Rocket Internet sammelt 420 Millionen Euro ein Samwer verschafft sich Luft mit delikatem Deal

Alles wird gut: Oliver Samwer, Chef des Unternehmens Rocket Internet, sammelt wieder Geld für Investitionen ein und verspricht, dass seine wichtigsten Beteiligungen von nun an immer geringere Verluste ausweisen werden
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Immobilien, Essen, Mode: Wo Rocket sein Glück sucht
Die unter Zugzwang stehende Startup-Schmiede Rocket Internet verschafft sich mit der Beteiligung an einem Wachstumskapitalfonds mehr Spielraum für Investitionen. Zum Ende der ersten Zeichnungsfrist seien für den Rocket Internet Capital Partners Fund 420 Millionen Dollar bei institutionellen Investoren wie Pensionskassen und Versicherern eingesammelt worden, sagte Rocket-Chef Oliver Samwer am Dienstag.
Das Vehikel hatte in den vergangenen Monaten nach Informationen von manager-magazin.de unter einigen der angesprochenen Investoren für heftige Diskussionen gesorgt. Grund ist ein möglicher Interessenskonflikt. Denn der Rocket Internet Capital Partners Fund soll sich nicht an Firmengründungen Rockets beteiligen, sondern erst einsteigen, wenn die Unternehmen neues Geld brauchen, wie das Unternehmen am Dienstag selbst mitteilte . Der Konflikt: Rocket wird dann jeweils tendenziell eine höhere Bewertung für das betreffende Unternehmen aus seinem Portfolio ansetzen. Der Fonds, der investieren soll, ist dagegen naturgemäß an einer niedrigeren Bewertung interessiert, um mehr Anteile für sein Geld zu erhalten. Ob dieser Konflikt lediglich durch vermeintlich objektive Gutachten oder noch andere Instrumente entschärft werden soll, teilte Rocket nicht mit.
Der Berliner Konzern selbst sei an dem Fonds mit einer Mindestlaufzeit von mindestens neun Jahren mit 50 Millionen Dollar beteiligt. Die Rocket-Aktie legte in einem positiven Marktumfeld 2 Prozent auf 18,72 Euro zu, was weniger als der Hälfte des Ausgabepreises beim Börsengang 2014 entspricht.
Laut Samwer werden Rocket und der Fonds Hand in Hand in Startups investieren. Dadurch habe das Berliner Unternehmen, das unter anderem am Kochbox-Anbieter HelloFresh und den Möbelhändlern Home24 und Westwing beteiligt ist, nun Zugang zu Kapital im Umfang von 2,1 Milliarden Euro statt zuletzt 1,7 Milliarden Euro. Dadurch komme Rocket auf Augenhöhe mit Fonds wie DST, General Atlantic sowie Tiger.
Samwer fürchtet Kapitalknappheit für Startups
Zugleich sei es möglich, durch das abgestimmte Vorgehen mehr Einfluss in den Jungfirmen auszuüben und schneller zu agieren: "Und in dieser Industrie ist Geschwindigkeit ein Wettbewerbsvorteil", sagte Samwer. Der 43-jährige Vorstandschef sieht Rocket dadurch unabhängiger von Drittinvestoren, denn: "Unsere Meinung ist, das 2016 der Zugang zu Kapital für Startups schwieriger wird."
Rocket Internet verspricht ab sofort weniger Verluste der Beteiligungen
Rocket Internet selbst ist zur Sparsamkeit gezwungen. Die Beteiligungen an den Startups zahlen sich nur aus, wenn sie gewinnbringend verkauft oder an die Börse gebracht werden. Beides ist angesichts der derzeitigen Finanzmarktturbulenzen schwierig, was jüngst der verschobene Börsengang von HelloFresh verdeutlichte.
Samwer setzt auf Zeit und verspricht, dass die Verluste seiner wichtigsten Beteiligungen ("Proven Winners") 2015 ihren ihren Höchststand erreicht hätten: "Von nun an geht es runter." Vom vierten Quartal 2017 an sollten drei dieser zwölf Unternehmen dauerhaft profitabel sein. Auch der Schuh- und Modehändler Zalando, der inzwischen Gewinn macht, sei über Jahre für seine Verluste kritisiert worden, verteidigte Samwer den Kurs.
Zugleich widersprach Samwer Berichten über einigen Personalwechseln, wonach es Konflikte im Unternehmen oder mit einem seiner Teilhaber, der schwedischen Beteiligungsgesellschaft Kinnevik, gebe. "Das Rocket-Kernteam ist unverändert." Es habe zu keinem Zeitpunkt Streit im Aufsichtsrat gegeben.