Fusion von Yahoo und AOL Warum dieser Mann 4,8 Milliarden Dollar für den Tech-Dino Yahoo zahlt

Lowell McAdam : Der Verizon-CEO will im digitalen Werbegeschäft Google und Facebook Konkurrenz machen
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Mit der Übernahme von Yahoo durch den Telekom-Konzern Verizon geht eine 20-jährige Ära zu Ende. Von einst 155 Milliarden Dollar Yahoo-Börsenwert ist nur noch ein Bruchteil geblieben. Die Reste werden nun von der einst als Retterin geholten Marissa Mayer höchstbietend verschachert. Doch den von Yahoo erhofften heißen Bieterwettstreit gab es nicht: Gerade einmal 4,8 Milliarden Dollar hat Mayer noch für Yahoos Kerngeschäft rausholen können.
Angesichts immer neuer Hiobsbotschaften und der Tatsache, dass Yahoo im abgelaufenen Quartal 440 Millionen Dollar Verlust schrieb, stellt sich die Frage, was Verizon mit dem Tech-Dinosaurier eigentlich vorhat - und warum der Telekom-Riese dafür knapp 5 Milliarden Dollar locker macht.
Dass die Nummer eins auf den US Markt keine Angst vor Tech-Dinosauriern hat, zeigte bereits der Kauf von AOL im Jahr 2015 für rund 4,4 Milliarden Dollar.
Die Übernahme von Yahoo ist nun der nächste logische Schritt für Verizon-CEO Lowell McAdam, der angesichts wachsender Konkurrenz von Rivalen wie T-Mobile USA und schrumpfender Gewinne auf dem Telekommarkt dringend nach alternativen Erlösmodellen sucht.
Yahoo CEO Mayer on deal to sell the company: The deal shows that Verizon recognizes great value at Yahoo pic.twitter.com/SJ4BYc8Ljt
— Squawk on the Street (@SquawkStreet) July 25, 2016
Und diese Erlösmodelle will Adam in der digitalen Werbung gefunden haben. Einem Markt, dem Beobachter weiterhin märchenhafte Wachstumsraten zutrauen. Angetrieben vom sogenannten "Internet der Dinge", das aus Haushaltsprodukten wie Kühlschränken, Thermostaten und Autos intelligente, internetfähige und vor allem mit Werbung bespielbare Alltags-Gadgets machen soll.
Von diesem Markt will auch McAdam mit Hilfe der frisch akquirierten Tech-Dinos AOL und Yahoo einen Teil abhaben. Um gegen die Platzhirsche Google und Facebook bestehen zu können, schweißt er zwei Internet-Legenden zu einer Einheit zusammen.
Zwei Drittel für Google und FB - um den Rest balgen sich die Wettbewerber
Und das soll so funktionieren: Sowohl AOL als auch Yahoo haben - unter anderem dank Portalen wie der Huffington Post, den Yahoos News und der Suche - einen Fuß im Online-Werbegeschäft. Der ist zwar nicht gerade riesig. Mit Erlösen von 2,7 Milliarden Dollar im Online-Werbegeschäft schaffte es AOL 2015laut "Wall Street Journal" nicht einmal in die US-Top 10.

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Und auch bei Yahoo ist das digitale Werbegeschäft rückläufig. 2016 dürfte es dem Konzern laut Schätzungen der Marktforscher von eMarketer noch von 2,83 Milliarden Dollar einspielen, was einen Rückgang des Marktanteils auf 1,5 Prozent bedeuten würde. Allerdings wächst Yahoo sehr stark im Mobilsektor.
Dennoch: Das sind sehr bescheidene Werte, wenn man sich anschaut, wo Google und Facebook stehen.
Die beiden Player haben den Großteil des Onlinewerbemarktes unter sich aufgeteilt . Von dem im vergangenen jahr um 20 Prozent auf knapp 60 Milliarden Dollar gestiegenen US-Markt entfallen laut Brian Wieser von Pivotal Research ganze 64 Prozent auf die beiden Tech-Größen. Den Löwenanteil davon streicht mit 30 Milliarden Dollar Google ein. Auf Facebook entfallen weitere acht Milliarden Dollar - Tendenz deutlich steigend.
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Schließlich weiß kaum ein Konzern mehr über seine Nutzer als Facebook und Google - und kann deren Surfverhalten über diverse Plattformen mitverfolgen. Alleine Facebook verdiente im ersten Quartal 2016 mit Werbung, die es an seine Nutzer ausspielte,stattliche 3,21 Dollar - pro Kopf
Zahlen, die Begehrlichkeiten wecken. Sowohl bei Verizon-Chef McAdam als auch bei AOL-Chef Tim Armstrong, der bereits als Nachfolger von Marissa Mayer und sogar als potenzieller künftiger Verizon-Chef gehandelt wird. Mayer hingegen hat in einem Blogeintrag am Montag angekündigt, sie persönlich wolle bei Yahoo bleiben.
Denn der Markt dürfte weiter wachsen. Der Marktforscher eMarketer rechnet beispielsweise damit, das bereits 2017 in den USA die digitalen Werbeerlöse mehr als 77,3 Milliarden Dollar erreichen und damit sogar die TV-Werbung in der Bedeutung überholen werden. Und davon will auch Verizon profitieren.
Verizons Schatz, den Google gerne hätte
Und tatsächlich verfügt der Telefonriese über einen Schatz, um den ihn Google und Facebook beneiden dürfte. Als Telekommunikationsunternehmen verfügt Verizon nämlich nicht nur über Namen und Anschrift seiner mehr als 100 Millionen Drahtlos-Kunden , sondern und meist auch zusätzlich noch über deren Kreditkarteninformationen.
Zudem kann der Telekom-Riese - wie seine Wettbewerber auch - als drahtloser Internetanbieter nachverfolgen, auf welchen Seiten sich seine Nutzer durchs Netz bewegen - und wo sie sich gerade befinden. Daten, die für Werbetreibende und Agenturen höchst interessant sind.
Und diese Daten, das "Öl der mobilen Wirtschaft", wie AOL-Chef Armstrong kürzlich sagte, will Verizon nun zu Geld machen.
Zusatzgeschäft mit Risiken
Dabei bedient sich der Telekomkonzern Verizon nicht immer unbedingt lauterer Mittel. Seine erst kürzlich gegründete Videoplatform Go90, auf der Verizon für seine Kunden bereits eifrig Videowerbung ausspielt und auf der diese Live-Sportevents und andere TV-Angebote mitverfolgen können, schlägt sich nicht auf deren Datenverbrauch nieder. Was das Angebot gegenüber Netflix , Youtube & Co deutlich attraktiver machen dürfte.
Gegen die schiere Masse der mehr als 1.6 Milliarden Facebook-Nutzer und der Milliardenzahl an Google-Suchen dürfte aber selbst Verizon mit Yahoo wenig auszurichten haben. Zu groß ist die bereits bestehende Macht der Konzerne. Für ein nettes Zusatzgeschäft für Verizon könnte es - mit Hilfe der beiden Dinosaurier AOL und Yahoo - aber durchaus reichen.