Lufthansa Trotz Branchenkrise auf Höhenflug
Frankfurt am Main - Mit unerwartet positiven Quartalszahlen hat die Lufthansa der Branchenkrise getrotzt. Statt des von vielen Experten erwarteten Verlustes erzielte die Fluglinie in den ersten drei Monaten 2002 einen deutlich höheren operativen Gewinn als vor einem Jahr, wie der Konzern am späten Dienstagabend in Frankfurt mitteilte.
Zwölf Millionen Euro und damit mehr als das Zweifache des Vorjahreswertes verdiente die Lufthansa operativ im ersten Quartal. Unter dem Strich verdoppelte die Fluglinie allerdings auch ihren Nettoverlust auf 186 Millionen Euro. Der Umsatz stieg um mehr als sechs Prozent auf fast 3,9 Milliarden Euro, wobei die Einnahmen aus dem Luftverkehr um rund acht Prozent sanken.
Mit einem operativen Minus von mehr als 50 Millionen Euro hatten die von Reuters befragten Lufthansa-Analysten im Schnitt gerechnet. Wie verunsichert allerdings die Experten über die Lage der Branche nach den Anschlägen vom 11. September sind, zeigte die Spannbreite der Prognosen, die von minus 250 Millionen Euro bis plus 150 Millionen Euro reichte.
Aktie profitiert von guten Zahlen
Analyst Uwe Weinreich von der HypoVereinsbank bezeichnete die Lufthansa-Zahlen als "sehr, sehr gut". Der operative Gewinn und die Steigerung der Durchschnittserlöse pro Passagier seien eine "extreme Überraschung" gewesen, sagte er.
Auch die Börse reagierte positiv: Der Aktienkurs der Lufthansa kletterte zum Handelsauftakt um mehr als drei Prozent auf 16,79 Euro. "Die Zahlen der Lufthansa waren gut und haben der Aktie Auftrieb gegeben, nachdem sie in der vergangen Woche wegen EasyJet unter Druck geraten war", sagte ein Frankfurter Händler. Die Billig-Airline EsyJet wird die deutsche Tochter der größten europäischen Fluggesellschaft British Airways übernehmen. "Im Moment werden die nackten Zahlen gespielt", sagte der Händler mit Blick auf die Wertsteigerung des Anteilsscheins. Ein Händler einer süddeutschen Bank schätzte die Wirkung der Zahlen dabei nicht als nachhaltig ein. "Das bedeutet eine kleine Entspannung für den Wert, aber wohl nichts Nachhaltiges", sagte er.
Erfolgreiches Krisenmanagement
Die Lufthansa führte die jüngste Geschäftsentwicklung auf die drastischen Kapazitätskürzungen und Sparmaßnahmen nach dem 11. September zurück. "Bereits nach den ersten drei Monaten zeigt sich, dass sich das Lufthansa-Krisen- und Kostenmanagement als erfolgreich erweist", hieß es in der am Dienstagabend überraschend veröffentlichten Mitteilung zum Quartalsbericht, die ursprünglich erst für Mittwochmorgen erwartet worden war.
Nach den mit entführten Passagiermaschinen verübten Anschlägen in den USA hatte die Lufthansa wie alle international bedeutenden Fluglinien zahlreiche Flüge gestrichen und Investitionen verschoben. Auch die Belegschaft habe mit flexiblen Arbeitszeitregelungen und Gehaltsverzichten einen wichtigen Beitrag zur Bewältigung der Krise geleistet, hieß es.
Die für die Rentabilität von Fluglinien maßgeblichen Durchschnittserlöse im Passagiergeschäft seien in den ersten drei Monaten um 1,2 Prozent gestiegen, teilte die Lufthansa weiter mit. Im Wesentlichen sei dies darauf zurückzuführen, dass der Anteil der First- und Business-Class-Kunden wieder das gewohnte Niveau erreicht habe.
Eine konkrete Vorhersage für den weiteren Geschäftsverlauf in diesem Jahr wollte die Lufthansa auch nach ihren positiven Quartalszahlen nicht nennen. "Eine realistische Ergebnisprognose ist derzeit noch nicht möglich", hieß es. Sofern aber "keine weiteren politischen oder terroristischen Ereignisse" einträten, werde ein deutlich besseres Ergebnis erwartet als 2001, als ein Nettoverlust von mehr als 633 Millionen Euro angefallen war.