Die Trinkaus-Kolumne Ende der Fahnenstange?
Technologieaktien konnten sich in den vergangenen Wochen von ihren Anfang Oktober gesehenen Tiefständen teilweise deutlich erholen. Titel, die zuvor besonders stark in Mitleidenschaft gezogen worden waren, z.B. Alcatel oder Infineon, erreichten Wertzuwächse von mehr als 100 Prozent! Ist das die Rückkehr der goldenen Jahre?
Wohl kaum, denn trotz dieser Gegenreaktion ist der enorme Anstieg nach meiner Meinung weiterhin eher technisch bedingt. Zu viele Profi-Trader haben in den letzten Monaten auf sinkende Kurse spekuliert und wurden durch die steigenden Märkte gezwungen ihre Short-Positionen einzudecken. Das hat die Märkte getrieben.
Fundamentale Gründe für den jüngsten Aufschwung: Mangelware! Die gerade beendete Berichtssaison gibt kaum Hoffnung auf eine nennenswerte Verbesserung des Branchenumfelds. Bei vielen Unternehmen sind die Zahlen für das dritte Quartal erneut ernüchternd ausgefallen, der Ausblick wurde (wenn überhaupt) nur vorsichtig formuliert.
Infineon hat leicht enttäuscht
Im Halbleiterbereich hat besonders Infineon leicht enttäuscht. Größter Verlustbringer bleibt die DRAM-Sparte, die noch immer unter den anhaltend niedrigen DRAM-Preisen leidet. Immerhin wurde der Cash Flow leicht gesteigert, wodurch der Verschuldungsgrad des Unternehmens auf einem relativ niedrigen Niveau bleibt.
Erfreulicher war das Ergebnis von STMicroelectronics. Die u.a. im Kommunikationsbereich tätige Gesellschaft (Halbleiter für Handys etc.) profitiert von einer leichten Belebung des Mobilfunkmarktes und berichtete sowohl beim Umsatz als auch bei den Gewinnen von einer spürbaren Verbesserung im Vorjahresvergleich.
Sehr durchwachsen ist auch das Bild bei den Telekommunikationsausrüstern. Alcatel beispielsweise schreibt nach wie vor tiefrote Zahlen. Restrukturierungsbedingt (hohe Sonderabschreibungen) kann auch im laufenden Quartal noch keine Besserung erwartet werden. Das Management konzentriert sich auf Kostensenkungen und will in 2003 die Gewinnschwelle erreichen.
Es bleibt schwierig
Cash Flow bei Ericsson macht Sorgen
Ähnlich schwierig bleibt die Lage bei Ericsson. Der schwedische Mobilfunkausrüster ist zwar nach der jüngsten Kapitalerhöhung schuldenfrei, dafür entwickeln sich die Auftragseingänge aber weiter rückläufig (zuletzt - 34 Prozent). Somit ist der Cash Flow in den kommenden Quartalen in Frage gestellt.
Mittlerweile wieder mit guten Zahlen kam Nokia heraus. Der finnische Handy-Hersteller versteht es, seine neuen Multimedia-Messaging Modelle (MMS) geschickt zu vermarkten.
SAP überraschte mit guten Zahlen
Falls die noch bestehenden technischen Unzulänglichkeiten bei MMS gelöst werden, kann durch den steigenden Ersatzbedarf bei vielen Endverbrauchern auch für das kommende Jahr eine positive Entwicklung vorausgesagt werden. Das mit einer höchst soliden Bilanz ausgestattete Unternehmen bleibt eine interessante Aktie im Equipment-Bereich.
Obwohl SAP mit deutlich besser als erwarteten Zahlen überraschte und von den finanziellen Schwierigkeiten der kleineren Konkurrenten profitieren konnte, bleibt die Aktie auf dem aktuellen Niveau angespannt bewertet.
Bewertung des Sektors gibt zu denken
Ergo: Es gibt, zumindest aus fundamentaler Sicht, keine grundlegenden Neuigkeiten, die den massiven Kauf von Technologieaktien rechtfertigen würden. Strukturell angeschlagen bleibt insbesondere der Ausrüstungsbereich als Folge der hohen Verschuldung einiger Netzbetreiber.
Nach den jüngsten Kursgewinnen ist auch die Bewertung des Sektors teilweise wieder stark angezogen, so dass sich nach wie vor nur sehr selektive Engagements bei solide finanzierten Gesellschaften anbieten.