Sustainability-Index Gradmesser für Wertewandel
Bereits 1999 hat der Indexanbieter Dow Jones gemeinsam mit der Schweizer Vermögensverwaltungsgesellschaft "Sustainable Asset Management" (SAM) einen Index entwickelt, der die "Nachhaltigkeit" von Unternehmensentscheidungen in den Blickpunkt rückt. Der "Dow Jones Sustainability Index" (DJSI) filtert aus dem weltweiten Dow-Jones-Index rund 200 Unternehmen heraus, die umweltbewusst und mit Rücksicht auf die nachkommenden Generationen sozial angemessen agieren.
Renditeplus im Vergleich zum World-Index
"Die Unternehmen müssen umdenken", begründet ein Sprecher von SAM den Perspektivenwechsel. Um in der Öffentlichkeit akzeptiert zu werden, reiche eine solide Bilanz nicht mehr aus: Auch ökologische und soziale Kriterien fänden bei Kunden und Anlegern immer mehr Beachtung. Der Sustainability-Index (DJSI) ist dabei recht flexibel: Er gesteht zum Beispiel auch Automobil- und Chemiekonzernen zu, dass sie "nachhaltig" wirtschaften können dagegen werden Waffenhersteller oder Tabakkonzerne nicht in den Index aufgenommen.
Das nachhaltige Wirtschaften muss keine Renditebremse sein. Eine Studie der Universität Stuttgart kommt zu dem Ergebnis, dass an Nachhaltigkeit orientierte Geldanlagen allgemein nicht schlechter abschneiden als herkömmliche Investments. Der Auswahlindex DJSI macht die Höhen und Tiefen des Dow Jones World Index nahezu im Gleichschritt mit seit seiner Auflegung hat er die Wertentwicklung des Dow Jones World Index sogar übertroffen (siehe Grafik).
Nachhaltigkeit kein Selbstzweck
Dies hat natürlich auch damit zu tun, dass sich im DJSI zahlreiche Weltmarktführer wiederfinden. Viele multinationale Konzerne haben längst erkannt, dass Nachhaltigkeit auch aus wirtschaftlichen Gründen sinnvoll ist: Sie sparen damit Kosten und gewinnen einen Sympathiebonus, der wiederum den Absatz stärkt. Analysten der Deutschen Bank attestieren vielen dieser öko-orientierten Unternehmen auch ein höheres Kostenbewusstsein und eine bessere Rentabilität als der Konkurrenz.
Beispiel Unilever: Der Hersteller von Reinigungsmitteln, Nahrungsmitteln und Körperpflegeprodukten ist nicht nur auf Grund seiner Kursperformance einer der Stars im DJSI. "Wir fördern Landwirtschaft, Fischfang und Wassernutzung, denn 70 Prozent unserer Grundstoffe kommen aus diesem Bereich", sagt Konzernchef Antony Burgmans. Der Wasser- und Energieverbrauch und damit auch der Kostenanteil - haben sich seit 1996 um 25 Prozent verringert, obwohl die Produktion um 20 Prozent gestiegen sei.
Der Markt wächst
Die Schlüsselwörter "Nachhaltigkeit" und "Unbedenklichkeit" werden auch für die Marketing- und Investor-Relations-Manager immer wichtiger. Nach einer Studie der Universität Hannover findet fast die Hälfte der befragten Haushalte sozial-ökologisch orientierte Fonds attraktiv. Der DJSI biete "dem ethisch orientierten Anleger eine klare Benchmark", meinen die Analysten von Invesco Asset Management. Konzernmanager würden in Zukunft nicht umhin kommen, stärker ethisch-soziale Kriterien zu berücksichtigen.
Schonender Umgang mit Wasser
Der Markt für "nachhaltige" Fondsprodukte wächst. Das Analysehaus Cerulli Associates schätzt, dass der weltweite Markt für ethische, sozialverträgliche und ökologische Investmentfonds von 33 Milliarden Dollar im Jahr 2001 sich bis zum Jahr 2005 vervierfachen wird. Dies gilt besonders für den richtigen Umgang mit knapper werdenden Ressourcen: So hat das Bankhaus Julius Bär gemeinsam mit SAM den "SAM Sustainable Water Fund" (763 763) aufgelegt. Dabei handelt es sich um den ersten Fonds für Wasseraktien, der bei der Firmenauswahl zusätzlich auf Nachhaltigkeit achtet. Der Fonds setzt auf Firmen, die in den Bereichen Wasserversorgung, Wasserreinigung und Nahrungsmittelproduktion Vorreiter sind. Das Managment investiert vor allem in kleine und mittelgroße Unternehmen in Nordamerika und Europa.
Besonders in Europa rechnen Experten in den folgenden Jahren mit einem starken Wachstum. Englische Pensionsfonds zum Beispiel müssen bereits seit zwei Jahren mitteilen, ob sie bei ihren Investments ethische und soziale Aspekte berücksichtigen. Diese Rechenschaftspflicht soll auch in Deutschland für staatlich geförderte Rentenfonds gelten das Prinzip der Nachhaltigkeit soll den Pensionsfonds-Managern mit sanftem Druck näher gelegt werden.
Richtschnur für Europa
Der Dow Jones Sustainability Index dient folgerichtig jetzt auch in Europa als Richtschnur für neue Indizes und Anlageprodukte. Im Oktober 2001 ging in London der "FTSE-4Good Europe 50" Index an den Start: Er vereint die größten europäischen Unternehmen, die die ökologischen und sozialen Kriterien erfüllen. In diesem Frühjahr zog die Investmentbank Merrill Lynch nach: Für ihr "Sustainability Europe" Zertifikat wählt sie 50 europäische Unternehmen aus dem DJSI aus. Neben Unilever gehören derzeit auch Siemens, Allianz und Deutsche Telekom dazu.
Die Münchener Ratingagentur Oekom Research prüft inzwischen sogar Staatsanleihen auf Nachhaltigkeit: Die Bewertung "zukunftsfähiger Staaten" erfolgt auf Basis von Länderdaten, die auch von den Vereinten Nationen, der Weltgesundheitsorganisation oder Amnesty International bezogen werden. Die USA gilt zwar als globale Konjunkturlokomotive, landet im Oekom-Rating aber abgeschlagen auf Platz 17. Deutschland schafft es mit Ach und Krach auf Platz zwölf. Die skandinavischen Länder wie Norwegen und Schweden erhalten hier die Bestnoten.