"Was würde Google tun?" Google-Wein krempelt Einzelhandel um
Lassen Sie uns einen Händler besuchen, der aus seiner Lektion gelernt hat und der darauf brennt, noch mehr auszuprobieren. Gary Vaynerchuk, Weinhändler aus Springfield, New Jersey, platzte 2006 mit einem täglichen Videoblog ins Internet.
Legen Sie dieses Buch einen Moment beiseite - nur einen Moment lang -, besuchen Sie Winelibrary.tv und sehen Sie sich eine seiner Sendungen an. Richten Sie sich darauf ein, von der Druckwelle eines Düsenjets an Persönlichkeit und Begeisterung in Ihren Sessel gepresst zu werden. Vaynerchuk entspricht kaum dem Bild eines Weinkenners beim Gaumentest. Er könnte ebenso gut Pferdewetten annehmen oder sein Lieblings-Footballteam anfeuern (die New York Jets). Er ist ein netter Kerl, einer aus dem Volk, und genau dafür steht er. Er demokratisiert Wein.
Mit seinem Vater, einem russischen Einwanderer, und dem Rest der Familie betrieb Vaynerchuk bereits erfolgreich eine Weinhandlung, bevor er seinen Videoblog startete. Sie bauten das Gebäude zu einem stattlichen, zweistöckigen Geschäftslokal um - einer Art Bibliothek aus Flaschen - und steigerten innerhalb weniger Jahre die Einnahmen von vier Millionen auf 60 Millionen Dollar jährlich. Das "Wall Street Journal" brachte 2006 ein Porträt über Vaynerchuk. Ich kaufte bereits lange meinen Wein bei ihm, aber kennen gelernt habe ich ihn erst online.
Sein Videoblog machte ihn zum Star. 80.000 Leute sehen sich täglich seine Sendung an - gar nicht schlecht für einen Typen, der sich 20 Minuten lang lautstark über Wein auslässt und jedes kleine Schlückchen in einen Eimer der New York Jets spuckt. Seine Begeisterung ist ansteckend, deshalb verbreiten seine Fans sie weiter. Eines Tages, mitten in einer Sendung, erwähnte er, dass er in seinem Geschäft ein Event für seine Onlinecommunity veranstalten wolle. Es kamen dreihundert "Vayniaks", wie er sie nennt, einige waren sogar aus Kalifornien und Florida eingeflogen.
Vaynerchuk kam ins große Fernsehen, was er dem Internet verdankt. Er trat in Late Night with Conan O'Brien auf, in der Ellen Degeneres Show und in Mad Money auf CNBC bei Jim Cramer, einem Moderator, der ebenso temperamentvoll ist wie er selbst. Er wurde engagiert, um Vorträge zu halten. Ich habe eingangs von ihm berichtet, wie er über Twitter eine Blitzparty während einer großen Konferenz in Austin veranstaltete. Auf der Konferenz hielt er eine Rede an der Seite seines Hollywood-Agenten.
"Content, Baby, um in den Suchergebnissen aufzusteigen"
Dann schrieb er ein Buch, "101 Wines Guaranteed to Inspire, Delight, and Bring Thunder to Your World". Als es im Handel erhältlich war, kletterte es dank seiner Fans auf Platz 36 der Amazon-Bestsellerliste. Vaynerchuk startete ein Projekt zur Kreation eines kooperativen Weins - Vayniac Cabernet 2007 -, der nach Vorgaben seiner Community entstand, die sogar beim Stampfen der Trauben behilflich war. (Ich habe einige Flaschen bestellt. Sie werden erst geliefert, wenn dieses Buch bereits erschienen ist, also werde ich Sie auf meinem Blog wissen lassen, wie der Wein ist.) Vaynerchuk hat verstanden, dass er seiner Community eine Plattform zur Verfügung stellen musste - ein Baseballfeld, wie er es nannte -, damit die Leute bei ihm mitspielen können.
Vaynerchuk erzählte mir, er sei nicht zum Star im Internet geworden, um einfach nur Wein zu verkaufen. Er wolle etwas Größeres aufbauen. Er investiere in die "Marke Gary Vaynerchuk ". Aus diesem Grund beschloss er, seine Weinsendungen täglich auszustrahlen: "Content, Baby, um in den Suchergebnissen aufzusteigen." Jeder braucht "Vin de Googlejus". Je mehr von ihm online erscheint, desto häufiger wird er ausfindig gemacht.
Er ist seine eigene Werbung. Die wichtigsten Faktoren für Erfolg im Einzelhandel waren bisher: die Lage, die Lage, die Lage. Jetzt aber sind es Links, Google, Google-Elixier. Ich gab bei Google den Suchbegriff "Wein" ein, und Vaynerchuk erschien auf der ersten Seite, nur ein einziger Weinhändler lag vor ihm, Wine.com, wo man Millionen ausgegeben hat, um die Marke aufzubauen und online zu positionieren. Ich gab "Wine TV" ein, und Vaynerchuks Sendung erschien direkt als erste, sie führte die Liste an (wo bleibt das Food-Netzwerk?).
In dieser gigantischen Industrie ist das schlicht unglaublich. Sein Markenname und seine Position beruhen nicht auf Marketing-Dollars (auch wenn sein Videoblog der einzige ist, für den ich jemals ein Werbeplakat am Straßenrand in New Jersey gesehen habe). Sie beruhen auf seiner Persönlichkeit, seinem Enthusiasmus und seinen Beziehungen innerhalb einer Maschinerie aus Internetverbindungen.
Vaynerchuk hat eine Mission. "Ich will die Art und Weise, in der die Menschen sich mit Wein beschäftigen, verändern und verändern, wie man Geschäfte macht", sagte er mir. In Cramers Sendung "Mad Money" machte Vaynerchuk sich über Wein- und Spirituosenkonzerne lustig, weil sie nicht kommunikativ seien. Sie verhielten sich wie der Monolith Coca-Cola und nicht wie lebendige Marken, etwa Red Bull, die groß wurden, indem sie ihre Kunden kommunizieren ließen.
"Kommunikative Geschäfte sind die Zukunft unserer Gesellschaft"
Vaynerchuks Message lautet: "Kommunikative Geschäfte sind die Zukunft unserer Gesellschaft." Ich hielt Vaynerchuk vor, dass ich einiges mehr von seinem Laden erwarte, um ihn wirklich googelig zu finden. Wenn ich dort einkaufte, würde ich gern auf das Wissen seiner begeisterten Anhänger zurückgreifen und mir von ihnen Weine empfehlen lassen.
Wein, sagt Vaynerchuk, hat immer damit zu tun, etwas Neues auszuprobieren. Bei meinem letzten Einkauf stieß ich auf einen Gavi di Gavi. Ich konnte mich nicht mehr daran erinnern, was Vaynerchuk in seiner Sendung über diese Rebsorte gesagt hatte. Ich fragte einen seiner Mitarbeiter, der sagte, der Wein sei fruchtig, aber dennoch trocken, und er könne ihn empfehlen. Das war hilfreich. Aber ich kenne weder den Mann noch dessen Geschmack.
Ich hätte lieber mein iPhone herausgeholt und ein paar gespeicherte Nummern gewählt, um an die Bewertungen von Vaynerchuk selbst und seinen Vayniaks zu kommen. Ich hätte ihren Geschmack beurteilen können, indem ich mir angesehen hätte, welche Weine ihnen außerdem zusagten. So wäre mir die Entscheidung leichter gefallen, 18 Dollar für eine Flasche Wein auszugeben. Wenn ich in einen Weinladen der Konkurrenz gehe, der keinen der Weine führt, die von den Vayniaks empfohlen werden, führt das dazu, dass ich den Wein über Vaynerchuks wachsenden Mail-Order-Service bestelle. Seine Kunden sind seine Mitarbeiter.
Ein Einzelhandelsgeschäft schafft Werte durch das Wissen seiner Kunden. Das ist ein Aktivposten, der bisher noch zu wenig berücksichtigt wurde. Ein Geschäft muss Wege finden, diesen Wert zu erfassen, zu teilen und zu nutzen.
Nachdem ich bezahlt habe, hätte ich gern einen Ausdruck über das, was ich gekauft habe, mit Anmerkungen zu jedem Wein. Dann könnte ich den passenden Wein zum Essen wählen und die Informationen mit meinen Gästen teilen. Ich hätte gern eine Aufstellung meiner Einkäufe. Dann könnte ich mich im Internet bei der Community einloggen, die Vaynerchuk übernommen hat, Cork'd (unter Corkd.com). Dort könnte ich die Bewertungen anderer Mitglieder lesen und eine eigene Beurteilung abgeben.
Vaynerchuk stimmte mir zu, hatte aber einen Einwand. Er habe bereits versucht, den Leuten Karten auszustellen, auf denen ihre Einkäufe verzeichnet waren. Die Kunden aber dachten, die Karten seien lediglich dazu gedacht, einen höheren Rabatt zu erhalten, und nicht dazu, Content und eine Community aufzubauen. Damals habe es nicht funktioniert, aber jetzt sei es vielleicht möglich. Im Internet, so habe ich gelernt, funktioniert eine Idee manchmal deshalb nicht, weil sie einfach zu früh ausprobiert wurde.
Die Rettung der Geschäfte besteht in ihren Kunden
Ich fände es großartig, wenn die Kunden Vaynerchuk sagen könnten, was er einkaufen soll. Wie die Küchenchefin in ihrer Küche, ist er nach wie vor der Boss in seinem Weinkeller.
Aber mich würde interessieren, ob es eine kritische Masse an Vayniaks gibt, die sagen: "Das reicht jetzt mit den Weinen von Shiraz" oder "Merlot hat Pinot den Rang abgelaufen". Vielleicht würden wir ihn beauftragen, einen Wein aufzustöbern: einen guten österreichischen Dessertwein für unter 20 Dollar.
Er könnte sich daraufhin an uns wenden und sich erkundigen, ob genug von uns bereit wären, diesen Wein zu kaufen, damit sein Einsatz sich auch lohnt. Die Warenbeschaffung könnte kooperativ gestaltet werden.
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Durch das Internet suche ich nicht mehr so oft Geschäfte auf. Ich kann mich gar nicht mehr daran erinnern, wann ich zum letzten Mal in einem Kaufhaus gewesen bin. Das Einkaufszentrum, in dem ich mich früher öfter umgesehen habe, finde ich uninteressant. Wal-Mart ist so groß, dass es mir schon Angst macht. Ich gehe noch gern in Apple-Stores, aber in erster Linie deshalb, weil man dort immer etwas lernen kann, Neuheiten ausprobieren kann und sich die Gelegenheit bietet, einen gleichgesinnten Apple-Fan um Rat zu fragen.
Geschäfte sind mir zu langweilig geworden. Alle bieten die gleiche Ware an und haben viel weniger Auswahl, als mir im Internet zur Verfügung steht. Sie halten weniger Lagerbestand bereit und sind immer öfter ausverkauft. Sie verlangen höhere Preise als die, die man mir im Internet einräumt. Verkäufer geben weniger Informationen zu Produkten, als ich mir über Google und gleichgesinnte Kunden selbst beschaffen kann. Außerdem muss ich erst zu einem Geschäft fahren und das kostet zunehmend Benzin und Zeit.
Die Rettung der Geschäfte besteht in ihren Kunden. Einzelhändler sollten das Internet nicht als Konkurrenz betrachten, sondern sich ein Beispiel an Vaynerchuk nehmen und es als Plattform nutzen. Geben Sie Ihren Kunden die Chance, Ihnen dabei behilflich zu sein, sich von der Masse abzuheben. Warum sollte ich in Ihr Schuhgeschäft, Ihren Autohandel oder Ihren Weinladen kommen, um exakt die gleiche Ware zu kaufen, die ich bei tausend anderen Läden oder Websites ebenso gut wie bei Ihnen erhalte? Der Preis wird mich nicht mehr zu Ihnen locken. Guter Service? Sollte man meinen. Informationen? Darin habe ich mehr Vertrauen, wenn sie von der Gemeinschaft der Käufer kommen. Wie können Sie sich mit dieser Community verbinden?
Wie - um Zuckerbergs Gesetz anzuwenden - können Sie der Community dabei helfen, sich zu organisieren? Wie - um Vaynerchuks Gesetz anzuwenden - können Sie ein Baseballfeld einrichten, auf dem die Mitglieder der Community spielen möchten? Krempeln Sie den Laden um und bauen Sie ihn eher rings um die Menschen als um die Produkte herum auf. Ihre Kunden stehen für Ihren Markennamen.
Ihre Firma ist das Unternehmen, das ihn bewahrt.
In Bildern: Eine kleine Google-Geschichte