Münchener Rück Gerüchteküche brodelt
München - Wenn die Münchener Rück an diesem Donnerstag Zahlen für das abgelaufene Quartal vorlegt, erwarten Analysten Zeichen der Entspannung: Dazu zählen gestiegene Bruttobeitragseinnahmen sowie ein erwarteter Vorsteuergewinn von rund 530 Millionen Euro.
Die Aktie der Münchener Rück gehörte zu Wochenbeginn dennoch zu den schwächsten Werten im Dax. Ein Händler führte die Verluste am Montag zunächst darauf zurück, dass die Allianz rund die Hälfte ihrer 2001 ausgegebenen zwei Milliarden Euro schweren Umtauschanleihe (MILES) durch die Ausgabe von Münchener-Rück-Aktien vorzeitig zurückzahle. Das Papier der Münchener Rück hatte in den vergangenen Wochen außerdem deutlich zugelegt: Im Vergleich zur Allianz habe das Papier noch Aufholpotenzial, so die Einschätzung von Analysten. So hatte auch die Deutsche Bank Umschichtungen von Allianz in Münchener Rück empfohlen.
Allerdings halten sich hartnäckig Gerüchte, dass die Münchener Rück noch in diesem Jahr ihr Kapital erhöhen könnte. Die Kapitaldecke sei trotz der Erholung am Aktienmarkt seit März noch immer vergleichsweise dünn, da die Verluste in den vergangenen zwei Jahren dramatisch gewesen seien. Die Rating-Agentur Standard & Poor's (S&P) sieht die Finanzstärke der Münchener seit März bei "AA minus" mit negativem Ausblick - Abstufungen also nicht ausgeschlossen.
Langfristig brauche die Münchener Rück jedoch ein Double-A-Rating, um ihre Geschäfte in der gewohnten Weise fortführen zu können - auch mit Blick auf den Hauptkonkurrenten Swiss Re, meint Analyst Werner Schirmer von der Landesbank Baden-Württemberg. Die Kapitalausstattung der Münchener Rück sei gemessen am derzeitigen Rating gegenwärtig recht knapp.
"Offen für eine Kapitalerhöhung"
Die Gerüchte um eine Kapitalerhöhung erhielten am Dienstag neue Nahrung. Die Münchener Rück plane nach ihrer jüngsten Kapitalerhöhung vor vier Monaten eine erneute Kapitalerhöhung von bis zu vier Milliarden Euro, berichtet die "Financial Times Deutschland" in ihrer Dienstag-Ausgabe. Damit reagiere man auf den Druck der Rating-Agenturen.
"Wir sind generell offen für eine Kapitalerhöhung, wenn dies nötig ist", sagte ein Sprecherin des Unternehmens am Dienstag. Noch vor wenigen Tagen hatte der Konzern betont, eine Kapitalerhöhung stehe nicht auf der Agenda. Beobachter halten es daher für möglich, dass bereits am Donnerstag während der Vorlage der Quartals-Bilanz Einzelheiten zu der Kapitalmaßnahme bekannt gegeben werden.
Analysten bleiben gelassen
"Wir können eine Kapitalerhöhung nicht ausschließen, halten sie momentan aber für eher unwahrscheinlich", sagte LRP-Analyst Jochen Schmitt am Dienstag. Eine mögliche Kapitalerhöhung von zwei bis drei Milliarden Euro wäre "nicht dramatisch". Der Verwässerungseffekt beim Gewinn je Aktie würde sich in Grenzen halten.
Drei Milliarden für das Double-A?
Drei Milliarden Euro für das Double-A?
Analysten der Commerzbank schätzen, dass die Münchener Rückversicherungs-Gesellschaft AG ihr Kapital um 3 bis 3,5 Milliarden Euro aufstocken müsste, um die Finanzstärke-Einstufung im doppelten A-Bereich halten zu können. Eine andere Möglichkeit wäre, die Investitionen in Aktien auf Null herunterzufahren.
Um das höchste Rating, ein dreifaches A, zu erhalten, weisen die Experten der Commerzbank auf eine weitere Alternative hin. Die Münchener Rück könnte ihr Erstversicherungsgeschäft ERGO für etwa 7 Milliarden Euro verkaufen. Dann würde die Kapitaldecke wieder ein "AAA"-Rating rechtfertigen - und auch strategisch mache der Verkauf Sinn.
Verkauf von HVB- und Allianz-Anteilen möglich
Frank Stoffel von WestLB Panmure hält es ebenfalls für möglich, dass der Rückversicherer sein Kapital erhöhen wird. Er sieht jedoch noch einen anderen Weg, das Kapital aufzupolstern. "Ich habe die Hoffnung, dass die Münchener Rück sich stattdessen von wesentlichen Teilen ihrer Beteiligung an der HypoVereinsbank trennt und ihren Anteil an der Allianz über die anvisierten 15 Prozent hinaus senken wird."
Die Münchener Rück hält nach eigenen Angaben derzeit an der HypoVereinsbank AG 25,7 Prozent und an der Allianz AG etwas über 15 Prozent.
Allianz und Hannover Rück haben Schritt schon hinter sich
Eine Finanzspritze wäre nicht die erste in der Branche in diesem Jahr. Die Münchener Rück begab bereits eine nachrangige Euro-Anleihe im Volumen von 3 Milliarden Euro sowie eine nachrangige Anleihe über rund 300 Millionen britische Pfund. Zudem vollzog der Versicherungskonzern Allianz eine Milliarden schwere Kapitalerhöhung. Die Hannover Rück hatte mit ihrer im Juni angekündigten Kapitalspritze neben dem organischen Wachstum auch eine Stärkung ihrer Ratingposition als Ziel ausgegeben.