
Ranking: Die besten Unternehmens-Websites
Unternehmens-Websites Konzerne verprellen Mobil-Surfer
Hamburg - "Hallo, ich bin Vanessa und das ist mein Team. Übrigens, meine Lieblingsfarbe ist grün! Wie sieht unsere Jobwelt aus?" Untermalt von flotten Synthesizer-Beats und eingerahmt von zwei sehr gut gelaunten Kollegen empfängt eine breit lächelnde Frau die Nutzer einer BASF-Facebook-Seite. Es ist der Start eines Job-Rate-Spiels . Wer mit ein paar Klicks den dreien die richtige Arbeitskleidung verpasst, die passenden Werkzeuge in die Hand drückt und auch noch den Standort errät, kann Preise einheimsen und "ganz nebenbei" mehr über die "vielfältigen Karrierechancen" bei BASF erfahren.
Die Botschaft ist klar: Bei BASF herrscht gute Stimmung. Langweilige Jobs? Nicht bei uns! Das Beispiel ist nur eines von vielen. Bei Helios, der Krankenhaustochter des Gesundheitskonzerns Fresenius, kann man per Online-Spiel ein Krankenhaus nach Art der "Sims" managen. Auf dem Youtube-Kanal von Bayer wird der 40. Geburtstag des Mitarbeiters Karlheinz mit einem Flashmob in der Kantine gefeiert. Und bei Daimler werden Animationen, Texte und Videos zu einer interaktiven Unternehmenshistorie verwoben.
Ellenlange Textwüsten und graue Tabellen waren gestern. Heute praktizieren die Unternehmen Infotainment pur. Auf Kanälen wie Facebook, Youtube oder Twitter sind sie längst vertreten. Schaltzentrale für sämtliche Informationen sind die Internetportale der Unternehmen. Sie sollen als erste Anlaufstelle für Jobsuchende, Investoren oder Journalisten dienen, die mehr über den Konzern erfahren wollen.
Bayer schubst BASF vom Thron
Der hohe Aufwand, den viele Unternehmen betreiben, ist offenbar nicht umsonst. Die Qualität der Webauftritte hat sich laut einer Studie der Unternehmensberatung Net Federation in vielen Bereichen stark verbessert. Für den "Corporate Benchmark" haben die Kölner die Webseiten von 100 großen Unternehmen aus Deutschland unter die Lupe genommen und anhand von 186 Kriterien untersucht. Die Ergebnisse liegen manager magazin online exklusiv vor. So liefern neun von zehn Unternehmen mittlerweile Erläuterungen für ihre Geschäftsberichte. Ebenso viele klären darüber auf, welche Marken zu ihnen gehören. Informationen über das Management sind auf knapp zwei Drittel der Websites schnell auffindbar.
Von den maximal 1000 erreichbaren Punkten erzielt der diesjährige Spitzenreiter Bayer 833. Im Vorjahr waren es noch knapp 100 Punkte weniger. Besonders die opulent aufbereiteten Themenspecials und die übersichtliche Navigation überzeugten die Tester. Silber geht an den Chemiekonzern BASF, der sich damit zwar um einen Platz verschlechtert, aber ebenfalls mehr Punkte einheimst als im vergangenen Jahr. Hier fielen die transparenten Informationen, die Dialogbereitschaft und die große Themenvielfalt den Unternehmensberatern positiv auf. Stark verbessern konnte sich der Webauftritt des Autobauers Daimler, der einen Sprung von Platz zehn auf den dritten Rang hinlegt.
Im Ranking der Branchen liegt der Sektor Chemie hauchdünn vor den Versorgern, Bronze geht an die Pharmaindustrie. Die sehr kundennahen Bereiche Versicherungen und Handel landen dagegen nur auf dem dritt- beziehungsweise vorletzten Platz. "Die Chemiebranche hat aus den Skandalen der vergangenen Jahrzehnte gelernt", sagt Christian Berens, Geschäftsführer der Unternehmensberatung Net Federation. Heute würden die Konzerne sehr umfangreich und transparent kommunizieren.
Die Schwächen der Portale
Die Studie deckt auch einige Schwachstellen auf. Eine der größten: Wer unterwegs mit Smartphone oder Tablet auf den Unternehmens-Webseiten stöbern möchte, schaut meistens in die Röhre. Gerade einmal 17 Prozent der Internetauftritte sind bislang für mobile Endgeräte optimiert. Auch der Auftritt einzelner Unternehmensbereiche scheint in vielen Fällen nicht aufeinander abgestimmt zu sein. "In einigen Konzernen herrscht Silodenken, die Kommunikation ist noch nicht aus einem Guss", sagt Berens. Häufig wird erst bei einem Relaunch der Unternehmens-Website das Zusammenspiel der einzelnen Fachbereiche verbessert.
Die Nutzung von sozialen Netzwerken hat zudem eine neue Ära in der Unternehmenskommunikation eingeläutet. Aus der eindimensionalen Verkündung von Informationen wird - im besten Fall - ein Dialog. "Das verändert die Kommunikationskultur fundamental", erklärt Net-Federations-Chef Berens. Der Einsatz von Kanälen wie Facebook oder Twitter müsse allerdings strategisch verankert sein und zur Unternehmenskommunikation passen. "Der Lernprozess der Unternehmen ist noch längst nicht abgeschlossen", sagt Berens.
Suchmaschinenoptimierung verliert an Stellenwert
Die Unternehmen sind in den sozialen Netzwerken um Professionalität bemüht. Was bis vor Kurzem noch Beschäftigungstherapie für Praktikanten war, wird heute von eigens angeheuerten Social-Media-Managern koordiniert. Blogeinträge schreiben, twittern, auf Facebook-Anfragen reagieren: Hinter dem kumpelhaften Dutzen und der guten Laune verbergen sich immer häufiger bis ins Detail geplante Kommunikationsstrategien.
Obsolet werden die Webseiten der Unternehmen durch den Einsatz der sozialen Netzwerke laut Studie jedoch nicht. "Im Idealfall sind sie eine sinnvolle Ergänzung", sagt Berens. Das ständige Streuen von Informationen über die vielen Kanäle verändert das Suchverhalten der Nutzer - und zwar grundlegend, behaupten die Autoren der Studie. "Immer häufiger finden die Informationen den Nutzer und nicht umgekehrt", sagt Berens. Dadurch verliere die klassische Suchmaschinenoptimierung zusehends an Wert. Die gut gelaunte Vanessa aus dem Karriere-Spiel von BASF kann wohl als exemplarisch gelten.
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