Pay-TV Schlacht um die Bundesliga beginnt

Schaut die ARD bei der Bundesliga bald in die Röhre?
Foto: DPAHamburg - Die Spannung steigt: Bis Donnerstag müssen sich die Interessenten bei der Deutschen Fußball-Liga (DFL) registrieren, um bei dem Auktionsverfahren für die Übertragungsrechte der Bundesliga dabei zu sein. Dann wird die DFL auch den genauen Zeitplan für die Auktion bekannt geben. Es geht um die Lizenzen ab der Saison 2013/2014. Und es geht um viel Geld.
Für Karl-Heinz Rummenigge ist die Sache klar: In absehbarer Zeit müsse Deutschland beim TV-Geld mit Italien mithalten können, gab der Vorstandschef der FC Bayern München Mitte Januar im Interview mit dem Fußball-Magazin "11 Freunde" die Richtung vor.
Bis dahin ist es allerdings noch ein weiter Weg: Bislang erzielte die DFL rund 412 Millionen Euro pro Saison. Zusammen mit den Auslandslizenzen erhielten die 36 deutschen Profi-Vereine aus der ersten und zweiten Bundesliga rund 505 Millionen Euro. Viel zu wenig, wenn es nach Rummenigge geht. In Italien erhalten die Vereine rund 900 Millionen Euro, in Großbritannien sogar rund 1,2 Milliarden Euro pro Saison. Ein Grund dafür ist der relativ schwache Pay-TV-Markt in Deutschland: Bislang gibt es in Deutschland rund sechs Millionen Kunden, die sich auf Sky, Telekom und einige Kabelnetz- und Satellitenbetreiber verteilen.
Deutsche Clubs hinken hinterher.
"Pay-TV hat sich in Deutschland im Vergleich zu den anderen europäischen Ländern nicht wirklich durchsetzen können. Das liegt vor allem an der hohen Qualität des öffentlich-rechtlichen Rundfunks", sagt Professor Horst Schellhaaß von der Universität Köln. Im Vergleich mit anderen Ländern sei die Versorgung mit Fußball im Free-TV sehr gut. "In Frankreich gibt es die Zusammenfassung der Spiele erst am nächsten Tag", sagt Schellhaaß.
Offenbar schrecken viele Zuschauer vor den Kosten zurück: "Die deutschen Zuschauer sind relativ preissensibel. Diese Mentalität bremst den deutschen Pay-TV-Markt aus", sagt Frank Daumann, wissenschaftlicher Leiter des MBA-Studiengangs Sportmanagement der Universität Jena. Die Folge: Die deutschen Clubs können bei den Einnahmen mit Vertretern anderer europäischer Spitzen-Ligen nicht mithalten
Das schlägt sich in der internationalen Wettbewerbsfähigkeit nieder. Während die deutsche Fußball-Nationalmannschaft seit einigen Jahren wieder für Furore sorgt, hinken die deutschen Clubs international hinterher. Der letzte größere internationale Erfolg auf Vereinsebene datiert von 2001, als der FC Bayern München die Champions League gewann. Der letzte Erfolg im Uefa-Cup und der heutigen Euro-League ist sogar noch länger her: In der Saison 1996/1997 gewann der FC Schalke 04 den Europa-Pokal. Internationale Erfolge deutscher Clubs seitdem: Fehlanzeige. Zwar spielen auch andere Faktoren eine Rolle für das schlechte Abschneiden der deutschen Vereine. So sind die finanziellen Anforderungen an die Vereine in der Bundesliga sehr viel strenger als in anderen Ligen, was eine exorbitante Verschuldung von Clubs wie zum Beispiel in Großbritannien verhindert.
Ein Verlust der Sportschau wäre schmerzhaft für die ARD
Dennoch sind sich DFL und die Vereine einig: In dieser Auktionsrunde sollen die Erlöse für die TV-Rechte ordentlich steigen. Die Chancen dafür stehen gut.
"Ich rechne mit einem Erlös von rund 500 Millionen Euro pro Saison", sagt Schellhaaß. Die Einnahmen aus der Auslandsvermarktung würden steigen, und der Wettbewerb um die Sportrechte sei stärker geworden.
Tatsächlich sieht sich Platzhirsch Sky einem mächtigen Gegner gegenüber. Offenbar interessiert sich die Deutsche Telekom für die TV-Rechte via Satellit und Kabel. Bislang überträgt der Konzern die Bundesliga per Internet im Rahmen seines "Liga Total"-Angebots. Rund 150.000 Menschen schauen zu. Beim Telekom-eigenen Satellitenfernsehen "Entertain" sind es dagegen rund 1,5 Millionen Zuschauer. Die Satellitenrechte für die Bundesliga hält allerdings bisher Sky.
Bereits Anfang Januar sagte Telekom-Deutschland-Chef Niek van Damme, dass der Konzern eventuell auch für die Satellitenrechte bieten werde. Und schon im Jahr 2010 hatte Telekom-Chef René Obermann das Ziel angekündigt, in Deutschland Marktführer im Bereich Pay-TV zu werden. "Mit der Telekom ist ein weiterer ernstzunehmender Bieter für die Pay-TV-Rechte dazugekommen. Das wird die Preise nach oben treiben", sagt Schellhaaß.
Frank Daumann von der Universität Jena glaubt, dass sogar noch größeres Potenzial nach oben besteht: "Ich erwarte, dass ab 2013 bis zu 600 Millionen Euro pro Saison gezahlt werden", sagt Daumann.
Das vorläufige Aus für die Sportschau?
Dafür spricht auch, dass die Online-Rechte durch eine Entscheidung des Bundeskartellamts massiv an Attraktivität gewonnen haben. Mitte Januar gab das Bundeskartellamt grünes Licht für die zentrale Vermarktung durch die DFL. Bislang galt der Grundsatz, dass eine "zeitnahe Zusammenfassung" frei zu empfangen sein müsse. Mitte Januar entschied das Bundeskartellamt jedoch, dass diese Zusammenfassung vor 20 Uhr nicht zwingend im Fernsehen gezeigt werden müsse. Alternativ könnten auch Webportale die Spielberichte im Internet übertragen. Das allerdings wäre das vorläufige Ende der Sportschau in der ARD. Für die Zusammenfassung der Spiele ab 18:30 am Samstag zahlt die ARD bislang rund 100 Millionen Euro pro Jahr. Ein Verlust wäre schmerzhaft für den öffentlich-rechtlichen Sender: "Für die ARD ist die Sportschau ein ganz wichtiges Element des Programms. Da geht es um mehr als nur kaufmännische Überlegungen: Die Sportschau ist eine Institution innerhalb der Marke ARD", sagt Schellhaaß.
Die Aussicht auf diese exklusiven Bundesliga-Inhalte ruft eine Reihe von Interessenten auf den Plan. "Natürlich wertet das die Online-Rechte stark auf, wenn die Zusammenfassung vor 20 Uhr nicht zwingend im Free-TV zu sehen ist", sagt Daumann. So sollen nach Medienberichten Yahoo, der Axel-Springer-Konzern oder auch Google Interesse an diesen Nicht-Live-Rechten haben. Noch halten sich die Unternehmen bedeckt. "Wir äußern uns nicht zu derartigen Spekulationen", sagt etwa ein Google-Sprecher.
Auf der anderen Seite garantiert die "Sportschau" eine starke Reichweite, an der auch die DFL interessiert sein muss. In der letzten Saison schalteten durchschnittlich über 5,6 Millionen Menschen die "Sportschau" ein. Es ist fraglich, ob alle diese Zuschauer mit ins Internet umziehen würden. Horst Schellhaaß ist skeptisch: "Die Zahl der Zuschauer wird zurückgehen, wenn die Spiele nicht mehr in der ARD gezeigt werden. Die Zuschauer der ARD sind träge, viele werden nicht wechseln", sagt Schellhaaß. Das wisse auch die DFL. Deshalb werde die Sportschau im Ersten bleiben, aber zu einem höheren Preis: "Es wird sicher teurer für die ARD", sagt Schellhaaß.
Sky rüstet sich für eine teure Schlacht um die Live-Rechte
Auch um die Internet-Live-Rechte sollen sich neben der Telekom andere Unternehmen wie Vodafone oder der spanische Konzern Telefonica interessieren. Auch Sky könnte in den Poker um die Internet-Rechte einsteigen.
Das wichtigste Rechte-Paket sind jedoch die Live-Übertragungen via Satellit und Kabel, für das sich Sky und Telekom interessieren. Nach Medienberichten wollen auch der Satellitenbetreiber Eutelsat und KF 15, die Firma des verstorbenen Medienunternehmers Leo Kirch, Offerten abgeben.
Bislang zahlt Sky rund 250 Millionen Euro pro Saison für die Bundesliga-Rechte. Diese exklusiven Inhalte sind von enormer Bedeutung für das Unternehmen. 2011 hat Sky fast 359.000 neue Kunden gewonnen und den Umsatz um 17 Prozent auf rund 1,14 Milliarden Euro gesteigert. Mittlerweile haben sich über drei Millionen Kunden für das Bezahlfernsehen entschieden.
Ein Grund für diesen Aufschwung ist auch der Boom bei HD-fähigen Fernsehgeräten: "Wer viel Geld in HD-Equipment investiert, will auch HD-Inhalte konsumieren. Davon hat Sky sicher profitiert. HD-Inhalte kosten dort 10 Euro mehr pro Monat, Sky erzielt nun einen größeren Umsatz pro Zuschauer", sagt Sonia Rabussier, Analystin bei der Commerzbank. Weitere Gründe für den Aufschwung sei die Möglichkeit des zeitversetzten Fernsehens. Auch habe Sky es geschafft, die Zahl der Schwarzseher zu reduzieren. Ebenfalls sei die Zahl der Kündigungen rückläufig, sagt Rabussier.
Ein Verlust der Live-Rechte wäre eine Katastrophe für Sky
Geld verdient Sky trotzdem nicht: Im vergangenen Jahr verbuchte das Unternehmen einen operativen Verlust von 155 Millionen Euro. Zwar erwarten die Analysten der Commerzbank für 2013 ein positives operatives Ergebnis. "Aber Sky Deutschland ist noch weit davon entfernt, ein finanziell erfolgreiches Unternehmen zu sein", sagt Analystin Rabussier.
Offenbar rüstet sich Sky für eine teure Schlacht um die Live-Rechte. Erst Anfang Februar teilte das Unternehmen mit, dass der australisch-amerikanische Medienmogul Rupert Murdoch zusätzliche 300 Millionen Euro in den Sender investiere. Damit hat Murdoch bislang 1,3 Milliarden Euro in Sky gesteckt. Das ist zuviel, um nun einem anderen Unternehmen die wichtigen Fußball-Rechte zu überlassen. Ein Verlust wäre "eine Katastrophe" für Sky, meint Sonia Rabussier. Murdoch könne sich einen Verlust dieser Übertragungsrechte nicht leisten: "Natürlich weiß das Management von Sky, wie wichtig diese Rechte sind", sagt Rabussier. Sky könne nicht damit punkten, viele verschiedene Sender anzubieten. "Sie müssen auf exklusive Inhalte in HD-Qualität setzen", sagt die Analystin.
Doch auch die Telekom wird voraussichtlich einiges in die Waagschale werfen: "Die Telekom ist in einer ähnlichen Situation wie RTL in den späten 1980er Jahren", sagt Horst Schellhaaß. Das Unternehmen brauche die Bundesliga, um Reputation im Pay-TV-Bereich aufzubauen. "Deshalb wird die Telekom bereit sein, einen höheren Preis zu zahlen als sie durch die Vermarktung der Sportrechte erlösen kann", sagt Schellhaaß.
Das Rennen um die Live-Rechte verspricht also einiges an Spannung. Sicher ist eines: Die Einnahmen der deutschen Profi-Clubs werden steigen, zur Freude von Bayern-Chef Rummenigge und anderer Vertreter der Vereine. Will Sky die Übertragungsrechte behalten, wird es bis an die finanzielle Schmerzgrenze gehen müssen. Das könne einen Zuschlag von bis zu 50 Prozent für Sky bedeuten, sagt Analystin Rabussier. Klar sei, dass sich die Konkurrenzsituation deutlich verschärft habe: "Sky wird definitiv einen höheren Preis zahlen müssen."