350 Milliarden Dollar - "wirtschaftliche Bedeutung gegen Null" Warum Apples Cash-Heimkehr nicht nur Segen für die USA ist

Neue Apple-Zentrale in Cupertino
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Die Zahlen erscheinen überwältigend. 350 Milliarden Dollar will Apple in den kommenden fünf Jahren zur US-Wirtschaft beitragen, 30 Milliarden investieren, den Großteil seiner im Ausland gehorteten 252 Milliarden Cash-Reserven heimholen, 20.000 Jobs schaffen und 38 Milliarden Dollar Steuern zahlen. Apple-Chef Tim Cook gibt patriotische Töne von sich. US-Präsident Donald Trump jubelt Triumph: Alles wegen seiner Steuerreform.
Auf den zweiten Blick wirkt der Schritt schon nicht mehr so grandios. "Wie viel von den 350 Milliarden über das hinausgeht, was das Unternehmen sowieso ausgegeben hätte, ist unklar", schreibt die "New York Times". Es könnte sich um das in Apples expandierendem Geschäft ohnehin übliche Wachstum handeln.
Tatsächlich fügt sich die neue Ankündigung fast nahtlos in Apples mittelfristige Planung ein. Würde man die aktuellen Ausgaben - auch ohne Inflationsausgleich - fortschreiben und die zusätzliche Steuerlast abziehen, blieben nur noch 37 Milliarden Dollar an Zusatzausgaben übrig - ein Wachstum von rund 13 Prozent.
Der "neue Campus", den Apple nun ankündigt, erscheint in den Details der Ankündigung auch eher wie ein größeres Call Center als wie noch eine mächtige Zentrale nach Art des gerade fertiggestellten neuen Hauptquartiers, das ebenfalls als "Campus" bezeichnet wird. Immerhin soll ein - mit einer Milliarde Dollar bisher allerdings äußerst kleiner - Innovationsfonds für die US-Industrie verfünffacht werden.
Warum die Mehreinnahmen den Staat Geld kosten
Die 38 Milliarden Dollar Steuerlast beeindrucken auch weniger, obgleich sie die bisher von anderen Konzernen und Banken gemeldeten Anlaufkosten der Steuerreform in den Schatten stellen. 36,4 Milliarden Dollar hatte Apple ohnehin für diesen Zweck zurückgestellt, weshalb der Juraprofessor und frühere Finanzbeamte J. Richard Harvey von einem "Nonevent" spricht.
Ökonom Dean Baker geht noch weiter: "Die wirtschaftliche Bedeutung, das Geld in die Vereinigte Staaten zurückzubringen, geht gegen Null." In Wahrheit seien die gewaltigen Bargeld-Reserven ja gar nicht im Ausland gehalten worden, sondern von Apple-Töchtern wie der in einem nüchternen Zweckbau in Nevada residierenden Vermögensverwaltung, nur technisch über beispielsweise in Irland registrierte Tochtergesellschaften gebucht (und auch nicht wirklich physisch als Bargeld, sondern zumeist in Form von Unternehmens- oder Staatsanleihen).
Dieses Geld müsse Apple also bloß von einem Konto in ein anderes buchen. Das löse zwar die Steuerzahlung aus, "aber anstelle der erheblich höheren Steuerschuld, die Apple nach altem Recht hatte". Die Frage ist also, ob der Konzern sein Cash ewig ungenutzt geparkt hätte, um dem alten Steuersatz von 35 Prozent zu entgehen. Wenn nicht, hätte der zur Heimkehr des Geldes angebotene ermäßigte Satz von 15,5 Prozent (für illiquide Vermögenswerte, wie Apple sie zumeist besitzt, nur 8 Prozent) einem bloßen Mitnahmeeffekt gedient.
"Bloomberg" schreibt, das "heimkehrende" Geld - die Cash-Reserven aller US-Konzerne in ausländischen Töchtern werden auf mehr als drei Billionen Dollar geschätzt - könne unerwünschte Nebenwirkungen am Finanzmarkt haben: indem die Konzerne US-Staatsanleihen abstoßen, in denen sie das Geld vorzugsweise geparkt haben, davon aber nicht realwirtschaftliche Investitionen ankurbeln, sondern ihre Aktienkurse pushen - beispielsweise mit Aktienrückkäufen oder Sonderdividenden.
Nach der Meldung von Apples großer Cash-Heimkehr legte die Apple-Aktie leicht zu. Der Kurs der US-Staatsanleihen kam gleichzeitig unter Druck.