Infineon Rote Zahlen erwartet
München - Der Chip-Produzent Infineon Technologies wird am Dienstag seine Zahlen für das zweite Quartal des Geschäftsjahrs 2000/2001 (30. September) vorstellen. Analysten vermuten, dass die Siemens-Tochter auf Grund des Preisverfalls bei Speicherchips "einen deutlichen Ertragseinbruch" verbuchen musste.
"Wir werden vermutlich rote Zahlen sehen», sagte Matthias L. Schneck von der HypoVereinsbank (HVB) in der bayerischen Landeshauptstadt. Konkurrenten wie Intel oder Philips hatten bei der Vorlage ihrer Quartalszahlen bereits kräftige Einbußen eingestehen müssen und die skeptischen Erwartungen der Analysten zum großen Teil noch übertroffen.
Verlustschätzung von 16 bis 141 Millionen Euro
Die Prognosen der zu Infineon befragten Analysten reichen beim Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) von einem Minus von 16 Millionen Euro (31,3 Millionen Mark) bis zu einem Minus von 141 Millionen Euro. Im vorherigen Geschäftsvierteljahr lag das Ebit noch mit 253 Millionen Euro im Plus. Beim Umsatz lagen die Schätzungen zwischen 1,39 Milliarden Mark und 1,7 Milliarden Mark nach 1,53 Milliarden Euro im Quartal des Geschäftsvorjahrs.
Speicherbausteine Hauptgeschäftsfeld
Analyst Karsten Iltgen von der Düsseldorfer WestLB rechnet für das gesamte Geschäftsjahr mit einem Umsatz von 6,72 Milliarden Euro und einem Ebit von 646 Millionen Euro. Im vergangenen Geschäftsjahr betrug der Umsatz 7,3 Milliarden Euro und der Ebit 1,67 Milliarden Euro. Iltgen gibt die Einschätzung «Kaufen» für die Infineon-Aktien bei einem Kursziel von 62 Euro an.
Sein Kollege Schneck rechnet im zweiten Halbjahr wieder mit einer Erholung im wichtigsten Geschäftsfeld Speicherbausteine. Diese machten im vergangenen Geschäftsjahr knapp drei Viertel des Ebit aus. Für das zweite Geschäftsvierteljahr erwartet Schneck allerdings ein Ebit von 160 Millionen Euro. Die Nachfrage nach Chips für die mobile Kommunikation als weiteres wichtiges Geschäftsfeld von Infineon werde in der zweiten Jahreshälfte wieder anziehen.
Speicherchips wieder teurer?
Infineon-Vorstandsvorsitzender Ulrich Schumacher hatte sich Anfang April auf der Hauptversammlung optimistisch gezeigt und betont, dass es erste Anzeichen für eine steigende Nachfrage und ein Anziehen der Preise bei Speicherchips gebe. Weniger zuversichtlich war er allerdings im Hinblick auf die Entwicklung bei der mobilen Kommunikation, wo er erst gegen Ende des Jahres mit einer Erholung rechnete.
Schumacher hatte selbst bereits Verluste im Speicherbereich für das zweite Geschäftsquartal eingeräumt. Der Ertragsrückgang in diesem bedeutenden Bereich könne auch nicht durch das erfolgreiche Geschäft in anderen Sparten wie Automobil- und Industrieelektronik, Chipkartenlösungen und drahtgebundener Kommunikation ausgeglichen werden.
Konzernmutter hat bereits gewarnt
Zurückhaltend hatte sich bereits im März die Infineon-Mutter Siemens AG geäußert. Die Siemens AG, die noch 71 Prozent an dem Halbleiter-Unternehmen hält, war davon ausgegangen, dass der für die Muttergesellschaft erwartete zweistellige Umsatzanstieg und ein «überproportionaler Ertragszuwachs» nur noch ohne Infineon zu erreichen sei.
Infineon wurde im April 1999 als Ausgliederung des Siemens-Konzerns gegründet und ist im Deutschen Aktienindex notiert. Das Unternehmen stellt Mikrochips her, die in Handys, Computern, Bankautomaten und Autos, aber auch in Herzschrittmachern Verwendung finden. Infineon ist weltweit tätig und beschäftigt 27.000 Mitarbeiter, etwa die Hälfte davon in Deutschland.