Das Wall-Street-Kartell Trommelfeuer der Medien
Es ist, als würde Philip Morris zu vermehrtem Rauchen aufrufen - nur müssen die Wall-Street-Unternehmen keine teuren Werbespots schalten, um ihre Botschaft unters Volk zu bringen. Diverse Fernsehsender bieten ihnen kostenlose Foren, allen voran CNBC und CNNfn. Beide berichten von frühmorgens bis abends rund um das Treiben an der Wall Street und Nasdaq.
Die Moderatoren sind bekannter als viele Wirtschaftsgrößen. Maria Bartiromo von CNBC etwa, genannt "Money Honey". Der dunkelhaarige Sophia-Loren-Typ gilt als prominenteste TV-Finanzjournalistin.
Ihr blondes Gegenstück ist Sue Herera, die jeden Tag nach Börsenschluss aufs heilige Parkett der New Yorker Börse darf, um dort die Sendung "Business Center" zu präsentieren.
Die Starmoderatoren sind eng mit der Wall Street verbandelt. Sie haben ihre Büros mitten im Geschehen, und sie haben ihre Lieblingsanalysten, die sie fördern. Bartiromo zum Beispiel werden enge Beziehungen zu Merrill Lynch, Goldman Sachs und Morgan Stanley nachgesagt.
Viele Investmentbanker haben umgekehrt ihre Spezis bei den TV-Sendern sitzen, über die sie Informationen lancieren und Gerüchte streuen. Für ihre Analysten haben alle großen Wall-Street-Häuser Fernsehstudios eingerichtet, damit diese jederzeit Interviews geben können.
Kritische Berichterstattung ist zweitrangig
Die kritische Distanz zwischen Journalisten und Bankern ist an der Wall Street längst auf ein Minimum geschrumpft. Die Journalisten tun noch so, als seien sie Beobachter, doch sie sind längst Teilnehmer des Börsenspiels geworden.
Mit den Banken haben sie ein gemeinsames Ziel: die Kurse nach oben treiben. Ihre Rechnung ist simpel - hohe Kurse, hohe Einschaltquoten, hohe Gewinne. CNBC verdiente im vergangenen Jahr 200 Millionen Dollar.
Die öffentliche Meinungsführerschaft zu übernehmen, jede Woche einen neuen Trend durchs globale Dorf zu jagen - das ist für die Wall Street allerdings nur ein Weg, um Meinung zu machen. Ebenso geschickt agieren die großen Investmentbanken im Hintergrund.
Weiter zum dritten Teil: Ein Freund, ein guter Freund
Zurück zur Einleitung: Das Wall-Street-Kartell