Internetangebot Ministerpräsidenten weisen ARD und ZDF in die Schranken
Berlin - Die Rundfunkkommission der Länder habe den Entwurf für den 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag einvernehmlich verabschiedet. Das sagte Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz, Hessens Regierungschef Roland Koch (CDU), am Donnerstag nach einem Treffen mit seinen Kollegen in Berlin. Das Papier setzt auch Grenzen für das Unterhaltungsangebot der Öffentlich-Rechtlichen. "Es wird keine Kontaktbörsen, Beratungsdienste oder Freizeittipps im Internet bei ARD und ZDF geben", sagte Koch.
Über das Arbeitspapier wollen die Ministerpräsidenten zunächst mit der EU-Kommission, Sendern sowie Medienverbänden beraten und dann im Oktober endgültig beschließen. ARD und ZDF reagierten verhalten. Die Politik stehe unter dem starken Druck der privaten Anbieter, sagte der ARD-Vorsitzende Fritz Raff.
Eine finanzielle Deckelung der Onlineaktivitäten von ARD und ZDF fällt weg. Größere Sportereignisse wie Olympia oder Pokalspiele sollen grundsätzlich 24 Stunden im Netz bereitgestellt werden. Andere Angebote werden sieben Tage lang abrufbar sein. Diese Regel soll bei Informations- und Bildungsangeboten abgeschwächt werden.
Die Internetauftritte von ARD und ZDF waren besonders von den deutschen Verlegern kritisiert worden, weil sie darin eine Konkurrenz für ihre privat finanzierten journalistischen Onlineprodukte sehen. Die EU-Kommission hatte die Bundesrepublik aufgefordert, den Programmauftrag des gebührenfinanzierten Rundfunks zu präzisieren. Mit weiteren Beratungen wolle man ein juristisches Nachspiel vermeiden. "Wir wollen keinen neuen Streit in Brüssel und keinen neuen Gang nach Karlsruhe", sagte Koch.
Als elektronische Presse bezeichneten die Ministerpräsidenten Internetauftritte, die Angeboten von Zeitungen oder Magazinen entsprächen. Die Nutzung von Zeitungen im Internet müsse vom Charakter her etwas anderes sein als das, was die Öffentlich-Rechtlichen herstellen.
Keine 100 besten Gottschalk-Wetten
Keine 100 besten Gottschalk-Wetten
Strittig ist noch, welche Unterhaltungsangebote die Anstalten ins Netz stellen dürfen. In einer Negativliste soll festgeschrieben werden, was tabu ist. "Die Sendung mit dem Koch, die zum Essensrezept führt, das dann einen Link zum Bucherverlag hat und zum Püreehersteller weist" werde es nicht mehr geben. Auch Unterhaltungsangebote als Auskopplung von TV-Sendungen wie etwa "die 100 besten Wetten von Thomas Gottschalk" seien nicht mehr möglich, sagte der hessische Ministerpräsident.
Neue digitale Angebote sollen einem sogenannten Drei-Stufen-Test unterzogen werden, bei dem die Sendergremien prüfen, ob sie dem öffentlich-rechtlichen Auftrag entsprechen, einen qualitativen Beitrag zum publizistischen Wettbewerb leisten und der damit verbundene finanzielle Aufwand vertretbar ist.
"Der öffentlich-rechtliche Rundfunk braucht das Internet"
Die ARD erklärte, die Unterhaltung sei eine unverzichtbare Säule des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Hier müssten sich die Ministerpräsidenten noch einigen, wie sich dies in Onlineangeboten niederschlägt. "Der öffentlich-rechtliche Rundfunk braucht das Internet", sagte der ARD-Vorsitzende Raff. Die Zuschauer wollten die Inhalte orts- und zeitunabhängig abrufen können.
ZDF-Intendant Markus Schächter sagte, die geplante Begrenzung der Internetinhalte auf sendungsbezogene Themen und einen Zeitraum von sieben Tagen werde von Brüssel gar nicht gefordert. "Die BBC und France Télévision zum Beispiel haben im Netz mit Erlaubnis von Brüssel deutlich größere Spielräume", sagte Schächter.
Die Privatsender nannten den Kompromiss ein "positives Signal". ARD und ZDF sollten sich nun mit neuen Programmvorhaben und Internetauftritten zurückhalten, sagte der Präsident des Verbandes Privater Rundfunk und Telemedien, Jürgen Doetz. Der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger kritisierte den Kompromiss. Unter dem Etikett sendungsbezogen dürften ARD und ZDF weiterhin Angebote machen, die fast identisch seien mit vielen Internetportalen der Verlage.
Der Verband Deutscher Zeitschriftenverleger begrüßte, dass die Ministerpräsidenten die Ermächtigung von ARD und ZDF zu öffentlich-rechtlicher Onlinepresse etwas enger fassen wollten als bislang geplant. Der Deutsche Journalisten-Verband warnte vor "zu starren Grenzen für die Öffentlich-Rechtlichen im Netz".
manager-magazin.de mit Material von dpa