Europa-Geschäft
Telekom-Chef Obermann wettert gegen EU-Regulierer
Die Deutsche Telekom profitiert vom starken Wachstum in den USA und dem stabilen deutschen Markt. Im restlichen Europa häufen sich jedoch die Probleme: Konjunkturkrise und Regulierungseingriffe sind für Telekom-Chef Obermann eine "Giftmischung" - er redet sich in Rage.
Wutrede: Noch-Telekom-Chef René Obermann und sein Nachfolger Timotheus Höttges (r)
Foto: DPA
Hamburg - "Die Zitrone ist ausgequetscht. Mehr geht nicht. Sonst wird Europa zum Übernahmeobjekt". René Obermann ist bei einem seiner letzten öffentlichen Auftritte als Chef der Deutschen Telekom mächtig in Fahrt. Beim Thema Europa redet der ansonsten sehr entspannt wirkende Manager sich in Rage. Für knapp die Hälfte des Umsatzschwundes auf dem alten Kontinent seien "völlig unsinnige regulatorische Eingriffe" verantwortlich. Zusammen mit der Konjunkturkrise ergebe das eine "Giftmischung" für den Bonner Konzern.
Minutenlang lässt sich Obermann bei der Präsentation der Bilanz für das dritte Quartal über die aus seiner Sicht dringend reformbedürftige Regulierungs- und Wettbewerbspolitik in der EU aus. Beispiel Mobilfunklizenzen: In Rumänien sei eine Auktion kurzerhand verschoben, in der Tschechischen Republik ganz abgebrochen worden. "Die Transparenz für die Bieter fehlt in einigen Ländern", sagt Obermann. In Österreich sei der Versteigerungserlös "absurd hoch" gewesen. "Das macht einen sprachlos."
Auch der Vergleich zum Vorzeigebeispiel USA fehlt in Obermanns Wutrede nicht. Gerade einmal vier nationale Anbieter gebe es jenseits des Atlantiks, in Europa 200. So könne man keine Größenvorteile im Heimatmarkt ausspielen.
Ergebnis für Europa unter Planzielen
Die Konsequenz: Die USA kämen beim Ausbau der 4G-Mobilfunknetze viel schneller voran. "Wir laufen Gefahr, dass der Infrastrukturausbau ins Hintertreffen gegenüber den USA und Asien gerät." Auch sein Nachfolger Timotheus Höttges stimmt in die Kaskade ein: In Europa gebe es "systemische Fehler" und "Widrigkeiten, die nicht leicht zu beheben sind."
Tatsächlich ist die Region Europa mit Ausnahme Deutschlands das größte Sorgenkind der Bonner. Während der Konzernüberschuss in den ersten neun Monaten dank Erfolgen in den USA auf 1,7 Milliarden Euro stieg (Vorjahr: minus sechs Milliarden Euro), stürzte das bereinigte Ebitda (Gewinn vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen) in Europa um 10 Prozent auf 3,3 Milliarden Euro ab. Der Umsatz fiel um 6 Prozent auf 10,1 Milliarden Euro.
Damit liegt das Ebitda nach Informationen von manager magazin online aus unternehmensnahen Kreisen unter den Planzielen für das Gesamtjahr. Der Druck auf Claudia Nemat, die seit Juli 2011 der Europa-Sparte vorsteht, steigt. Wie lange Höttges die schwache Performance toleriert, ist fraglich.
Aktionäre wenig begeistert
Schließlich will der CEO in spe die Telekom schnellstmöglich auf Wachstumskurs trimmen, wie manager magazin berichtete. Auch in Europa müsse es gelingen, "das Vorzeichen beim Umsatz wieder auf Plus" zu drehen, sagte Höttges bei der Präsentation der Quartalszahlen. Schließlich könne der Konzern sich nicht nur auf das Wachstum einer Region, nämlich USA, verlassen.
Aktionäre zeigten sich zunächst wenig begeistert von der Quartalsbilanz.
Telekom-Papiere gaben zwischenzeitlich um 1,3 Prozent auf 11,44 Euro nach. Allerdings hatte die einstige Volksaktie seit September bereits um 25 Prozent zugelegt.
"Das dritte Quartal hat den Trend zu Ergebnissen, die über den Erwartungen liegen, bestätigt", schreibt Analystin Robin Bienenstock von Sanford C. Bernstein in einem Kommentar und schiebt hinterher: "Die Entwicklung der Telekom-Aktien hängt wesentlich von der Regulierung ab." Dem dürften Obermann und Höttges kaum widersprechen.