Deutsche Telekom Obermanns Griechenland-Problem

Griechische Telefongesellschaft OTE: Starke Gewerkschaften verhindern dringend notwendige Sparmaßnahmen
Foto: ? Yiorgos Karahalis / Reuters/ REUTERSHamburg - Die Deutsche Telekom bekommt derzeit alle Probleme des griechischen Staats- und Wirtschaftswesens zu spüren. Die massive Konjunkturkrise hält viele Bürger davon ab, teure Internet- oder Mobilfunkverträge abzuschließen. Umsatz und Gewinn der Griechenland-Tochter OTE schmelzen gefährlich dahin. Überhöhte Personalkosten, die deutlich oberhalb des europäischen Durchschnitts liegen, belasten die Marge zusätzlich.
manager magazin analysiert in seiner aktuellen Ausgabe (Erscheinungstermin: 22. Juli) das Griechenland-Dilemma der Telekom: Starke Gewerkschaften verhindern dringend notwendige Sparmaßnahmen.
Ein umfassender Stellenabbau wäre bislang auch rechtlich nicht möglich: Der Personalstab besteht zum großen Teil aus unkündbaren ehemaligen Beamten. Um richtig durchgreifen zu können, bräuchte die Telekom die Unterstützung der griechischen Regierung.
Telekom-Chef René Obermann versucht nun, die Staatsvertreter in Athen zu umfassenden Reformen zu bewegen. Der Bonner Konzern drängt nicht nur auf Änderungen im Arbeitsrecht, sondern auch auf Zugeständnisse bei der Regulierung. Denn die übermächtige griechische Regulierungsbehörde erschwert notwendige Investitionen in moderne Netze und neue Produkte erheblich.
Für Obermann steht einiges auf dem Spiel. Der Einstieg in Griechenland im Frühjahr 2008 war ursprünglich verbunden mit einem ehrgeizigen Expansionsplan: Über die Tochtergesellschaften der OTE, unter anderem in Rumänien, Bulgarien und Albanien, wollte die Telekom ein ganzes Osteuropa-Imperium aufbauen. Da die OTE nun dringend sparen muss, ist von weiteren Zukäufen keine Rede mehr. Mit der Schwäche der Griechenland-Tochter und ihrer Landesgesellschaften gerät nun Obermanns gesamter Wachstumsplan in Gefahr.
Seine ursprüngliche Strategie, Wachstumsverluste im Inland durch Neugeschäft im Ausland auszugleichen, geht offensichtlich nicht mehr auf: Auch der langjährige Umsatzbringer T-Mobile USA hat erhebliche Probleme und soll an AT&T verkauft werden. Und die Pläne, in neuen Bereichen wie mobiles Internet, E-Health oder smarte Stromnetze zu wachsen ("Strategie 2.0"), stoßen auf geteiltes Echo: Die Telekom setze zwar auf die richtigen Themen, sagen Manager in Bonn. Doch die massive Schrumpfung des Kerngeschäfts ließe sich damit langfristig wohl kaum kompensieren.
Die Lage der Telekom ist kompliziert, aber nicht ausweglos. Obermann hat mehrere Maßnahmen ergriffen, um den angeschlagenen Konzern wieder zu stärken.
- Kurzfristig will Obermann konzernweit die Kosten reduzieren, um die Gewinnmargen zu verteidigen. Der Personalaufwand soll beispielsweise weiter sinken.
- Mittelfristig arbeitet er an neuen Geschäftsmodellen. Das Internet zum Einheitspreis soll abgeschafft werden. Darauf hoffen auch Konkurrenten wie Vodafone oder Telefónica. Der Plan: Wer riesige Datenmengen in hoher Qualität abschicken oder empfangen will, etwa in Form von Kinofilmen oder Videokonferenzen, soll auch extra dafür bezahlen. Damit könnten Telekom & Co. endlich vom wachsenden Datenverkehr profitieren, der durch ihre Netze fließt. Bislang profitieren davon in erster Linie Inhalte-Anbieter wie Google oder Apple.
- In Griechenland hofft der Telekom-Chef auf einen Deal. Als Gegenleistung für radikale Reformen könnten die Bonner dem griechischen Staat weitere OTE-Anteile abkaufen. Denn die Regierung will nationale Besitztümer im Wert von insgesamt 50 Milliarden Euro losschlagen - und ist dabei auch auf die Hilfe der Telekom angewiesen.
Schnelle Erfolge sind allerdings nicht zu erwarten - vor allem in Griechenland. Mit großer Mühe hat Premierminister Georgios Papandreou das Parlament von seinem Sparpaket überzeugt. Ob ihm auch weitere Reformen gelingen, ist fraglich. Die griechische Gewerkschaft verweigert dem Großaktionär aus Deutschland indessen weiterhin die Kooperation: Auf der OTE-Hauptversammlung Ende Juni kündigte sie weitere Streiks an.