Konjunktur Verbraucher schöpfen wieder Mut
Hamburg/Berlin/Nürnberg - Die Stimmung unter deutschen Verbrauchern hellt sich allmählich auf. Nach einem deutlichen Anstieg im Vormonat legte der Indikator Konjunkturerwartung im Juli erneut zu, wie die Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) am Mittwoch in ihrer aktuellen Konsumklima-Studie berichtete. Auch die Entwicklung des Einkommens wurde positiv beurteilt, der Indikator stieg bereits zum vierten Mal in Folge.
Die Zahlen zum deutschen Verbrauchervertrauen decken sich auch mit den jüngsten Ergebnissen zum Geschäftsklima. Das Ifo-Institut teilte erst am Montag mit, dass deutsche Unternehmer wieder optimistischer in die Zukunft blickten. Der Ifo-Index für Westdeutschland hat auf 89,2 von 88,8 Punkten im Juni zugelegt, der dritte Anstieg in Folge.
Nach Angaben der GfK beruht der gestiegene Optimismus unter den Verbrauchern eher auf Hoffnungen als auf realen Verbesserungen der eigenen Situation. So büßte zuletzt die Anschaffungsneigung, die im Juni kräftig angestiegen war, 4,2 Punkte ein.
Ungewissheit über zukünftige Sozialabgaben
Beobachter erklärten den Rückgang mit der anhaltend hohen Arbeitslosigkeit und der Ungewissheit über zukünftige Sozialabgaben. Die Konsumenten würden auf Grund der schwer einzuschätzenden künftigen Belastungen vom Geldausgeben abgehalten.
Der Entschluss der Bundesregierung, die Steuerreform vorzuziehen, sowie der Kompromiss von SPD und CDU/CSU zur Reform des Gesundheitswesens stärkten hingegen die Zuversicht der Verbraucher, erklärten die GfK-Experten. Offensichtlich glaubten die Konsumenten, dass politisch endlich etwas angepackt werde.
Verbraucher warten auf Taten
Auch das stabile Preisniveau und die steigenden Aktienkurse wirkten sich nach Einschätzung von GfK-Konsumexperte Rolf Bürkl positiv auf die Stimmung aus. Die Verbraucher würden nun zunehmend davon ausgehen, dass Deutschland das Schlimmste hinter sich hat. Auch ihre zukünftigen Finanzen schätzten die Verbraucher weniger skeptisch ein.
Mit dem gestiegenen Konsumentenklima steigen auch die Aussichten, dass sich bis zum Jahresende 2003 der private Verbrauch leicht belebt. Aber: "Statt auf generelle Reformaussagen warten die Verbraucher vor allem auf Taten und für sie nachvollziehbare Resultate. Eine grundlegende Erholung beinhaltet vor allem eine spürbar positive Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt", erklärte die GfK.
Für eine grundlegende Erholung der deutschen Wirtschaft wäre es jedoch gefährlich, sich bereits jetzt selbstzufrieden zurückzulehnen. "Deutschland muss auf dem Reformweg nach dem für die Konsumenten ermutigenden Beginn weitergehen", sagte der GfK-Vorstandschef Klaus Wübbenhorst zum Vorziehen der Steuerreform und dem Kompromiss bei der Reform der Gesundheitspolitik. "Es zeigt sich, dass es positiv ankommt, wenn Entscheidungen getroffen werden und für Klarheit bei den Rahmenbedingungen sorgen."
Die Börse profitiert vom Optimismus
Die Börse profitiert von optimistischen Verbrauchern
Auch an der Börse sind die GfK-Zahlen gut angekommen. Trotz schwacher Vorgaben aus den USA kletterte der Dax am Mittwoch im Handelsverlauf ins Plus.
Nach Angaben von Händlern setzen Börsianer zunehmend auf eine Konjunkturerholung im zweiten Halbjahr und wollten in der gegenwärtigen Entwicklung schlicht mitschwimmen. "Die positiven Daten aus Deutschland wie der Ifo-Index und der GfK-Index führen dazu, dass dieses Thema gespielt wird", sagte ein Beobachter.
Auch vom Einzelhandel, den die Kaufunlust der Deutschen besonders schwer getroffen hat, gab es zuletzt zuversichtlichere Äußerungen. Allerdings befürchtet der Hauptverband des Deutschen Einzelhandels (HDE), dass es bei der Hoffnung auf mehr Konsum bleiben könnte.
US-Verbraucher verlieren das Vertrauen
"Die Bundesregierung hat die große Chance vertan, noch vor der Sommerpause die Steuerreform seriös in trockene Tücher zu bringen und damit für Vertrauen der Konsumenten zu werben", sagte HDE-Sprecher Hubertus Pellengahr. Ohne die entsprechende Weichenstellung der Politik und eine Verbesserung am Arbeitsmarkt werde der Konsum nicht nachhaltig anspringen.
Überraschend an den jüngsten Daten ist, dass die deutschen Verbraucher zuversichtlicher in die Zukunft blicken als die US-Konsumenten. Am Dienstag schockten verheerende Zahlen zum US-Verbrauchervertrauen die Märkte.
Nach Angaben eines Börsianers hätte sich in den schwachen Zahlen des US-Verbrauchervertrauens die Unzufriedenheit vieler Bürger mit der Bush-Politik geäußert. Es bleibe nun abzuwarten, ob die Sorge der Verbraucher wegen der Arbeitsmarktlage sich auch in den anstehenden Arbeitsmarktdaten am Freitag niederschlage.
Deutschlands Wirtschaft weniger konsumabhängig
Der vom Wirtschaftsforschungsinstitut Conference Board ermittelte Index des US-Verbrauchervertrauens war im Juli auf 76,6 Punkte gefallen. Analysten hatten mit einem Anstieg auf 85,0 Punkte gerechnet nach 83,5 Punkten im Juni.
Der Index des US-Verbrauchervertrauens und die GfK-Konsumklima-Studie sollen Hinweise auf das zukünftige Kaufverhalten geben. Die Konsumausgaben gelten als Hauptstütze der US-Wirtschaft. Die deutsche Wirtschaft gilt als weniger konsumabhängig, da der Export eine vergleichsweise wichtige Rolle spielt.
Die GfK-Studie basiert auf monatlichen Verbraucherinterviews mit rund 2000 Personen, die im Auftrag der EU-Kommission durchgeführt werden.