Schering Analysten sind "megaenttäuscht"
Berlin - Der exportorientierte Pharmakonzern Schering hat im ersten Halbjahr des Jahres einen herben Gewinneinbruch erlitten. Besonders der starke Euro drückte das Ergebnis des Konzerns, der einen großen Teil seiner Umsätze in den USA erzielt. Die Börse reagierte entsprechend: Die Schering-Aktie war mit einem Verlust von zeitweise mehr als acht Prozent am Donnerstag der mit Abstand größte Verlierer im Dax.
Das Betriebsergebnis für die ersten sechs Monate lag nach Angaben vom Donnerstag mit 374 Millionen Euro um sechs Prozent unter Vorjahresniveau. Der Konzerngewinn gab sogar um zehn Prozent auf 250 Millionen Euro nach. Der Konzernumsatz verminderte sich um acht Prozent auf 2,34 Milliarden Euro. Wechselkursbereinigt steht für die ersten sechs Monate ein Umsatzanstieg von drei Prozent zu Buche.
Wegen des Erfolges der wichtigsten Produkte geht das Berliner Unternehmen im Gesamtjahr zwar von einem "soliden kursbereinigten" Umsatzwachstum aus. In Anbetracht der negativen Auswirkungen der Wechselkurse sei allerdings ein niedrigeres Ergebnis als im Vorjahr zu erwarten, sagte der Vorstandsvorsitze Hubertus Erlen. Diese Gewinnwarnung sorgte dafür, dass sich viele Investoren am Donnerstag von dem Papier verabschiedeten.
Stellenabbau in Deutschland geplant
Nicht nur der starke Euro belastet den Konzern, der rund 25 Prozent seiner Umsätze in den USA erzielt. Auch die durch die Gesundheitsreform verordneten Zwangsrabatte auf Arzneimittel dürften das operative Ergebnis künftig um zwei bis drei Prozent schmälern, schätzt Analyst Ulrich Huwald von M.M. Warburg.
Wegen der in Deutschland geplanten Erhöhung der Zwangsrabatte auf patentgeschützte Medikamente rechnet Schering mit einer Umsatzbelastung von 40 Millionen Euro im kommenden Jahr. Bundesregierung und Opposition wollen unter anderem den bestehenden Zwangsrabatt auf patentgeschützte Medikamente von derzeit 6 auf 16 Prozent im kommenden Jahr erhöhen.
Schering reagiert auf diese Belastungen mit weiteren Maßnahmen zur Kostensenkung und plant, im laufenden Jahr in Deutschland rund 300 Stellen zu streichen. 100 Stellen seien bereits im ersten Halbjahr weggefallen, die restlichen 200 würden bis Ende 2003 gestrichen. Schering beschäftigt in Deutschland in der Schering AG 8.300 Mitarbeiter.
Der Stellenabbau in Deutschland sei eine Art "natural hedge" gegen den starken Euro, erläuterte Huwald im Gespräch mit manager-magazin.de. Zwar versuche auch der Pharmakonzern, sich ähnlich wie die Automobilhersteller mit Hedging-Geschäften gegen Währungsrisiken abzusichern, doch der Effekt sei derzeit nur begrenzt.
Hoffen auf Yasmin
Umsatzschlager Anti-Baby-Pille
Konzernchef Hubertus Erlen sieht aber auch Licht am Horizont. Er erwartet für seinen Umsatzschlager, die Anti-Baby-Pille Yasmin 30, bis Ende des Jahres einen US-Marktanteil bei den Neuverschreibungen von 10 Prozent. Derzeit liege die Zahl bei 8,4 Prozent. Yasmin 30 wurde im Sommer 2001 in den USA eingeführt.
Nach Ansicht von Warburg-Analyst Huwald habe Schering derzeit aber keine Möglichkeit, durch neue Produkte die schwierigen Marktbedingungen zu überwinden. Die Blockbuster Yasmin 30 und Betaferon würden sich zwar gut verkaufen, doch sehe er derzeit keine neuen Produkte in der Pipeline.
Analysten nennen Geschäftsausblick "schockierend"
Solange der Euro stark bleibe, würden sich die Belastungen auch im kommenden Jahr fortsetzen, so Huwald. Nach der deutlichen Kurskorrektur von rund sieben Prozent sieht er die Aktie auf einem Niveau von rund 38 Euro mittlerweile fair bewertet und bestätigt seine "Halten"-Empfehlung für die Aktie.
Analysten nannten die Schering-Zahlen in ersten Reaktionen "megaenttäuschend". Als "schockierend" bezeichnete die Investmentbank Merrill Lynch den Geschäftsausblick von Schering. Analyst Andreas Schmitt erwägt eine deutliche Senkung der Prognosen. Der prognostizierte Gewinnrückgang für das Jahr 2003 wecke auch Zweifel am Ausblick für 2004, wenn zusätzliche Belastungen durch die Gesundheitsreform und Währungseinflüsse zu verkraften seien.
Abstufung auf "Underperformer" zu erwarten
Marcus Konstanti von Sal. Oppenheim plant, die Einstufung von Schering nach den enttäuschenden Zahlen zum zweiten Quartal und der Gewinnwarnung für das Gesamtjahr zu reduzieren. Wahrscheinlich werde es eine Abstufung von "Outperformer" auf "Underperformer" geben, sagt Konstanti.
Silke Stegemann von der Landesbank Rheinland-Pfalz (LRP) rät dagegen, trotz der enttäuschenden Quartalszahlen den Kursrückgang bei Schering zum Einstieg zu nutzen. Sie bewertet den Titel weiter als "Outperformer". Das Kursziel für Schering von 55 Euro zum Ende des Jahres wurde bestätigt.