Patienten zahlen, die Pharmabranche bleibt weitgehend verschont, lautet die Kritik an der Gesundheitsreform. Der weltgrößte Pharmakonzern der Welt fühlt sich dennoch gegängelt. Das Management reduziert die Wachstumsprognose und überprüft seine Deutschland-Aktivitäten.
Frankfurt am Main - "Zur Zeit identifizieren wir kurz- und mittelfristige Sparpotenziale. Und dies betrifft jeden Bereich", sagte Walter Köbele, Deutschland-Chef von Pfizer, in einem vorab veröffentlichten Interview mit der Tageszeitung "Die Welt". Bereits beschlossen sei die Verlagerung der kompletten Forschung von Freiburg nach Großbritannien.
Betroffen von der Schließung seien 150 Mitarbeiter. Weitere Personalmaßnahmen wollte Köbele nicht ausschließen. Pfizer beschäftigt in Deutschland rund 6000 Mitarbeiter. Hintergrund der Neuausrichtung des Deutschland-Geschäfts seien die hohen Folgekosten, die durch die geplante Gesundheitsreform drohten, und die erwarteten langfristigen Wachstumsprognosen.
Pfizer erwarte durch die staatlich angeordneten Zwangsrabatte auf innovative Medikamente Belastungen für das nächste Geschäftsjahr in Höhe von rund 140 Millionen Euro. "Der Kompromiss zur Gesundheitsreform belastet diejenigen, die für Fortschritt in der Arzneimittelversorgung stehen. Forschende Pharmaunternehmen zählen also keinesfalls zu den Gewinnern der Reform, wie es so oft dargestellt worden ist", sagte Köbele dem Blatt.
Deutschland drittgrößter Markt
Für das aktuelle Geschäftsjahr wird der Konzern in Deutschland nach Köbeles Angaben nicht die ursprünglichen Prognosen erreichen. "Wir wachsen nicht in den Maß, wie wir uns das vorgenommen haben. Auch den Patentauslauf eines unserer etablierten Pilzmedikamente müssen wir verkraften", sagte Köbele. Für die Zukunft erwartet der Deutschland-Chef daher nur noch ein Umsatzwachstum im einstelligen Prozent-Bereich.
Im April hatte Köbele noch ein Umsatzwachstum von jährlich zwölf Prozent bis 2006 in Aussicht gestellt. Deutschland ist für Pfizer der drittgrößte Markt hinter den USA und Japan. Pfizer ist in Deutschland mit einem Umsatz von 1,9 Milliarden Euro Marktführer. Pharmaverbände und Unternehmen wie Boehringer Ingelheim, Merck, Altana oder Schwarz Pharma hatten bereits vor Millioneneinbußen als Folge der Reform gewarnt.