Dax-Prognose 20 Prozent Gewinnwachstum erwartet
Frankfurt am Main - Die jüngsten Quartalszahlen deutscher Großkonzerne nähren nach Experteneinschätzung die Hoffnung auf eine nachhaltige Geschäftsbelebung. Während die meisten im Dax gelisteten Unternehmen vor allem dank strikter Sparmaßnahmen im abgelaufenen Quartal auf der Ergebnisseite deutliche Fortschritte erzielen konnten, wollen die Umsätze noch nicht so recht in Schwung kommen. Mit Prognosen für 2004 hielten sich viele Firmenchefs angesichts der zögerlichen weltweiten Konjunkturerholung sowie den starken Wechselkursschwankungen zurück.
"Das Ergebnis vor Steuern und Zinsen (Ebit) ist bei den Dax-Werten im Jahresvergleich um mehr als 60 Prozent gestiegen", sagte Christian Kahler, Aktienstratege der DZ-Bank, mit Blick auf die 25 vorliegenden Ergebnisse aus dem 30 Firmen umfassenden Index. Der Umsatz habe im Jahresvergleich stagniert.
"Beim Umsatz hatten wir zumindest keinen Einbruch mehr wie im zweiten Quartal. Aber jetzt müssen die Unternehmensumsätze anziehen", fügte er hinzu. Sonst sei das vom Markt erwartete Gewinnwachstum von 20 Prozent im kommenden Jahr nicht zu erreichen.
Dieselbe Ansicht vertritt auch Oliver Plein, Volkswirt bei der Fondsgesellschaft dit. "Die Kostensenkungspotenziale sind weitgehend ausgeschöpft, jetzt müssen die Nachfrage und der Umsatz im nächsten Jahr anziehen."
Insgesamt habe sich die Berichtssaison im Rahmen der Erwartungen bewegt, sagten Aktienmarktexperten übereinstimmend. Die Zurückhaltung der Unternehmen beim Ausblick zeige aber, wie unsicher die Lage angesichts der zunehmend angespannten Situation im Irak, der zögerlichen weltweiten Wirtschaftserholung sowie den starken Wechselkursschwankungen derzeit eingeschätzt wird.
Nachdem die Mehrzahl der Dax-Firmen ihre Ergebnisse bereits präsentiert haben, werden in den kommenden Wochen noch die Zahlen des Versorgers Eon, des Konsumgüterherstellers Henkel, des Versicherungskonzerns Münchener Rück, des Touristikkonzerns Tui und des Stahlherstellers ThyssenKrupp erwartet.
Hoffen auf mehr Umsatz in der Zukunft
"Offen bleibt, wo die steigende Nachfrage im nächsten Jahr herkommen soll. Viele Verbraucher könnten angesichts der Unklarheit über die Gegenfinanzierung der geplanten Steuerentlastung trotzdem weiter zurückhaltend bleiben", sagte Plein mit Blick auf die Bemühungen der deutschen Politik zur Wirtschaftsbelebung. Er verwies jedoch auch darauf, dass die meisten großen deutschen Konzerne einen großen Teil ihrer Umsätze im Ausland machen. Ein Aufschwung in den USA, der sich dort bereits etwas deutlicher in den Quartalszahlen abzeichne, würde also auch den Dax-Unternehmen helfen. Für Deutschland rechnen die Bundesregierung und Wirtschaftsexperten derzeit für 2004 mit einem Wirtschaftswachstum zwischen 1,5 und 2,0 Prozent.
Gertrud Traud, Aktienstrategin bei der Bankgesellschaft Berlin, hält bei den Dax-Unternehmen im kommenden Jahr auch bei geringen Umsatzsteigerungen überproportionale Gewinnzuwächse für möglich. "Wir rechnen für das vierte Quartal und im nächsten Jahr eher mit steigenden Umsätzen", sagte sie. Angesichts der starken Kostensenkungsmaßnahmen der Unternehmen in der jüngsten Zeit ist der Hebel bei den Gewinnen aber entsprechend groß.
Die Analystin zeigte sich allerdings nicht überrascht, dass viele Firmen sich bislang weigern einen klaren Ausblick auf 2004 zu geben. "Die Unternehmen wären auch dumm, wenn sie sich jetzt zu weit aus dem Fenster lehnen würden und damit zu hohe Erwartung schüren würden", sagte sie.
Währungsunsicherheit bleibt
Branchen, die einem starken Wechselkurseinfluss unterliegen, bekamen im dritten Quartal den starken Euro zu spüren, da ihre Produkte im Dollar-Raum teurer wurden. "Zum einen war das die Chemiebranche, die unter anderem unter dem schwachen Dollar und dem hohen Ölpreis gelitten hat", sagte Rolf Elgei, Aktienstratege bei der Commerzbank in London. "Zum anderen waren die Ergebnisse der Autobranche durchwachsen. Dort schlugen sich unter anderem ebenfalls der schwache Dollar sowie der Margendruck durch die Kaufanreize (Incentives) in den USA nieder", fügte er hinzu.
Der zum Euro schwache Dollar belastet deutsche Exporte - zum Beispiel bei Autos - in die USA, weil er die Produkte dort teurer macht. Der Automarkt in den USA ist außerdem so umkämpft, dass die Verkaufszahlen nur mit Rabatten zu halten sind. Der Euro hat gerade in den vergangenen Tagen angesichts der steigenden Spannungen im von den USA besetzten Irak wieder deutlich gegen über dem Dollar an Wert gewonnen.
Rolf Benders, Reuters