Carsten Koerl hat die Wahl Warum sich Finanzinvestoren um eine Firma namens Sportradar reißen

Auch auf dem Sportradar: Cheerleader der Wahington Redskins, hier vor einem Spiel gegen die Cincinnati Bengals
Foto: Patrick Smith/ AFPSeit vielen Monaten wartet die Investment-Community auf einen Deal, der das Zeug hat, eine der größten Tech-Transaktionen im deutschsprachigen Raum zu werden: den stark wachsenden, hoch profitablen Schweizer Sportdatenanbieter Sportradar. Lange konnten sich Gründer Carsten Koerl und sein ausstiegswilliger Finanzinvestor, die schwedische EQT, nicht auf ein gemeinsames Vorgehen einigen. Insider berichten, zwischen dem eigenwilligen Allgäuer und den Schweden habe es ordentlich gekracht.
Im Laufe des Februar fand man endlich zu einem gemeinsamen Plan: EQT darf seine 37 Prozent in einem breit angelegten Verkaufsprozess anbieten. Dafür verzichtet der Investor auf sein vertraglich vereinbartes Recht, Koerl zu zwingen, seine Mehrheit mitzuveräußern.
Damit scheint der Weg frei für einen Deal, der den Unternehmenswert von Sportradar auf 1,5 bis 2 Milliarden Euro treiben könnte. EQT hat hierfür die New Yorker Investmentbank Evercore mandatiert. Koerl lässt sich wie in früheren Transaktionen von George Fleet helfen, einem früheren Wasserstein-Perella-Banker, der seit 2015 bei der US-Investmentbank Houlihan Lokey die Beratung bei Deals in der Glückspiel- und Unterhaltungsbranche verantwortet. Ein EQT-Sprecher lehnte einen Kommentar ab.

Carsten Koerl
Foto: REUTERSKoerl hatte den heute weltgrößten Anbieter von Sport- und Wettdaten 2003 gegründet. Die Firma mit rund 1900 Beschäftigten in 15 Ländern sammelt weltweit Daten führender Sport-Ligen, von Fußball bis Eishockey, von der NBA, NFL, NHL und Nascar bis hin zur ITF.
Die Daten werden ausgewertet und verkauft an über 1000 Kunden in über 80 Ländern, darunter Wettanbieter, Lotterien, Medien, TV-Anstalten und Social-Media-Plattformen. Viele Sportverbände, darunter IOC, DFB, Uefa und Fifa, nutzen zudem Sportradars Überwachungssysteme, um Manipulationen zu verhindern.
Die Firma wächst seit Jahren hoch zweistellig mit operativen Margen um die 30 Prozent. Nach letztverfügbaren Daten sprang der Umsatz 2016 um 51 Prozent auf 203 Millionen Euro; der Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) legte um 49 Prozent auf 61 Millionen Euro zu.
Seit vergangenem Jahr leitet Ex-Adidas-Chef Herbert Hainer Sportradars Verwaltungsrat. Im Herbst 2015 stiegen Ex-Basketball-Star Michael Jordan, Eigner des NBA-Teams "Charlotte Hornets" sowie "Dallas Mavericks"-Eigner Mark Cuban und Ted Leonsis, dem mehrere US-Sportclubs gehören, mit 44 Millionen Dollar (39 Millionen Euro) bei Sportradar ein; die drei sitzen seither auch in Sportradars amerikanischem Beirat. Welchen Anteil sie an Sportradar halten, ist nicht veröffentlicht.
Für den Finanzinvestor EQT dürfte sich die Sportradar-Beteiligung als eines ihrer lukrativsten Geschäfte überhaupt entpuppen. Der Investor war bei Sportradar 2012 eingestiegen, damals noch über seinen Wachstumsfonds und für gerade einmal 44 Millionen Euro. Zwei Jahre später wurde die Sportradar-Beteiligung EQT-intern an den klassischen Buyout-Fonds weiterveräußert, der jetzt, nach vier Jahren, aussteigen will. Sollte Sportradar in der Auktion wirklich mit 1,5 Milliarden Euro bewertet werden, würde der EQT-Anteil gut 550 Millionen Euro wert sein.
Koerl will die Mehrheit behalten und mit dem künftigen neuen Großaktionär vor allem die Expansion in den USA weiter forcieren. Dort könnte das Geschäft mit Sportwetten demnächst dereguliert werden, was Sportradars Wachstum weiter beschleunigen dürfte.
Geld hat Koerl schon seit langem genug: im März 2000 vor dem Platzen der Internetblase brachte er die von ihm gegründete Sportwettenfirma Betandwin (heute: Bwin) an die Wiener Börse.
Finanzkreisen zufolge könnte EQT die Regulierungsentscheidung in den USA eventuell abwarten, bevor man den Verkauf über die Bühne bringt. Erste Gespräche mit potenziellen Erwerbern laufen nach Informationen von manager-magazin.de trotzdem schon; nahezu das gesamte Who-is-who der Private-Equity-Branche soll Interesse signalisiert haben.