Google ausgestochen
Microsoft sichert sich Nortel-Patentschatz
Google hat das Rennen um den Patentschatz des Telekomausrüsters Nortel verloren. Ein Konsortium um Apple, Microsoft und Sony setzte sich mit einem Milliardengebot durch. Der Google-Konzern wollte mit den Rechten sein Mobilfunksystem Android vor Klagen schützen.
Nortel-Patente: Bei den rund 6000 Patenten geht es um Technologien für Mobilfunk und WLan, aber auch für die Internetsuche oder Onlinenetzwerke
Foto: MATTHIAS RIETSCHEL/ ASSOCIATED PRESS
New York - Das kostbare Patentarsenal des insolventen Telekomausrüsters Nortel geht an eine Gruppe aus sechs großen Konzernen um Apple, Microsoft und Sony. Das Konsortium sicherte sich den Zuschlag bei einer Auktion mit einem Gebot von 4,5 Milliarden Dollar, wie das kanadische Unternehmen mitteilte.
Der frühe Interessent
Google ging damit leer aus. Weitere Mitglieder des erfolgreichen Konsortiums sind der schwedische Netzwerkausrüster
Ericsson, der Blackberry-Anbieter Research in Motion
(RIM) und der Speicherspezialist EMC. Nach eigenen Angaben erwarb RIM Patente für 770 Millionen Dollar, Ericsson zahlte 340 Millionen Dollar.
Das Nortel-Paket gilt als eine Schatztruhe. Bei den rund 6000 Patenten und Patentanträgen geht es um wichtige Technologien für Mobilfunk und WLan, aber auch für die Internetsuche oder Onlinenetzwerke. Einige Patente betreffen auch den nächsten schnellen Datenfunkstandard LTE. Dem Deal muss noch der für Nortel zuständige Insolvenzrichter zustimmen. Ein Abschluss wird für das dritte Quartal erwartet.
Nortel war früher der Liebling der kanadischen Technologiebranche und beschäftigte zu Hochzeiten rund 90.000 Mitarbeitern bei einer Marktkapitalisierung von mehr als 250 Milliarden Dollar. Der Konzern ging Anfang 2009 pleite und verkauft seither nach und nach seine Vermögenswerte.
Google hätte die Patente dringend gebraucht
Der Google-Konzern war sehr interessiert an den Patenten. Sein Mobilfunkbetriebssystem Android steht aktuell im Visier vieler Patentklagen. Das Nortel-Paket hätte Google helfen können, Verhandlungsmasse aufzubauen. Der Internetkonzern hatte schon frühzeitig ein Gebot von 900 Millionen Dollar abgegeben. Die US-Wettbewerbshüter hatten Google auch bereits grünes Licht für den Kauf der Patente gegeben.
"Kein anderer großer Player der Branche benötigt Patente so dringend wie Google", erklärt der deutsche Patentexperte Florian Müller, der die Streitigkeiten in der Mobilfunkindustrie beobachtet. "Um Android gibt es bereits 45 Patentklagen und Hersteller von Geräten auf Basis des Betriebssystems müssen an dutzende Rechteinhaber zahlen." Google hätte zwar auch mit den Nortel-Patenten das Problem nicht auf einen Schlag lösen können - aber eine viel bessere Verhandlungsposition bekommen, so Müller. Der Preis bei der Auktion schoss nach seiner Einschätzung in die Höhe, weil es den Bietern nicht nur darum ging, die Patente zu bekommen, sondern auch darum, sie von anderen fernzuhalten.
Informationen über eine Branchenfront gegen Google waren in US-Medien schon vor einiger Zeit aufgetaucht.
Microsoft,
Nokia,
Hewlett-Packard sowie die amerikanischen Telekomkonzerne AT&T und
Verizon hatten demnach Einwände gegen einen Verkauf an Google vorgebracht. Zugleich mussten die Technologiekonzerne befürchten, dass Finanzinvestoren sich die Patente greifen, um sie dann zur Kasse zu bitten.
Die Konkurrenten im hart umkämpften Smartphonemarkt überziehen sich zuletzt immer häufiger mit Patentklagen. So werfen sich
aktuell Apple und Samsung gegenseitig Ideenklau vor. Erst kürzlich beendeten Apple und Nokia einen jahrelangen Streit. Besonders häufig wird aber Android angegriffen - und Google kann als Neueinsteiger im Mobilfunkgeschäft nicht auf ein eigenes großes Patentarsenal bauen, um einen Deal auszuhandeln oder zurückzuklagen.