Pixelnet Gründer hinter Gittern
Tiefenbach/Wolfen - Der Neue Markt ist um einen Skandal reicher. Matthias Sawatzky, Gründer und Ex-Chef von Pixelnet, ist wegen des Verdachts des Kapitalanlagebetrugs und des Verstoßes gegen das Börsengesetz festgenommen worden. Die Staatsanwaltschaft in Landshut verdächtigt den Passauer Computer-Kaufmann, die inzwischen insolvente Pixelnet AG im Jahr 2000 mit fingierten Umsatzzahlen an die Börse geführt und so die Anleger vor der Erstnotierung des Fotodienstleisters getäuscht zu haben.
Die Polizei hat am Donnerstag in sechs Bundesländern eine groß angelegte Durchsuchungsaktion gestartet. Dabei wurde auch die Pixelnet-Zentrale in Wolfen durchsucht und Akten in großem Umfang beschlagnahmt, bestätigte der Landshuter Oberstaatsanwalt Alfons Obermaier auf Anfrage gegenüber manager-magazin.de.
Die Abteilung für Organisierte Kriminalität des Polizeipräsidiums ermittelt zusammen mit der Wirtschafts-Staatsanwaltschaft Landshut gegen Sawatzky. Ihm und fast 20 weiteren Verdächtigen werden Kapitalanlagebetrug, Kursbetrug und Steuerhinterziehung vorgeworfen. Bei der Razzia wurden unter anderem Gebäude in Tiefenbach bei Passau, München, Berlin sowie in Sachsen, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein durchsucht, erklärte der Sprecher der Staatsanwaltschaft weiter.
Im August wurde das Insolvenzverfahren eröffnet
Bei den Ermittlungen gehe es um Vorgänge bei Pixelnet aus der Zeit vor der Insolvenz. Das Amtsgericht Dessau hatte im August das Insolvenzverfahren eröffnet.
Pixelnet hat nach eigenen Angaben rund 1400 Mitarbeiter. Auch die ebenfalls zahlungsunfähige Fotokette Photo Porst aus dem mittelfränkischen Schwabach und die ORWO Media GmbH aus Wolfen gehören zu Pixelnet. Sawatzky war als Vorstandschef abgelöst worden, nachdem im Pixelnet-Konzern die Verluste allein im ersten Quartal 2002 auf 7,8 Millionen Euro gestiegen waren.
Die Ermittlungen konzentrieren sich auf den Pixelnet-Börsengang Mitte 2000. Das Unternehmen war damals als Tochter einer Multimedia-Firma aus Tiefenbach ausgegründet worden. Der heute 58-jährige Sawatzky soll mit vier anderen Firmen so genannte Rechnungskreisläufe gebildet haben. Dabei kursierten Rechnungen, von denen die Staatsanwaltschaft annimmt, dass ihnen keine realen wirtschaftlichen Umsätze zu Grunde lagen.
Bilanz zum Börsengang gefälscht?
Bilanz zum Börsengang erstunken und erlogen?
Mit den Rechnungen in teilweise zweistelliger Millionenhöhe soll Sawatzky eine "nur auf dem Papier existierende Geschäftsbilanz" vorgelegt haben. Dadurch sei es vor zweieinhalb Jahren in Kooperation mit drei Bankhäusern zu einem erfolgreichen Börsengang gekommen. Unter Führung der HypoVereinsbank (Konsortialführer), dem Bankhaus Lampe und HSBC Trinkaus & Burkhard startete Pixelnet am 21. Juni 2000 an der Börse.
Bei der Ausgabe der Aktien hatten Anleger 46 Millionen Euro investiert. Die Emission war 3,5-fach überzeichnet. Derzeit notiert die Aktie auf 0,2 Euro, mehr als 98 Prozent unter dem Ausgabekurs von 14 Euro.
Gehörte Sawatzky zu europaweit agierenden Bande?
Oberstaatsanwalt Alfons Obermaier wollte im Gespräch mit manager-magazin.de den Verdacht der Bilanzfälschung zunächst nicht bestätigen. "Der Haftbefehl stützt sich auf den Verdacht des Kapitalanlagebetrugs und des Verstoßes gegen das Börsengesetz. Das heißt aber nicht, dass nicht noch in einem größeren Umfang wegen weiterer Straftaten ermittelt wird."
Nach dem bisherigen Ermittlungsstand dürfte aber als sicher gelten, dass Pixelnet auch nach dem Börsengang Umsätze in Ad-hoc-Mitteilungen kolportierte, die tatsächlich nie stattgefunden haben, sagte Obermaier.
Die Vorgänge waren der Polizei bei Ermittlungen gegen ein europaweit aktives "Umsatzsteuer-Karussell" aufgefallen, sagte Obermaier weiter. Mehrere Unternehmer aus Deutschland und angrenzenden Ländern sollen sich bandenmäßig ebenfalls falsche Rechnungen über Computerchips ausgestellt haben, um den Staat um Steuern in Höhe von mehr als 100 Millionen Euro zu prellen.
In Landshut hatte deswegen vor wenigen Wochen ein ganze Prozess-Serie begonnen, ein erster Unternehmer wurde bereits verurteilt, sagte Obermaier. Derzeit stünden zwei Männer aus dem baden-württembergischen Göppingen wegen Steuerhinterziehung in Höhe von fast 43 Millionen Euro vor dem Landshuter Landgericht.
Welche Rolle spielte Batavia?
Das ehemalige Pixelnet-Mutterunternehmen Batavia soll im Rahmen dieses organsierten Steuerbetrugs eine zentrale Rolle gespielt haben, erklärte Obermaier. Sawatzky war seinerzeit maßgeblich an Batavia beteiligt.
Ob im Zusammenhang mit Batavia und der organisierten Steuerhinterziehung auch gegen Sawatzky persönlich weiter ermittelt werde, wollte Obermaier nicht kommentieren.
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