Steuern "Die Entwürfe ändern sich ständig"
München - Gehen die Pläne der rot-grünen Koalition auf, wird im Frühjahr 2003 auf Aktien- und Immobiliengewinne eine 15-prozentige Pauschalsteuer eingeführt. Steuerfreie Renditen nach einem Jahr Wertpapierbesitz dürften dann der Vergangenheit angehören. Auch die zehnjährige Spekulationsfrist für den Verkauf nicht selbst genutzter Immobilien soll fallen. So sieht es zumindest der Gesetzentwurf von Bundesfinanzminister Hans Eichel vor.
Nachbesserungen sind aber wohl zu erwarten. Außerdem muss der Bundesrat dem neuen Gesetz erst noch zustimmen. "Nix ist fix, niemand weiß genau, was nächstes Jahr kommt", fasst Markus Straub von der Schutzgemeinschaft der Kleinaktionäre (SdK) in München das inzwischen monatelange Hin und Her um die Änderungen für 2003 zusammen.
Sicher scheint bislang nur, dass es die einjährige Spekulationsfrist tatsächlich fallen soll. Derzeit gilt: Kursgewinne beim Verkauf von Aktien dürfen in Deutschland steuerfrei kassiert werden, wenn sie nach mehr als einem Jahr realisiert werden.
Nach den Plänen von Rot-Grün soll damit zum 21. Februar 2003 Schluss sein. Aktionäre sollen ab dann pauschal 15 Prozent Steuern auf ihre Verkaufsgewinne zahlen - unabhängig von persönlichen Steuersätzen, wie es ursprünglich einmal geplant war. Weil für Aktienveräußerungen das so genannte Halbeinkünfteverfahren gilt, ist also mit einer Belastung von 7,5 Prozent zu rechnen. Der angepeilte Abschlag fiele damit im internationalen Vergleich eher moderat aus.
Nachbesserungen könnten allerdings auch für folgende Lösung sorgen: Die Spekulationsfrist wird auf fünf Jahre ausgedehnt. Wer langfristig Aktien kauft, entginge damit der Steuer.
Immobilienverkäufer träfe es hart
Geplant ist zudem, auch Gewinne aus Investmentfonds dem Zugriff des Fiskus zu unterwerfen. Weil dadurch aber Fondssparer im Vergleich zu Einzel-Aktienkäufern steuerlich schlechter abschneiden könnten, rechnen Aktionärsschützer auch hier mit Nachbesserungen. "Die Entwürfe ändern sich ständig", meint Friedrich Kurz von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW).
Die neuen Steuerregeln träfen auch Verkäufer von nicht selbst genutzten Immobilien. Immobilien für eigene Wohnzwecke können weiterhin steuerfrei veräußert werden. Fällt die zehnjährige Spekulationsfrist, müssen sie künftig 15 Prozent ihres Veräußerungsgewinns für den Fiskus abzwacken.
Bei der Rechnung muss außerdem die Gebäudeabschreibung auf den Verkaufserlös draufgeschlagen werden. Damit wären die Steuern auf den Gewinn im Vergleich zum Aktienverkauf fast drei Mal so hoch, wie "Finanztest" vorrechnet. Nach heftiger Kritik von allen Seiten könnte es aber auch ganz anders kommen: Rot-grün rüttelt dann doch nicht an der zehnjährigen Spekulationsfrist.
Auch "Altbestände" an Wertpapieren und Immobilien sollen nicht vor dem Finanzamt sicher bleiben. Bei einem Verkauf nach dem 21. Februar 2003 könnten 1,5 Prozent Steuern anfallen - und zwar nicht auf den Gewinn, sondern auf den erzielten Verkaufserlös. Wer nachweisen kann, dass er unter dem Strich Verluste gemacht hat, soll von der 1,5-prozentigen Steuer verschont bleiben. Private Haushalte sollen Verluste aus Veräußerungsgeschäften mit Gewinnen aus ihren Aktien- und Immobilienverkäufen steuerlich verrechnen können.
Die steuerlichen Neuerungen sollen der Regierung Mehreinnahmen in Millionenhöhe bringen. Ob die Pläne - mit oder ohne Nachbesserungen - überhaupt durchgehen, ist allerdings fraglich, wie Aktionärsschützer erwarten. Die Union hat schon wiederholt angekündigt, das Gesetz im Bundesrat zu kippen.
Berrit Gräber, AP
Hans Eichel: Vermögensteuer nicht wiedereinführen