Telekom Krisensitzung zur T-Aktie
Hamburg - Der Konflikt zwischen Deutscher Bank und Deutscher Telekom um den umstrittenen Verkauf von T-Aktien weitet sich aus. Nach Informationen der "Financial Times Deutschland" (Montagausgabe) werden sich in dieser Woche hochrangige Vertreter beider Unternehmen treffen, um über ihre künftige Zusammenarbeit zu sprechen.
Ron Sommer, Vorstandschef der Deutschen Telekom, hat in einem Interview mit dem Magazin "Der Spiegel" der Bank gravierende Arbeitsfehler vorgeworfen. Der Kurs der T-Aktie war bis Freitag auf 19,37 Euro gefallen und notierte am Montag zeitweise unter 19 Euro. Analysten befürchten weitere Kursverluste.
Sommer hat die Deutsche Bank wegen des Verkaufs von 44 Millionen T-Aktien und der vorausgegangenen Kaufempfehlung massiv kritisiert. In dem SPIEGEL-Interview warf Sommer der Bank "gravierende Arbeitsfehler" vor. Das Vertrauen der Kleinanleger sei durch das Geldinstitut "massiv erschüttert worden". Die Deutsche Bank müsse nun "alles tun, um dieses Vertrauen zurückzugewinnen".
Börsenaufsicht ist eingeschaltet
Der Vorstandschef kritisierte, die Telekom sei im Vorfeld der gewaltigen Transaktion nicht einmal unterrichtet worden. Er forderte von Deutsche-Bank-Chef Rolf Breuer eine genaue interne Überprüfung der Vorgänge. Für den Fall von Unregelmäßigkeiten müsse die Bank "Konsequenzen daraus ziehen".
Bei den anstehenden Gesprächen zwischen Telekom und Deutscher Bank zur künftigen Zusammenarbeit werde es "um die Motivation hinter den Geschäften" gehen und "um die Frage, wie man künftig zusammenarbeiten will", hieß es in den Kreisen der Telekom.
Den Vorgang untersucht mittlerweile auch die Börsenaufsicht im hessischen Wirtschaftsministerium. Das Bundesaufsichtsamt für Wertpapierhandel (BaWe) überprüft nach eigenen Angaben den Vorgang im Rahmen der routinemäßigen Marktbeobachtungen, ohne bislang ein förmliches Verfahren eingeleitet zu haben. Die Deutsche Bank wies bis zuletzt unter Verweis auf die gesetzlich vorgeschriebene interne Trennung ("Chinese Walls") ihrer Geschäftsbereiche jede Kritik an ihrem Verhalten zurück.
40 Milliarden Mark vernichtet Gleichzeitig kündigte Telekom-Chef Sommer an, dass sein Unternehmen die Transaktion auch selber "juristisch überprüfen" lasse. Immerhin sei bei der Telekom in nur wenigen Tagen ein Wert von fast 40 Milliarden Mark vernichtet worden.
"Große Finanzinstitute", so Sommer, hätten eine Verantwortung gegenüber den Unternehmen und gegenüber dem Markt. Ist diese missachtet worden, "hat das sicherlich Auswirkungen auf unsere zukünftige Zusammenarbeit mit der Deutschen Bank".
Brüderle verlangt "Wiedergutmachung" für Aktionäre
Der stellvertretende Chef der FDP-Bundestagsfraktion, Rainer Brüderle, hat im "Handelsblatt" (Montagausgabe) gefordert, der Bund solle seine Anteilscheine "den gebeutelten Aktionären als Wiedergutmachung der Verluste und zur Förderung der Aktienkultur zu Vorzugskonditionen abgeben". Es müssten insbesondere diejenigen begünstigt werden, die bei der dritten Tranche der Telekom-Privatisierung 66,50 Euro für die T-Aktie bezahlt haben.
Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) wies dies zurück. Man könne auf solche Börsensituationen nicht mit Bonus-Geschenken reagieren. Der Bund besitzt noch ein knappes Drittel der Telekom-Aktien.
Grundlegende Reform der Börsenaufsicht gefordert
Überdies forderte der Politiker die Bundesregierung auf, über eine grundlegende Reform der Börsenaufsicht nachzudenken. "Wir brauchen endlich transparente und juristisch scharfe Werkzeuge, um Vorgänge wie bei der Deutschen Bank in Zukunft auszuschließen."
Nachgedacht werden müsse auch über klare Regeln zur Prospekthaftung und beim Kursbetrug. "Das heutige Konstrukt aus Länder-, Bundes- und börseneigener Aufsicht ist den heutigen Marktgegebenheiten nicht mehr gewachsen", sagte Brüderle. Deutschland brauche eine starke Börsenaufsicht nach dem Vorbild der amerikanischen SEC.
Analyst: Vor Einstieg Erholung abwarten
Die Mehrzahl der Analysten befürchtet unterdessen weitere Kursverluste der T-Aktie. Nach Ansicht von Dietmar Rübsamen, Analyst bei Delbrück Asset, gäbe es nun kein Halten mehr.
Die Papiere befänden sich "im freien Fall", und es sei ein Trugschluss zu glauben, man könne jetzt günstig einsteigen. "Wir empfehlen allen unseren Kunden, auf keinen Fall in das 'fallende Messer' zu greifen." Ein Signal zum Einstieg sei kurzfristig erst wieder bei einem Kurs von 21,25 und langfristig bei 23,05 gegeben.