Corona-Warn-App kostet den Bund rund 20 Millionen Euro
Foto: Roland Schlager / APA / dpaDie Entwicklung der Corona-Warn-App des Bundes durch den Softwarekonzern SAP und die Deutsche Telekom wird rund 20 Millionen Euro kosten. Das verlautete am Donnerstag aus Regierungskreisen in Berlin. Dazu kommen noch 2,5 bis 3,5 Millionen Euro monatlich für den Betrieb von zwei Hotlines bei der Deutschen Telekom. Dort können sich die Anwender bei der Installation der App helfen lassen und telefonisch ein positives Test-Ergebnis in die App eintragen lassen. Die Infizierten erhalten dabei von dem Callcenter einen Freischaltcode.
Die Kosten für die Software-Entwicklung bewegen sich damit am unteren Ende der von der Bundesregierung prognostizierten Größenordnung in Höhe eines "zweistelligen Millionenbetrags." Bei den Kosten für die Callcenter müsse berücksichtigt werden, dass die Anwender nicht in langen Warteschlangen landen sollten. Außerdem wolle man den Service nicht nur auf Deutsch, sondern auch auf Englisch und Türkisch zur Verfügung stellen.
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Die sogenannte Tracing-App soll helfen, Infektionsketten leichter und schneller zu erkennen und nachzuverfolgen. Wird ein Nutzer positiv getestet und dieser Status in der App erfasst, sollen andere Anwender informiert werden, dass sie sich in der Nähe eines Infizierten aufgehalten haben. Aus Regierungskreisen hieß es weiter, die App sei nur ein Baustein in der Bekämpfung der Pandemie und kein Allheilmittel. Nach der Veröffentlichung der App soll die Anwendung in den kommenden Wochen immer wieder optimiert und aktualisiert werden. Derzeit prüft gerade das Bundesamt für die Sicherheit (BSI) in der Informationstechnik.
Hier wird an Deutschlands Ausweg aus der Corona-Krise gearbeitet: Die Entwickler in der SAP-Zentrale haben über Pfingsten den Quellcode der vom Bund beauftragten Corona-Tracing-App veröffentlicht. Nur mittels Bluetooth sollen die Nutzer dezentral einander mitteilen, ob ein verstärktes Infektionsrisiko bestanden hat, das einen Corona-Test notwendig machen würde. Das lange erwartete Projekt startet am 16. Juni, mit Hilfe der Deutschen Telekom. Andere Länder sind schon weiter:
Frankreichs Premierminister Edouard Philippe präsentierte die in der Vorwoche vom Parlament abgesegnete App "StopCovid" als Element der zweiten Lockerungsetappe. Seit Anfang Juni ist sie erhältlich. Eine europaweit einheitliche App, wie zeitweise gefordert, ist außer Sicht. Die Franzosen entschieden sich nach Verhandlungen gegen die Nutzung der von Apple und Google angebotenen Schnittstelle.
Italien hingegen, wo die von einem Mailänder Unternehmen entwickelte App Immuni ebenfalls an den Start geht - zunächst nur in 4 der 20 Regionen - setzt voll auf den internationalen Standard.
Die erste massenhaft verbreitete Corona-App war "Trace Together" aus Singapur, veröffentlicht am 20. März. Aus Datenschutzgründen wurde ein eigenes Übertragungsprotokoll namens BlueTrace entwickelt. Die App wurde bis Anfang Juni 1,6 Millionen Mal heruntergeladen, was mehr als ein Viertel der Bevölkerung Singapurs ausmacht.
Nicht viel später hatte auch Österreich seine eigene Corona-App: "Stopp Corona", veröffentlicht vom Roten Kreuz am 25. März.
Die Schweizer App "SwissCovid" sollte ursprünglich alleine den von der Technischen Hochschule EPFL in Lausanne entwickelten Standard DP-3T nutzen, das Vorbild für den konkurrierenden europäischen Standard Pepp-PT und die Apple/Google-Schnittstelle. Diese wird nun ebenfalls verwendet.
Die norwegische App Smittestopp war die erste in Europa, die Apple und Google eine Absage erteilte - und die erste, die auf Intervention der Datenschutzbehörde Mitte Juni wieder aus dem Verkehr gezogen wurde. Wegen der inzwischen geringen Infektionszahlen sei die Datensammlung nicht mehr verhältnismäßig, hieß es.
In Island erreichte die Anfang April veröffentlichte Corona-App "Rakning" schon einen Monat später fast die Hälfte der Inselbevölkerung durch freiwillige Downloads. Gegenüber der "MIT Technology Review" urteilte der Leiter der Corona-Tracing-Einheit der Polizei trotz dieses Erfolgs, die App sei "kein Game Changer". Wichtiger sei, jeden einzelnen Fall und sämtliche Kontakte polizeilich nachzuverfolgen. Die Isländer setzen auf verlässlichere Geodaten statt auf Bluetooth.
Laut einer Studie der Oxford University können Tracing-Apps alleine die Epidemie stoppen, wenn sie von 60 Prozent der Bevölkerung genutzt werden - dieses Niveau erreichen in der Regel nicht einmal die verbreitetsten Apps wie WhatsApp oder Facebook. Indien hat seinen Bürgern vorgeschrieben, die Corona-App "Aarogya Setu" zu nutzen und regelmäßig den Gesundheitsstatus zu aktualisieren - als Voraussetzung zum Arbeiten oder, wie hier im Bild, für die Abfertigung am Flughafen. Die App kam Anfang Mai schon auf 100 Millionen Downloads.
Am weitesten geht China - aber statt einer einzelnen Tracing-App ließen die Behörden seit Anfang Februar eigene Miniprogramme innerhalb verbreiteter Apps wie Alipay, Wechat oder QQ installieren. So konnte schon zu Beginn der Lockerungen von allen Smartphone-Nutzern verlangt werden, einen QR-Code an verschiedenen Kontrollstellen zu scannen. Der persönliche Gesundheitsstatus, wie von der App gemeldet, ist der Schlüssel zur Bewegungsfreiheit.