EZB Trichet bleibt cool - Euro läuft heiß
Frankfurt am Main - Die Europäische Zentralbank (EZB) hat die Leitzinsen in der Euro-Zone wie erwartet unverändert gelassen. Der für die Refinanzierung der Geschäftsbanken maßgebliche Schlüsselzins betrage weiterhin 2,0 Prozent, teilte die EZB am Donnerstag nach ihrer Ratssitzung in Frankfurt mit.
Wer vom EZB-Chef zumindest ein paar kritische Worte zum rasanten Euro-Anstieg erwartet hatte, wurde ebenfalls enttäuscht. Jean-Claude Trichet demonstrierte wie sein Vorgänger Wim Duisenberg eindrucksvoll, dass sich die Notenbanker durch nichts und niemanden aus der Ruhe bringen lassen. Eine "Zunahme der weltweiten Nachfrage" sollte nach Einschätzung von Trichet negative Effekte durch den rasanten Kursanstieg des Euro "zumindest teilweise ausgleichen".
Nur kein Aktionismus
"Unsere Einschätzung der wirtschaftlichen Lage hat sich nicht verändert, obwohl die jüngste Entwicklung des Euro-Wechselkurses negative Auswirkungen auf die Exporteure in der Euro-Zone hat", sagte Trichet am Donnerstag bei der Pressekonferenz der Europäischen Zentralbank (EZB) in Frankfurt.
Das klingt nicht gerade nach hektischem Aktionismus, um die Euro-Rallye zu bremsen. Entsprechend zog der Euro nach der Rede Trichets wieder stark an, nachdem er am Mittag noch unter die Marke von 1,26 Euro gefallen war. Binnen einer Stunde kletterte die Gemeinschaftswährung wieder auf 1,2727 US-Dollar und nähert sich damit wieder dem Rekordhoch von 1,2812 Dollar.
Dollar-Bashing geht munter weiter
"Die Märkte sind enttäuscht, da viele darauf spekuliert haben, dass sich die EZB kritisch zum Euro-Anstieg äußert", sagte Dieter Schwarz, Devisenstratege bei der Helaba. Auch Oliver Plein, Volkswirt bei der Fondsgesellschaft Dit äußerte sich ähnlich. "Trichet hat im Grunde seine bisherigen Aussagen zum Wechselkurs Euro/Dollar wiederholt. Die Märkte haben wohl auf eine Verbalintervention zu Gunsten des Euro gehofft. Diese ist aber nicht eingetreten, daher zieht der Euro jetzt wieder an", sagte er. Die betonte Gelassenheit der Eurobanker sei eine Vorlage für Devisenhändler, jetzt wieder auf einen steigenden Euro zu wetten.
Zinssenkung gefordert
Nach dem anhaltenden starken Kursanstieg des Euro zum Jahreswechsel hatten sich die Forderungen nach einer weiteren Zinssenkung der EZB verstärkt. Der stärkere Euro werde die Konjunktur belasten und die Teuerungsrate dämpfen, argumentieren Volkswirte. Zudem würde der Zinsvorteil der Euro-Zone gegenüber den USA, wo der Leitzins mit einem Prozent nur halb so hoch ist, geringer. Euro-Anlagen würden damit an Attraktivität verlieren.
"Kritische Grenze erreicht"
Zu den Befürwortern einer Zinssenkung im Euroraum zählt auch der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK), Ludwig Georg Braun. Eine Zinssenkung wäre eine der Möglichkeiten, um die "Attraktivität des Euro ein Stück zu begrenzen", sagte Braun am Donnerstag in Berlin. Die kritische Grenze von 1,25 US-Dollar je Euro, die der DIHK bereits vor einem Jahr genannt habe, sei nun überschritten.
Sollte der Euro über 1,35 Dollar steigen, müsse die Europäische Zentralbank (EZB) zum konjunkturellen Ausgleich die Zinsen um einen Prozentpunkt senken, hatte der Leiter der Konjunkturabteilung beim Forschungsinstitut DIW, Gustav Adolf Horn, bereits am Dienstag gefordert.
"Der Trend ist nicht gebrochen und das Risiko ist, dass wir weiteres Aufwärtspotenzial für den Euro haben. Aber wir könnten eine Verlangsamung des Tempos sehen", sagte Jane Foley, Devisenstrategin bei Barclays Capital. "Das wäre eine Erleichterung, schließlich waren die Euro-Kursgewinne zuletzt extrem heftig", fügte sie hinzu.
Der Euro hat seit Anfang 2003 gegenüber dem Greenback mehr als 20 Cent an Wert gewonnen. Die Zweifel vieler Anleger an der Finanzierbarkeit der US-Defizite bei Leistungsbilanz und Haushalt hatten den Dollar unter Verkaufsdruck gesetzt.