Zeichen für den Umbau Samsung denkt über die Smartphone-Ära hinaus

Galaxy edge: Noch ist Samsung Marktführer im Geschäft mit Smartphones. Doch der Abschwung geht schneller als erwartet
Foto: ODD ANDERSEN/ AFPHamburg - Die Nachrichten aus dem Hause Samsung Electronics liefern Indizien für eine neue, aber auch wiederum alte, Strategie der Südkoreaner. Sie werden sich wieder verstärkt auf ihre Komponenten konzentrieren und bei günstiger Gelegenheit eine neue margenträchtige Gerätekategorie erobern. Für das Geschäft mit Smartphones und Tablets dürfte das langfristig nichts Gutes heißen.
Der Aufschwung von Samsung Electronics durch ein starkes Geschäft mit Smartphones gehört ohnehin der Vergangenheit an. Er ging bis zum dritten Quartal 2013. Seither geht es abwärts und von Erholung ist nichts zu erkennen.

Samsungs Umsatz mit mobilen Geräten in Milliarden Dollar (Quelle: Samsung)
Foto: manager magazin onlineBereits zum vierten Mal nacheinander werden die Südkoreaner demnächst einen sinkenden Umsatz für das einst so aufblühende Segment verkünden. Das darf man durchaus aus den am Dienstag verkündeten vorläufigen Zahlen für das dritte Quartal schließen. Der Konzernumsatz solle insgesamt nur noch rund 47 Billionen Won betragen, umgerechnet rund 44 Milliarden Dollar. Im Vergleichsquartal ein Jahr zuvor erlöste das Unternehmen noch 59 Billionen Won. Derzeit erwartet Samsung einen operativen Gewinn von umgerechnet 3,8 Milliarden Dollar, nach 9,5 Milliarden Dollar ein Jahr zuvor. Das ist ein Einbruch von 60 Prozent.
Die Probleme im Geschäft mit Smartphones
Smartphones mit Googles Handy-Betriebssystem Android garantierten dem Unternehmen lange Zeit hohe Umsätze und Gewinne. Sie machten Samsung zum weltweit größten Hersteller. Insbesondere die Modellreihe Galaxy bescherte die höchsten Margen - und sorgte für einen erbitterten Kampf mit Apple. Die beiden Konzerne führten bislang eine ambivalente Geschäftsbeziehung. Einerseits lieferten die Südkoreaner dem iPhone-Hersteller von Beginn an wichtige Komponenten wie Speicherchips und Prozessoren. Andererseits stieg Samsung bald selbst ins lukrative Smartphonegeschäft ein. Apple wiederum beklagte vor Gerichten, Samsung würde Produkte der Kalifornier kopieren. Zu ähnliches Design, zu ähnliche Funktionen, so lauteten einige der Vorwürfe.
Während die beiden vor Gericht erbittert stritten, baute Samsung größere Geräte und hatte damit gegenüber Apple einen Wettbewerbsvorsprung. Kunden kauften fleißig die größeren Galaxy-Modelle und Samsung fuhr hohe Gewinne ein. Mittlerweile ist Apple nachgezogen und hat die iPhones vergrößert. Dass die Gerüchte über diesen Schritt seit etwa einem Jahr öffentlich sind, dürfte sich auf Samsungs Umsätze im Premiumsegment durchaus bereits vor den ersten Verkäufen des iPhone 6 und iPhone 6 Plus ausgewirkt haben.
Apple wird nun noch mehr iPhones verkaufen und Samsung dürfte dies bei den Galaxy-Modellen zu spüren kommen. Bereits jetzt liegen die Preisnachlässe für das aktuelle Spitzenmodell Galaxy S5 beispielsweise hierzulande bei mehr als 200 Euro. In anderen Ländern sieht es nicht besser aus. Apple hingegen kann sogar die Preise für ältere Modelle stabil hoch halten.
Im unteren Segment hat Samsung zunehmende Konkurrenz aus China. Xiaomi, Huawei und Lenovo - sie alle produzieren noch günstigere Geräte mit Googles Handy-Betriebssystem Android. Xiaomi hatte nach Angaben des Marktforschungsinstituts IDC im zweiten Quartal dieses Jahres einen Marktanteil von 5,1 Prozent, nach 1,8 Prozent ein Quartal zuvor. Samsungs Marktanteil brach indes ein, von 32,6 Prozent auf 25,2 Prozent.
Wenn der Abschwung in diesem Tempo weitergeht und sich der Vertrieb von Smartphones irgendwann nicht mehr lohnt, dann dürfte das Geschäft infrage stehen. Dass sich Samsung beispielsweise von Märkten zurückzieht, das zeigte das Unternehmen erst kürzlich, als es den Verkauf von Laptops in Europa einstellte.
Samsung will unabhängiger von Android werden
Auch wenn Samsung nun angeblich gegensteuern und neue Modelle auf den Markt bringen will, es dürfte für das Unternehmen schwer werden, den Abschwung im Handysegment zu bremsen. Daran sind bereits einst dominante Handyhersteller wie Nokia und Motorola gescheitert. Dass Samsung daran vielleicht sogar selbst gar nicht glaubt, das zeigen insbesondere zwei Schritte der vergangenen Wochen.
Ende September wurde bekannt, dass Samsung 500 Softwareentwickler aus der Mobilsparte abzieht. Dies mache das Unternehmen, weil es die Softwarefähigkeiten des gesamten Konzerns stärken wolle, hieß es. Der Fokus liege nun darauf, den Wettbewerbsvorsprung im Internet der Dinge zu stützen und Synergien der Plattform Tizen zu steigern.
Tizen ist ein offenes Betriebssystem, das Samsung gemeinsam mit Partnern wie Intel entwickelt. Es soll Samsung bei der Entwicklung neuer Geräte stärkere bis weitgehende Unabhängigkeit von Google sichern. Das mobile Betriebssystem des Suchmaschinenkonzerns verhalf Samsung im Smartphone-Geschäft zwar zum Aufstieg, allerdings konnten sich die Südkoreaner zunehmend immer weniger von der billigeren Konkurrenz aus China unterscheiden, die ebenfalls auf Android setzte. Bei künftigen Gerätekategorien will Samsung wohl nicht noch einmal in die gleiche Falle tappen. Samsung nimmt also bewusst eine Schwächung des Smartphone-Geschäfts in Kauf.
Das Unternehmen setzt neue Prioritäten. Am Montag gab Samsung bekannt, es baue in Südkorea eine neue Chipfabrik und investiere 14,7 Milliarden Dollar. Ab 2017 sollen dort die ersten Chips gefertigt werden. Es ist zwar noch nicht bekannt welche Art von Chips dort produziert werden, doch zweifelsohne dürfte das Investment für Samsung wegweisend sein.
Zurück zu den Komponenten
Analysten schätzen bereits jetzt, dass Samsungs Halbleitersparte im dritten Quartal seit drei Jahren erstmals wieder einen höheren operativen Gewinn erzielen wird, als das Geschäft mit mobilen Geräten. Kein anderes Unternehmen hat in der Vergangenheit jedes Jahr so viele Milliarden Dollar in Chips investiert wie die Südkoreaner. Smartphones und Tablets, aber allen voran neuartige Roboter und das Internet der Dinge werden die Nachfrage nach Chips erhöhen. Außerdem fließen Milliarden Dollar in die Fertigung von Medizintechnik, Solarmodulen, LED Lichttechnik, Biotech und Batterien für Elektroautos.
Samsung ist als Zulieferer von Komponenten in vielen Bereichen unverzichtbar und wird dafür sorgen, dass dies auch so bleibt. Zumindest wird es das versuchen. Und wer anderen unverzichtbare und möglichst noch diffizile technische Komponenten liefert, der ist auch im Bilde darüber, wer was künftig auf den Markt bringen kann. Beide Bereiche, die Fertigung eigener Produkte und die neuer Komponenten, sollen zwar voneinander abgeschottet sein. Allerdings glaubt kaum ein Branchenbeobachter daran, dass dies wirklich eingehalten wird.
Einst hat Samsung LCD Bildschirme für TV-Hersteller produziert. Wenig später stieg das Unternehmen selbst in die Fertigung von TV-Geräten ein und wurde schließlich Weltmarktführer. Später lieferte es für iPods und iPhones Speicherchips und RAM Chips. Heute verkauft keiner mehr Chips als die Südkoreaner. Nachdem es viele Komponenten für Apples iPhones lieferte, baute Samsung schließlich auch Smartphones - mit mittlerweile bekanntem Verlauf. Es ist heute noch Weltmarktführer.
Es wird nur eine Frage der Zeit sein, bis Samsung die nächste Gerätekategorie für sich entdeckt - vielleicht ist das aber auch schon längst passiert. Sonderlich viel aufs Smartphonegeschäft, noch dazu auf einen relativ gesättigten Markt, wird Samsung nicht mehr viel setzen. Die Wette läuft längst woanders.