Markenrecht Der Ton macht die Musik
Hamburg - Wer kennt sie nicht, die Werbemelodie einer Münchener Kaffeerösterei? Das Unternehmen hat das Stück im vergangenen Jahr auch als Marke angemeldet. Somit genießt es nun europaweiten Schutz. Die bei dem Europäischen Markenamt im öffentlichen Register hinterlegte Wiedergabe der Marke sieht wie folgt aus:

Werbemelodie für Dallmayr Prodomo
Der Feinkosthersteller Dallmayr, der hinter der Melodie steckt, sichert sich damit in mehrfacher Hinsicht gegen eine feindliche Übernahme seiner Erkennungsmelodie ab. Denn bereits vor der Eintragung als Marke bestand Urheberrechtschutz an der Melodie. Dadurch ist es untersagt, das Stück ohne die Zustimmung des Unternehmens zu verwenden.
Zudem ist im deutschen Rechtssystem die Ansicht verankert, dass Mitbewerbern die Verwendung schon aus wettbewerbsrechtlichen Gründen unter dem Gesichtspunkt des Leistungsschutzes untersagt werden kann.
Hintergrund hierfür ist die Annahme, dass die Verankerung der Werbemelodie in den Köpfen der Verbraucher mit einem erheblichen wirtschaftlichen Aufwand verbunden war. Es hat schlicht viele Millionen Euro gekostet, den pawlowschen Effekt bei den Verbrauchern zu erreichen und diesen so zu beeinflussen, dass er an Kaffee denkt, wenn er die Melodie hört. Es würde also zu einer in rechtlicher Hinsicht unzulässigen Übernahme dieser fremden Leistung, also einem wettbewerbswidrigen Imagetransfer kommen, wenn ein Mitbewerber sich diesen Aufwand zu eigen machen würde, um die Melodie für eigene Werbezwecke zu verwenden.
Nun wollte sich Dallmayr jedoch noch weiter absichern und meldete die Melodie auch als Hörmarke an. Das ist seit 1995 europaweit möglich, also grundsätzlich auch in Deutschland.
Gegenüber dem Urheberschutz hat das Markenrecht den Vorteil, dass es formalisiert in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft gilt. Das Urheberrecht ist zwar auch größtenteils in ganz Europa gleich, aber nicht vollkommen identisch. So kommt es, dass es etwa in Irland andere Beteiligungsstufen für den Komponisten gibt als in Portugal.
Ein einzigartiges Wummern
Im deutschen Markenregister sind 213 Versuche vermerkt, eine Hörmarke anzumelden. Underberg war das erste Unternehmen, das von der Möglichkeit des nationalen Schutzes Gebrauch machte. Am 1. Januar 1995, also am ersten Tag der Geltung des neuen Markenrechts, meldete der Spirituosenhersteller seine Hörmarke an:

Werbemelodie von Underberg
Europaweit wurde der Versuch 104 mal unternommen, Tendenz steigend.
Generell stellt sich bei neuartigen Markenformen jedoch die Frage der Darstellbarkeit. Wie soll man einen Geruch zu Papier bringen? Wie das Geräusch zuschlagender Autotüren? So, wie der Autohersteller Audi sein Soundlogo als europaweit gültige Gemeinschaftsmarke geschützt hat, kann man dessen Besonderheit, die Tiefe der Töne und das Wummern der zuschlagenden Tür, nicht erkennen:

Soundlogo von Audi
In der Theorie ist alles möglich, allein die Umsetzung bereitet den Juristen aus den Rechtsabteilungen der Unternehmen jedoch Kopfzerbrechen. Die gesetzlichen Grundlagen erlauben zwar grundsätzlich, dass alles, was irgendwie einer Person oder einem Unternehmen zugeordnet werden kann, Markenschutz genießen kann. Die Darstellung muss jedoch nach Auffassung des Europäischen Gerichtshofs "klar und eindeutig, in sich geschlossen, leicht zugänglich, verständlich, dauerhaft und objektiv sein."
Das ist leicht, wenn die Marke in Form von Noten darstellbar ist. Allerdings ist dies nur dann der Fall, wenn es sich um eine Melodie handelt.
Knifflig wird es, wenn man die Marke nicht in Notenform anmelden kann. Vor diesem Problem stehen Unternehmen immer dann, wenn sie für viel Geld ein sogenanntes Soundlogo entwickelt haben, das nicht immer aus einer Melodie besteht, sondern, wie das Beispiel von Audi zeigt, darüber hinaus ein dumpfes, einzigartiges Wummern beinhaltet.
Oder das, wie im Fall des Soundlogos des amerikanischen Chipherstellers Intel, einen ganz besonderen Klang entfaltet, der sich am Klavier oder auf der Blockflöte nicht darstellen lässt.

Soundlogo von Intel
Intel hat vorstehende Darstellung gewählt, um das Soundlogo als europaweit geltenden Gemeinschaftsmarke zu registrieren.
Von Musik keine Spur mehr
Ebenfalls im Grenzbereich liegt folgende Anmeldung des Softwarekonzerns Microsoft, die im November 2008 durch das Europäische Markenamt (Lizenznummer EU 7421316) angenommen wurde.

Soundlogo von Microsoft
Wenn man das bei dem Europäischen Markenamt hinterlegte Originalgeräusch anhört, erkennt man deutlich die besondere, sphärische Anmutung des Stücks. Aus dem mit der Anmeldung eingereichten Notenbild ist diese allerdings nicht zu erkennen. Doch Microsoft hätte auch bei dem Schutz seines Zeichens mit der Zeit gehen können.
Die Anmelder der Soundlogos gehen vermehrt dazu über, alternative Darstellungsformen für ihre akustischen Werbebotschaften zu suchen. Die europäischen Markenprüfer akzeptieren mittlerweile - im Gegensatz zu ihren deutschen Kollegen - auch Oszillogramme und Sonogramme. Voraussetzung ist hierbei, dass der Originalsound der Anmeldung in elektronischer Form als Datei beigefügt wird, wie diese Anmeldung der englischen Versicherungsgesellschaft Churchill deutlich macht:

Oszillogramm von Churchills "Oh Yes"
Wie sich die Soundmarke anhört, erfahren Sie im Audioplayer rechts. Das Hörbeispiel macht abermals deutlich, dass es Hörmarken gibt, die mit Musik nichts zu tun haben.
Der Autobauer Daimler wählte einen anderen Weg der bildlichen Hörmarkendarstellung und meldete folgende Form seines aktuellen Soundlogos an (Lizenznummer EU 7214083):

Soundlogo von Daimler
Das Markenamt hat die Anmeldung zwischenzeitlich veröffentlicht und signalisiert damit, dass es die Darstellungsform akzeptiert.
All dies beweist: Es ist durchaus möglich, den bestmöglichen Schutz für sein werbliches Instrumentarium zu erwerben.