Telekomtitel Im freien Fall

An einem schwarzen Freitag gehen Europas Telekom-Werte unter. Die Wende ist nicht in Sicht.

Frankfurt - Europas Telekom-Werte haben am Freitag einen schwarzen Tag an den Börsen erlebt. Der Kurs der Deutschen Telekom  sackte zeitweise auf 14,80 Euro ab, nachdem die US-Investmentbank Goldman Sachs bestätigt hatte, 8,64 Millionen T-Aktien in Umlauf gebracht zu haben, und blieb auch im Verlauf nur knapp über dem einstigen Ausgabepreis von 1996. Zum Börsenschluss notierte das Papier bei 15,02 Euro, ein Minus von 3,2 Prozent.

France Télécom fielen zeitweise unter ihren Ausgabepreis von 27,70 Euro. Auch die Aktien der finnischen Sonera markierten nach Sorgen über ihre UMTS-Strategie in Deutschland neue Allzeittiefs. Ein Pariser Analyst sagte, es sei für Europas Telekom-Werte kein Ende der Talfahrt in Sicht. Auch im deutschen Markt wurde Sorge über die UMTS-Strategie der Branche laut.

Voicestream-Übernahme lastet auf der T-Aktie

Goldman Sachs bestätigte auf Reuters-Anfrage, 8,64 Millionen T-Aktien an ihre Fonds-Anteilseigner verteilt zu haben, nachdem eine Haltefrist für aus der hauptsächlich über Aktientausch finanzierten Voicestream-Übernahme durch die Deutsche Telekom abgelaufen war.

Insgesamt hatte Goldman eigenen Angaben zufolge 29,9 Millionen T-Aktien gehalten, wovon bei 14,4 Millionen Stück jetzt die Haltefrist ablief. Goldman unterstrich, dass die Deutsche Telekom über dieses Vorgehen informiert gewesen sei. Anstatt die Anteile zu verkaufen, habe man entschieden, sie einfach den Fonds-Anteilseignern zu überschreiben, damit diese entscheiden.

Das Investmenthaus Dresdner Kleinwort Wasserstein reduzierte sein Zwölf-Monats-Kursziel für die T-Aktie auf 24 von 28 Euro. Kurzfristig müsse die Deutsche Telekom ihre Schulden und das Überangebot von T-Aktien am Markt in den Griff bekommen, bevor sich der Kurs einigermaßen erholen könne, teilte das Investmenthaus mit. Im November 1996 war die T-Aktie für umgerechnet 14,30 Euro an Privatanleger und für 14,57 Euro an institutionelle Investoren gegangen.

Frankreichs Notenbankchef Jean-Claude Trichet sprach France Télécom sein Vertrauen aus, nachdem deren Aktienkurs auf ein Allzeittief von 27,27 Euro abgestürzt war. "Ich habe natürlich volles Vertrauen in France Télécom", sagte er. Telekom-Aktien seien "in den Himmel gestiegen, jetzt sind sie zu tief gefallen, das ist klar, und wir sehen eine enorme Fluktuation".

Wann endet die Talfahrt?

"Es scheint einfach kein Ende in Sicht zu sein"

Die Volatilität bei Telekom-Titeln sei "außerordentlich", dies müssten die Märkte in den Griff bekommen. France Télécom, im Herbst 1997 für 27,70 Euro ausgegeben, stiegen im Verlauf auf über 30 Euro. Auf dem Höhepunkt im März 2000 waren es noch 219 Euro gewesen.

Der Eurostoxx-Telekomindex notierte am Freitagnachmittag knapp vier Prozent im Minus. Ein Pariser Analyst zeigte sich pessimistisch. "Es scheint einfach kein Ende in Sicht zu sein. Die Leute schauen nicht mehr auf Fundamentaldaten. Die fassen Telekom-Werte einfach nicht an", sagte Pierre Vignaud von der CIC/EIFB. France Télécom werde es schwer haben, über 33 Euro zu steigen. Händler nannten sogar Zielkurse von 20 bis 25 Euro.

Sonera wird von der Schuldenlast erdrückt

Sonera-Aktien, die im Boom-März 2000 bei 97 Euro notiert hatten, markierten am Freitag mit 3,20 Euro ein neues Allzeittief. Ein Händler sagte, der Markt warte darauf, dass Sonera ankündige, die UMTS-Kosten in Deutschland mit anderen Anbietern zu teilen. Auch eine gute Nachricht beim Schuldenabbau sei erwünscht. Sonst bleibe der Kurs auf seinem Niedrig-Niveau.

Der Sonera-Konzern will mit seinem spanischen Partner Telefonica Moviles in Deutschland UMTS-Dienste anbieten. Der deutsche Anbieter E-Plus, der zur niederländischen KPN gehört, hatte jedoch vergangene Woche dementiert, dass es schon eine Einigung für den Aufbau des neuen Netzes gebe. UMTS soll ab 2003 zunächst in den Ballungszentren verfügbar sein und die schnellere Datenübertragung ermöglichen. Allein in Deutschland haben sechs Anbieter für je eine UMTS-Sendelizenz rund 16,6 Milliarden Mark bezahlt.

Vodafone sieht Probleme bei der UMTS-Einführung

Die Ankündigung von Vodafone, UMTS werde zu Beginn langsamer sein als geplant, um Kosten zu sparen, sorgte am Freitag für Sorgen auch im deutschen Markt. "Das ist eine große Enttäuschung", sagte Analyst Theo Kitz von Merck Finck & Co. "Die geben jetzt zu, dass sie ihrem eigenen Hype nicht glauben."

Der weltweit größte Mobilfunkanbieter Vodafone hatte am Vortag angekündigt, dass seine UMTS-Netze möglicherweise nur ein Sechstel der ursprünglich geplanten Geschwindigkeit erreichen könnten. Es könne lediglich eine Datenübertragung mit 64 Kilobit pro Sekunde (kb/s) garantiert werden, teilte der Konzern mit.

Reduzierte Übertragungsraten

Analysten hatten mit 144 bis 384 Kilobit pro Sekunde gerechnet. "64 kb/s sind das absolute Minimum", sagte Vodafone-Sprecher Jon Earl. "In den meisten Gebieten wird eine Geschwindigkeit von bis zu 384 kb/s möglich sein".

In Branchenkreisen hatte Reuters erfahren, dass Vodafone bereits beschlossen habe, die ursprünglich geplante Rate von 144 bis 384 Kilobit pro Sekunde erst rund drei Jahre nach dem Start der Netze anzubieten. Bis dahin solle die Rate auf 64 Kilobit begrenzt bleiben, was den Netzaufbau vereinfache und verbillige. Um die Akzeptanz von UMTS zu steigern, solle der bereits verfügbare Standard GPRS nicht wie ursprünglich geplant schneller werden, hatte es in den Kreisen weiter geheißen.


T-Aktie: Goldman Sachs stößt Großpaket ab

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