Telekom Aktionäre fordern ihr Geld zurück

Der Streit um den dritten Börsengang geht in die nächste Runde. Anwälte haben die größte Sammelklage von Anlegern in der deutschen Geschichte eingereicht. Sie verlangen eine Entschädigung in Höhe von 14 Millionen Euro.

Frankfurt am Main - 1500 Kleinanleger wollen von der Deutschen Telekom (Kurswerte anzeigen) wegen angeblich unzureichender Informationen beim dritten Börsengang ihr eingesetztes Kapital nebst Kosten einklagen. Anwälte reichten am Montag dazu beim Frankfurter Landgericht eine Zivilklage ein. Zusammen mit 1000 weiteren Klagewilligen gehe es den Mandanten um rund 14 Millionen Euro, teilte ein Vertreter der Wiesbadener Anwaltskanzlei Doerr, Kühn, Plück & Thoeren mit.

Bei den Klägern handele es sich zu 95 Prozent um Kleinanleger mit einem durchschnittlichen Anfangsbeteiligungskapital von 3500 Euro. Die Anleger - darunter viele ältere Menschen - hätten zum größten Teil noch keinerlei Erfahrung mit Aktien gehabt.

Hintergrund der Klage ist der massive Kursverfall der zum Preis von 66,50 Euro (für Privatanleger 63,50 Euro) an den Markt gebrachten Aktie. Aktuell schwankt der Kurs um die elf Euro. Die Anleger werfen der Deutschen Telekom vor, unter anderem den wahren Immobilienwert des Unternehmens und risikoreiche Investitionen verschwiegen zu haben.

Finanzvorstand Joachim Kröske warnte schon 1999

Dabei geht es auch um den Kauf des britischen Mobilfunkunternehmens One2One. Nach Recherchen des ARD-Fernsehmagazins Report mahnte der damalige Telekom-Finanzvorstand Joachim Kröske seine Vorstandskollegen schon 1999, dass der Aktienkurs wegen der im gleichen Jahr gekauften One2One nicht durch die voraussichtliche Geschäftsentwicklung gedeckt war.

Der Emissionsprospekt für den dritten Börsengang in 2000 hätte der Kanzlei zufolge aber alle wesentlichen Umstände enthalten müssen, die für eine Kaufentscheidung erforderlich sind. "Nach zuverlässigen Angaben war auch der Aufsichtsrat der Deutschen Telekom über die Warnungen des Finanzvorstandes informiert", schreibt die Kanzlei.

Telekom und Bund weisen Vorwürfe zurück

Unternehmen und Bund haben die Vorwürfe stets zurückgewiesen. Als Hauptanteilseigner hatte der Bund bei der Emission rund 15 Milliarden Euro eingenommen. Der Bundesrechnungshof lehnt es ab, ein Gutachten über die umstrittene Immobilienbewertung den Bonner Staatsanwälten zugänglich machen. Es sei schwer vorstellbar, dass die Nichtherausgabe die Ermittlungen behindere, sagte ein Sprecher. Der Bericht enthalte keine wesentlichen zusätzlichen Informationen für die Ermittler.

Anders als für institutionelle Anleger sei eine Klage in den USA für Kleinaktionäre aussichtslos, sagte Rechtsanwalt Ralf Plück. "Es lässt sich kein amerikanischer Bezug herstellen: Käufer, Börse und Unternehmen sind in Deutschland."

Die größte Sammelklage von Anlegern in der deutschen Geschichte werde daher zeigen, wie es um den Anlegerschutz in Deutschland bestellt sei. Zwei andere Anwaltskanzleien hatten im März angekündigt, die Telekom in New York verklagen zu wollen. Eine Sammelklage von US-Investoren ist dort bereits zugelassen worden.

Verjährungsfrist endet am 26. Mai

Die Verjährungsfrist für die Prospekthaftung der Telekom läuft am 26. Mai ab. Bis dahin will die Wiesbadener Kanzlei weitere rund 1000 Klagen einreichen. Beim Frankfurter Landgericht liegen bereits einige Klagen weiterer Investoren vor, bestätigte ein Sprecher des Landgerichts.

Termin und mögliche Zusammenfassung der verschiedenen Klagen seien noch nicht absehbar. Die von der Wiesbadener Sozietät vertretenen Aktionäre haben durchschnittlich 3500 Euro eingesetzt. Die größten Verluste dieser Klägergruppe hatte ein Privatmann, der 560.000 Euro angelegt hatte.

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