Editorial Der zweite Jeff Bezos

Früher bekamen Filmemacher zwei dicke Stapel mit Anmerkungen zur Produktion einer Serie: einen vom TV-Sender, einen vom Studio. Und die waren gern sehr "unterschiedlicher Ansicht", sagt Chris Silbermann, einer der mächtigsten Hollywood-Agenten. Heute gebe es meist nur noch einen Stapel: den von Netflix. Der erste Weltfernsehsender produziert dieses Jahr 700 Serien und Filme und investiert dafür rund 13 Milliarden Dollar - fünfmal mehr als der Bezahlkanal HBO ("Game of Thrones"). Netflix-Gründer Reed Hastings wird in seiner Branche bereits gefürchtet wie Amazon-Chef Jeff Bezos im Handel. Die Entschlossenheit, mit der er den Markt für sich vereinnahmt und die Zuschauer verführt, werde in einem globalen TV-Monopol münden, bekam mein Kollege Jonas Rest bei seinen Recherchen in Los Angeles immer wieder zu hören: ab Seite 28.

Untersuchungshaft wünscht man keinem Manager, erst recht nicht bei Zoraida Maldonado de Landauer. Die Chefin der Justizvollzugsanstalt Gablingen, in der Rupert Stadler einsitzt, redet voller Leidenschaft über die durchdachte Architektur ihres neuen Gefängnisses, das wie eine Betonburg anmutet. Besonders stolz ist sie auf ihr komplett in Schwarz gehaltenes Büro mit den knallorangen Tischplatten. Die vielen Fragen meiner Kollegin Angela Maier nach dem Alltag der U-Häftlinge beantwortete sie dagegen mit wachsender Ungeduld. Als Maier sich zum Abschied vorsichtig erkundigte, ob sie einen Gruß für den "beurlaubten" Audi-Chef auf einen Zettel schreiben dürfe, entgegnete sie: "Jetzt haben Sie sich endgültig disqualifiziert." Wie es Topmanagern im Knast ergeht, lesen Sie ab Seite 36.

Ein Flug, bei dem zum Gate gerufen wird, obwohl die Maschine laut Flightradar noch mehrere Hundert Kilometer entfernt ist; eine späte Verbindung, die kurzfristig gecancelt wird, obwohl seit Vormittag klar ist, dass sie niemals starten kann: Solche Schauergeschichten gehören bei Eurowings zum Flugalltag. Dabei sollte sie als Lufthansa-Zweitmarke eigentlich für Zuverlässigkeit bürgen. Was die Kunden besonders aufregt, ist, dass sie "weder eine überzeugende Erklärung noch eine echte Entschuldigung" (ein Vielflieger) für das Chaos bekommen. Warum so viel schief- läuft und wie Konzernchef Carsten Spohr jetzt aufräumen will, schildert mm-Reporter Michael Machatschke ab Seite 56.

Wenn in Shanghais historischem Viertel Laoximen die engen Gassen verschwinden und Tausende Alteingesessene ausquartiert werden, weil sich dort internationale Stararchitekten austoben, sei das doch gut, erklärte ein chinesischer Unternehmer meiner Kollegin Gisela Maria Freisinger. "Dafür haben dann alle schöne Badezimmer." Höher, größer, spektakulärer - allerorten werden Architekten als die neuen Rockstars gefeiert. Sie bauen nicht mehr nur Türme, sondern ganze Viertel neu, finanziert von Konzernen oder Superreichen. Doch langsam regt sich Widerstand, selbst in der Architektenzunft: Wie weit darf die Weltherrschaft des Kapitals unsere Ästhetik bestimmen? Antworten finden Sie ab Seite 106.

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