Nach Bafin-Strafanzeige und Crash an der Börse Wirecard-Investoren begehren auf

Unter Druck: Wirecard-Chef Markus Braun
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Der Zahlungsdienstleister Wirecard wird nach Ansicht des Großinvestors Deka noch Jahre mit der Aufarbeitung der Manipulationsvorwürfe beschäftigt sein. "Die Gefahr ist, dass Wirecard jahrelange Rechtsstreitigkeiten bevorstehen", sagte Ingo Speich, Leiter des Bereichs Corporate Governance beim Fondsanbieter Deka, zu Reuters. "Wenn sich auf strafrechtlicher Seite etwas manifestiert, dann öffnet das zusätzlich das Fenster für zivilrechtliche Klagen."
Firmenchef Markus Braun habe den Dax-Konzern in eine Situation manövriert, in der er nur noch aus der Defensive heraus agieren könne. Durch die Strafanzeige der Finanzaufsicht BaFin wegen des Verdachts der Marktmanipulation gerate Braun noch weiter unter Druck. Speich forderte bereits vor ein paar Wochen den Rücktritt des 50-Jährigen. Der Aktienkurs knickte am Montagvormittag um rund 4 Prozent auf 92,09 Euro ein.
Die Aktionärsvereinigung DSW verlangt eine unabhängige Sonderprüfung bei dem Unternehmen, das für Händler und Kunden Zahlungen mit dem Smartphone und an den Ladenkassen abwickelt. "Das wäre der richtige Schritt, um Vertrauen wiederherzustellen", sagte DSW-Vizepräsident Klaus Nieding zu Reuters. Insidern zufolge wollen mehrere Großanleger, darunter auch deutsche Fondsgesellschaften, bei der für den 26. August terminierten Hauptversammlung Sonderprüfungen durchsetzen, die den Konzern lange Zeit beschäftigen dürften.
Deka-Experte Speich fürchtet, dass das operative Geschäft zunehmend unter dem Reputationsschaden leidet. "Der Konzern braucht einen Neuanfang." Dreh- und Angelpunkt sei, ob Wirecard ein uneingeschränktes Testat für den Jahresabschluss 2019 vom Prüfer EY bekomme. Die Vorlage des Geschäftsberichts hat Wirecard mehrfach verschoben und für Unmut bei Investoren gesorgt, aktuell ist sie für den 18. Juni in Aussicht gestellt.
Dem Konzern wird seit Jahren in Medienberichten Fälschung von Bilanzen, vor allem bei Auslandstöchtern vorgeworfen. Eine vom Aufsichtsrat in Auftrag gegebene Sonderprüfung durch KPMG konnte die Vorwürfe nicht vollständig ausräumen. Wirecard hatte jedoch vor der Vorlage des KPMG-Abschlussberichts Ende April noch erklärt, die Prüfer hätten keine Auffälligkeiten gefunden. Die BaFin sieht darin Marktmanipulation und zeigte Braun und die drei anderen Vorstandsmitglieder bei der Staatsanwaltschaft München I an. Die Vorstände erklärten, sie seien zuversichtlich, dass sich die Vorwürfe als unbegründet erweisen. Die Wirecard-Aktien waren bis Mitte Mai im Tief um fast die Hälfte auf 72 Euro abgerutscht. Die Danach hatten sich die Papiere ein Stück weit erholte, schafften aber nicht mehr den Sprung über die Marke von 100 Euro. Am vergangenen Freitag rauschten sie dann im nachbörslichen Handel um mehr als 10 Prozent in die Tiefe.