Onlinehandel An der Grenze ist Schluss

Das World Wide Web kennt keine Grenzen, der Onlinehandel aber schon. Nach einer Untersuchung der Europäischen Kommission sind nur 39 Prozent aller grenzüberschreitenden Kaufversuche innerhalb der Europäischen Union erfolgreich. Die Bundesbürger hätten unter dem Strich noch mit die besten Kaufmöglichkeiten im Internet.

Brüssel - Verbraucher scheitern beim Online-Shopping innerhalb der Europäischen Union (EU) meist an den Landesgrenzen. Nur 39 Prozent aller grenzüberschreitenden Kaufversuche sind erfolgreich. Zu diesem ernüchternden Ergebnis kommt eine Studie der Europäischen Kommission. Das sorge "für viel Frust bei den europäischen Bürgern, die Besseres verdient haben", sagte Verbraucherschutzkommissarin Meglena Kuneva. In den meisten Fällen hätten Onlinehändler entweder gar nicht in das gewünschte Land geliefert oder keine angemessene Form der grenzüberschreitenden Bezahlung angeboten.

"Europa kann es sich nicht erlauben, den Zug des Internethandels zu verpassen", sagte Kuneva bei der Vorstellung der Testergebnisse. Zwischen 2006 und 2008 sei der Anteil der Onlinekäufer von 27 auf 33 Prozent der EU-Bevölkerung gestiegen. Der grenzübergreifende Handel habe in dieser Zeit aber stagniert. Dabei könnten Verbraucher bei Käufen im Ausland Geld sparen und von einer größeren Auswahl profitieren.

Laut der Studie haben Internetkäufer aus Deutschland durchschnittlich viele Probleme beim Handel über EU-Grenzen hinweg. Demnach scheiterten mehr als 60 Prozent aller Versuche, in einem Onlineshop eines anderen EU-Staates einzukaufen. Am schwierigsten haben es allerdings die Bürger der beiden jüngsten EU-Mitgliedsstaaten, Rumänien und Bulgarien. Drei Viertel aller Kaufversuche aus diesen Ländern blieben erfolglos. Für die Studie wurden den Angaben zufolge 100 beliebte Produkte ausgewählt und rund 11.000 Test-Bestellungen ausgeführt.

Kuneva kritisierte, dass im Onlinehandel viele Chancen für Verbraucher ungenutzt blieben. In mehr als der Hälfte der Mitgliedsstaaten hätten Kunden 50 Prozent der getesteten Produkte im Ausland um ein Zehntel billiger kaufen können. Viele Produkte waren demnach gerade in kleineren Staaten nicht oder nur deutlich teurer zu haben.

Verbraucherschutzkommissarin fordert einfachere Regeln

So konnten Verbraucher aus Portugal laut der Studie in mehr als vier von fünf Fällen ein Produkt günstiger im Ausland finden als auf dem heimischen Onlinemarkt. Die höheren Kosten für den Versand waren dabei bereits enthalten. Das Angebot in Deutschland schnitt vergleichsweise gut ab. Dennoch war mehr als ein Drittel der getesteten Waren im Ausland billiger, ein Viertel sogar um mehr als 10 Prozent.

Beim Umfang des Angebots liegt Deutschland im EU-Vergleich hinter Großbritannien an zweiter Stelle. Weniger als 10 Prozent der Testprodukte konnten nicht auf dem heimischen Onlinemarkt, sondern nur im Ausland gefunden werden. Am schlechtesten schnitten in dieser Kategorie die kleinen Staaten Zypern und Malta ab. Dort konnten fast alle Waren nur im Ausland gefunden werden.

Die Verbraucherschutzkommissarin forderte, die Regeln des Onlinehandels in den einzelnen Mitgliedsstaaten einfacher und einheitlicher zu gestalten. Viele Händler hielten es noch für zu aufwendig oder unsicher, Kunden aus anderen EU-Ländern anzunehmen. "Am Ende dreht sich alles um Vertrauen", sagte Kuneva.

Sprachbarrieren sind der Studie zufolge nicht das hauptsächliche Problem: Drei Fünftel der Händler seien in der Lage, Geschäfte in mehr als einer Sprache abzuwickeln. An vorderster Stelle nannte Kuneva die Einführung einheitlicher Rechte für Verbraucher. Außerdem müssten illegale Praktiken stärker über Grenzen hinweg verfolgt werden. Als drittes forderte die Kommissarin einfache Regeln für Einzelhändler. Derzeit gebe es noch zu viele unterschiedliche Vorschriften über Steuern, Recycling und Urheberrechtsabgaben.

Philipp Heinz, ap

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