Online-Konzern mit Milliardengewinn, aber... Das sind die (wenigen) Schwachstellen von Amazon

Zieht euch warm an: Bezos kommt

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E-Commerce: Diese deutschen Onlineshops setzen mehr als 500 Millionen Euro um

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Amazon ist jetzt so viel wert wie die zehn größten DAX-Konzerne zusammen. Der Online-Gigant aus den USA wächst unentwegt und hat gerade die Erwartungen von Analysten weit übertroffen: Mit 2,5 Milliarden Dollar ist der Gewinn im zweiten Quartal doppelt so hoch wie gedacht.

Damit setzt Amazon, das lange Zeit all seine Gewinne ins Wachstum reinvestierte, die Reihe der profitablen Quartale fort. Und es soll so bleiben: CEO Jeff Bezos erwartet auch für die drei Monate bis September einen Milliardengewinn.

Bezos beweist, dass sich seine Strategie auszahlt. Im Onlinehandel in Nordamerika ist Amazon der klare Vorherrscher, aber auch andere Geschäftszweige blühen. Der Cloud-Anbieter Amazon Web Services (AWS) schnitt besonders profitabel ab. Im von Facebook und Google beherrschten Werbegeschäft macht Amazon Fortschritte.

Was kann das mit nahezu 900 Milliarden Dollar bewertete Unternehmen überhaupt noch aufhalten?

"Wir betrachten die westliche und die asiatische Welt immer noch zu getrennt", sagt Onlinehandelsexperte Mark Steier, der früher ein großer deutscher eBay-Händler war. So habe Amazon am sogenannten "Prime Day", wo es mit besonderen Rabatten wirbt, vor wenigen Tagen geschätzt ein bis zwei Milliarden Dollar  umgesetzt. "Aber der Onlinekonzern Alibaba hat beim chinesischen Äquivalent, dem Singles Day, 25 Milliarden Dollar Umsatz erzielt."

Die mächtigen asiatischen E-Commerce-Spieler breiten sich derzeit weiter aus. Wie vor wenigen Tagen bekannt wurde, bringt die Tencent-Gruppe ihre Onlineshopping-Tochter JD.com nach Deutschland und Europa. Wettbewerber Alibaba ist noch zurückhaltend, erweitert aber die Lagerkapazitäten in Europa.

Unternehmen verfolgen falschen Weg

Laut Steier könnten auch Facebook und Google unangenehm für Amazons Marktplatz werden. "Beide Konzerne sind in dem Bereich bisher nur rudimentär aufgestellt, aber sie könnten das Geschäft ausbauen."

Der Hamburger E-Commerce-Experte und Gründer Alexander Graf sieht die größte Gefahr für Amazon in einem anderen Punkt: "Sie müssen erkennen, was morgen gefragt ist. Und das kann niemand planen."

Bisher sei Amazon so erfolgreich gewesen, weil das Unternehmen von einem Gründer geführt werde, der Chancen ergreife - wie das Cloud-Geschäft auszurollen, was 2006 noch nichts mit dem eigentlichen Geschäftsmodell zu tun hatte. "Unternehmen wie Yahoo oder AOL wurden zu langsam, als Manager übernahmen, die vor teuren Wetten zurückgeschreckt sind."

Laut Graf würden viele Unternehmen da falsch denken: "Es geht nicht darum, jetzt Strategien gegen Amazon zu entwickeln. Manager sollten überlegen, wie sie ihren Kunden ein bahnbrechendes Erlebnis liefern können und im Zweifel einige Jahre in diese Idee investieren und Verluste in Kauf nehmen."

Andere Wettbewerber sind näher an den Kunden

Es ginge jetzt darum, die zweite Generation der E-Commerce-Nutzer anzusprechen. Amazon sei zwar am Desktop stark. "In Zukunft sind aber sprachgesteuerte Bestellungen oder Lösungen mit Augmented Reality denkbar."

Noch profitiere Amazon davon, dass es einen direkten Zugang zum Kunden habe. "Der darf nicht verloren gehen", so Graf. Er sieht bereits andere Unternehmen, denen es gelingt, noch näher an ihre Kunden heranzukommen. Beispielsweise die Shopping-App Wish, die extrem günstige Kleidung, Elektronik- oder Einrichtungsartikel verkauft. "Mit personalisierten Push-Benachrichtigungen und Mails kontaktiert Wish seine Kunden ganz aggressiv", so Graf. "Und es gelingt, sie zu Käufen zu bewegen, die sie gar nicht geplant hatten." Durch die niedrigen Preise auf Wish würden Kunden auch gar keine Vergleiche mehr herstellen.

Zeitnah glaubt Graf aber nicht, dass Amazon in Probleme geraten könnte: "Es kann noch zehn Jahre lang stark wachsen."

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