Die Trinkaus-Kolumne To buy or not to buy...
Europäische Telekommunikationsaktien schnitten im Jahr 2001 bis zum Herbst deutlich schlechter ab als der Gesamtmarkt. Ein Grund dafür war neben den bekannten Problemen (Verschuldung und Aktienüberhang) unter anderem die unrealistisch hohe Annahme für das Datenwachstum (speziell im Mobilfunksektor) noch zu Jahresbeginn. Als Folge davon wurden über mehr als zwölf Monate die Gewinnschätzungen nach unten revidiert.
Ab September gab es allerdings eine leichte Erholung, weil der Sektor wegen des geringen Enttäuschungspotenzials - die Gewinnschätzungen waren bis zu diesem Zeitpunkt schon stark gesenkt worden - auf einmal von einigen Anlegern als "defensiv" eingestuft wurde.
Selbst auf dem aktuell schon wieder etwas besseren Niveau scheinen die Kurse diese Problematiken entsprechend zu diskontieren. Dazu kommt, dass die Unternehmen ihre Investitionsausgaben im laufenden Jahr um rund zehn Prozent kürzen wollen. Das ist ein erstes Zeichen für verbesserte Kapitaldisziplin.
Ertragsschätzungen wurden korrigiert
Bei den Mobilfunkanbietern wurde erst nach und nach realisiert, dass nicht jeder registrierte Kunde Umsatz generiert. Das führte zu Korrekturen der Ertragsschätzungen.
Mittlerweile scheinen sich aber die durchschnittlichen monatlichen Umsätze pro Kunde bei knapp über 30 Euro zu stabilisieren. Da gleichzeitig die Handysubventionierungen bei Vertragsabschluß und somit die Akquisitionskosten gesenkt werden konnten und der Anteil der Vertragskunden angestiegen ist, gibt es eine leichte Erholung der operativen Margen.
Stützend wirken darüber hinaus auch die gesunkenen Hardware-Kosten für Ausrüstung. Das regulatorische Risiko bleibt aber weiter bestehen. Das heißt, es gibt immer ungeklärte Fragen bezüglich Telefonaten vom Fest- zum Mobilnetz, Roaming, etc.
Ebenfalls noch offen ist, ob eine Reduzierung der Wettbewerber in den einzelnen Märkten umgesetzt werden kann. Dazu müsste nämlich vorab die Abschreibung der Lizenzkosten (in Deutschland immerhin 8,4 Milliarden Euro je Lizenz) ermöglicht werden - und welches Unternehmen gibt schon gerne eine solche Fehlinvestition zu, selbst wenn die Alternative so aussieht, dass mit Lizenz vielleicht gerade einmal die Kapitalkosten verdient werden können.
Ebenfalls noch völlig offen ist die Frage, wie groß die zusätzliche Stimulans ist, die von den neuen Gerätetypen ausgeht. Im laufenden Jahr wird eine völlig neue Gerätegeneration (mit Farbdisplay, integrierter Videokamera etc.) an den Markt kommen. Die Erfahrungen aus Asien (Japan und Korea) sind vielversprechend; dort sind die monatlichen Umsätze pro Kunde nach Einführung der neuen Geräten um annähernd zehn Prozent höher als bei den traditionellen Anwendern.
Leichte Beruhigung auf dem Festnetzsektor
Diese Marke von zehn Prozent ist allerdings auch das Minimum an Zuwachs, wenn der Mobilfunksektor weiter als Wachstumsmarkt angesehen werden soll. Der offizielle Start der neuen Generation ist von den meisten Unternehmen auf 2003 datiert worden.
Im Festnetzsektor ist eine leichte Beruhigung des Wettbewerbs zu beobachten. Die Finanzprobleme der Alternative Carrier erlaubten diesen Firmen keine weiteren Marktanteilsgewinne zu Lasten der großen Anbieter. Die an manchen Orten diskutierte notwendige Konsolidierung der Ex-Monopolisten macht aus unserer Sicht wenig Sinn. Die politischen Hürden und vor allem auch die angespannte Finanzlage dürften schwerer wiegen als die eventuell zu realisierenden Synergien.
Schlechte Prognose für KPN
Von den Unternehmen, welche aktuell die größte Schuldenlast tragen (France Telecom, Deutsche Telekom und KPN) werden im Lauf der Zeit wohl nur France Telecom und Deutsche Telekom eine Tilgung aus dem operativen Cashflow durchführen können. KPN dagegen wird ohne den Verkauf größerer Beteiligungen (zum Beispiel E-Plus) dazu nicht in der Lage sein.
Zusammenfassend bleibt festzuhalten: Die ersten Erholungstendenzen bei den Mobilfunkbetreibern sind bei den Ex-Monopolisten noch nicht nachvollziehbar. Deshalb ist der Sektor insgesamt sehr zweigeteilt. Wer ein gutes Investment mit internationalem Footprint sucht, ist mit VodafoneAirtouch gut beraten.
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