Interaktives Fernsehen Unterhaltungsindustrie umwirbt Stubenhocker

Passt nur in geräumige Wohnzimmer: LG präsentierte auf der CES einen extragroßen Smart-TV.
Foto: Ethan Miller/ AFPHamburg - Nachdem im E-Commerce die Möglichkeiten scheinbar ausgenutzt sind, im M-Commerce die mobilen Angebote mit Millionen von Apps bereits voll auf dem Weg sind, steht mit dem T-Commerce vielleicht die nächste große Spielwiese für das E-Business in den Startlöchern. Das kann man zumindest vermuten, wenn man die Berichterstattung zum interaktiven Fernsehen (ITV) der Consumer Electronics Show (CES) 2012 in Las Vegas verfolgt. Nach Smartphones und Tablets scheint die IT-Community ein neues Lieblingsthema zu haben - Smart TVs. Und es ist nicht nur ein neues Elektronikspielzeug, sondern kann analog zum Smartphone eine neue Plattform mit und für T-Apps werden.
Mit der Einführung von Smartphones und insbesondere dem iPhone von Apple wurde eine Plattform für einen milliardenschweren mobilen Markt geschaffen, an dessen Spitze das Unternehmen mit dem Apfel auch direkt seinen App Store implementierte und somit den Zugang zu Millionen von Apps schaffte. Unternehmen und Gründer nutzen seit dem die Möglichkeit, bekannte und neue Geschäftsmodell mit einem sogennanten "situativen Nutzen" zu versehen, bei dem insbesondere der mobile Zugriff an einem bestimmten Ort als Location-based Service adressiert wird.
Damit kamen drei Dinge zusammen: Der schnelle Zugang über UMTS (3G), das passende Endgerät mit einfacher Bedienbarkeit und die Applikationen über die mobile Dienstleistungen abgerufen werden können.
Dieser Dreiklang scheint sich nun auch für das gute, alte Fernsehen anzubahnen. Denn auch hier bieten digitale Datenkanäle inzwischen die notwendige Geschwindigkeit und Qualität, die Fernsehgeräte werden selbst oder mit Hilfe von Set-Top-Boxen interaktiv und demnächst starten die ersten App-Plattformen für das Fernsehen.
Andere Apps nötig
Auch wenn noch nicht alle Fragen der Interaktivität und der digitalen Rückkanäle technisch abschließend geklärt sind, so scheint sich Samsung mit seinem Smart TV schon zu positionieren. Allerdings ist hier noch bei weitem nicht entschieden, wer das Rennen macht. Sind es die Fernsehhersteller, die Kabelnetzbetreiber, die Fernsehsender, die Hersteller von Spielkonsolen oder IT-Medienplayer, wobei Apple mit seinem Apple-TV [http://www.manager-magazin.de/unternehmen/it/0,2828,805974,00.html] schon wieder ein Vorreiter werden könnte, sofern hier die Apps in naher Zukunft integriert werden.
Anders als bei den mobilen Apps, müssten die T-Apps allerdings anders gestaltet werden. Die Umgebungssituation ist eine andere: Mann bzw. Frau ist nicht aktiv unterwegs (lean forward), sondern sitzt entspannt auf dem heimischen Sofa (lean back), was einer völlig anderen Erwartungshaltung des Users entspricht. T-Commerce kann ferner nur dann eine Chance haben, wenn es sich vom E-Commerce insofern unterscheidet, als das die T-Apps mehr oder weniger direkt mit dem laufenden Fernsehprogramm verbunden werden. Ansonsten könnte man ja auch mit aufgeklappten Laptop oder einem Tablet-PC vor dem TV sitzen.
Drei Szenarien für das T-Commerce
1. T-Commerce zur Fernsehsendung
Während der Betrachtung einer Sendung (Fernsehfilm, Magazin, Nachrichten usw.) ergibt sich ein Kauf- oder Informationsimpuls für ein bewusst (Product Placement) oder unbewusst (Product Usement) gezeigtes Produkt oder Thema. Über eine entsprechende Markierung oder Klick auf das Produkt wandert dieses in den Telewarenkorb und kann anschließend bestellt werden oder weitere Informationen können abgerufen werden.
2. T-Commerce über Advertisement
Während der Betrachtung der Werbespots ergibt sich ein Kaufimpuls und über einen direkten Klick öffnet sich eine Produktinformationsseite mit einer direkten Bestellmöglichkeit. Mit einer Anbindung von Social-Media Netzwerken könnten einzelne Produkte mit Empfehlungen des persönlichen Netzwerkes erweitert werden.
3. T-Commerce über Apps
Analog zu den Smartphones können über einen angeschlossenen App-Store spezielle Applikationen aus den Bereichen Nachrichten, Sport, Wetter, Spiele usw. auf dem App-Bildschirm hinterlegt und abgerufen werden.
Weitere interaktive TV-Angebote zum Film oder Spiel on demand sind bereits bekannt und werden weiterhin angeboten oder genutzt oder es können auch neue T-Circles zur gemeinsamen Betrachtung von Fernsehserien im Social-Media-Verfahren entstehen (Postings, Einladungen, Videochats usw). Es wird auf die Kombination aus Freizeit, Entspannung und Medienkanal ankommen, ob und inwieweit sich T-Commerce durchsetzen wird. Dennoch fangen die ersten Überlegungen zu einem zugehörigen Leisure Commerce auch bei deutschen Konsumunternehmen bereits an und auch die ersten Gründer scharren schon mit den Hufen, um sich die dritte Plattform der Net Economy zu erobern.
Eins scheint jedenfalls sicher: Das Themenfeld ITV wird hart umkämpft werden, denn der Fernseher bildet in vielen Haushalten immer noch das Zentrum des Wohnzimmers und ist damit Teil des alltäglichen Lebens. Und eben diesen Schauplatz wollen jetzt Hard- und Softwareanbieter wie Samsung, Nintendo, Sony, Microsoft, Apple & Co. für sich gewinnen. Und auch zahlreiche Gründer werden mitmischen wollen. Ein spannender Wettlauf in die Wohnzimmer der Konsumenten hat begonnen…