichen.