Auszeit Warnung! Enthält versteckte Laserfallen!
Ist schon in Ordnung, sollen die eins auf die Mütze kriegen. Wer mit den Einlagen der Kundschaft zockt, muss sich über Verluste nicht wundern. Und die Rede ist nicht von Schuheinlagen.
Die Bankenkrise folgt der Subprime-Krise, und das ist gerecht. Das finden nicht nur Milliarden von Stammtischen in der Welt, das findet auch ein Milliardär, dem Stammtischhaftes fremd ist. Warren Buffett, von Beruf Investmentlegende und ungefähr so vermögend wie die Beneluxstaaten, ließ in der vergangenen Woche ein pfundiges "Geschieht-ihnen-recht" durch den Blätterwald schallen.
Dabei sollte man sich die Originalformulierung genussvoll vor Augen führen. Sie zeugt von einem Fabulierdrang, den man Vertretern der Kaste so genannter Selfmade Men nicht zutraut: "Da gibt es so etwas wie poetische Gerechtigkeit", sagte Buffett, "die darin besteht, dass die Leute, die diese giftige Limonade gebraut haben, am Ende selbst sehr viel davon getrunken haben."
Schöner hätten wir das auch nicht hingekriegt und fragen uns, ob der Begriff der "poetischen Gerechtigkeit" nicht eventuell als Ersatz für die "soziale Gerechtigkeit" taugt. Eine vom Monopolkapital abgesegnete Kompromissformel gewissermaßen, auf deren Basis Koalitionen zwischen FDP und SPD vielleicht doch möglich werden.
Man kann es allerdings auch anders sehen. Die Banken verjubeln Geld und alle anderen baden den Schlamassel aus - mit teureren Krediten und stabilisierenden Steuergeldern. Um im Bild zu bleiben: Von der giftigen Limo muss jeder einen Schluck nehmen, ob er will oder nicht. Manchen erreicht der Becher nur etwas später. Ob das an den Stammtischen als gerecht durchgeht? Sehr wahrscheinlich, dass man dort "soziale Gerechtigkeit" eben doch poetischer findet.
Gerecht oder nicht, im Alltag zählt, dass sich die eigenen Vorräte nicht auf Limo beschränken. Ein voller Kühlschrank allerdings setzt logistische Talente voraus, über die heute nur noch wenige verfügen, meist Mütter im besten Alter. Deren Söhne und Töchter benutzen das Gerät praktisch nur noch, um zucker- oder gerstehaltige Kaltgetränke vorzuhalten. Bestenfalls Reste von Essen finden sich in den oberen Kühletagen.
Wie man sogar damit menschenwürdige Mahlzeiten zubereitet, verrät die Internetseite "Cooking by Numbers", die wir in dieser "Auszeit" vorstellen. Ein Tipp: Stöbern Sie dort schon mal, bevor der Ernstfall eintritt, etwa an einem ruhigen Arbeitstag im Büro. Dann wissen Sie später, wo Sie suchen müssen.
Lassen Sie sich nicht erwischen!
Kochen, für einsame Wölfe

Mangelverwaltung: Cooking by Numbers hilft, das Beste aus den Resten zu machen
Cooking by Numbers
Wären wir Männer nicht alle gern ein bisschen wie Humphrey Bogart? Seine Aura des einsamen Ermittlers lässt sich leider kaum kopieren: Mit lässiger Traurigkeit blickt Bogey über sein Glas - traurig, obwohl Lauren Bacall auf der anderen Seite des Tisches ihre langen Beine übereinander schlägt.
Wobei viele Geschlechtsgenossen immerhin ihr Privatleben nach der Facon des einsamen Ermittlers gestalten. Die Wohnung - finster und leer. Der Schreibtisch - vollgemüllt und in Rauch gehüllt. Und erst der Kühlschrank!
Ob es nun an der ausdauernden Overperformance in einem beinharten Beraterjob liegt, der keine Zeit für Privates lässt, an einem aus den Fifties überlieferten Gesellschaftsideal oder schlicht an hauswirtschaftlicher Unfähigkeit: Kühlschränke in Männerhaushalten sind nicht selten ein Graus - großflächig freigeräumte Kaltbiotope für allerlei Gekeim, mit eher zufällig eingeschlagenen Spuren von Essbarem.
Wie macht ein postmoderner Teilzeit-Bogey nun das Beste aus seiner Küchen-Wüstenei, zumal unvorbereitet, wenn Lauren sich spontan entschlossen hat, mit in die Wohnung zu kommen? Die Internetseite "Cooking by Numbers" hilft, noch aus den kläglichsten Resten etwas zu zaubern - ohne dass man mit dem Kochlöffel vertraut sein müsste.
Die Hilfe beginnt mit einer Bestandsaufnahme. Zunächst wird abgefragt, was Kühl- und Vorratsschrank noch hergeben. Daraus ermittelt "Cooking by Numbers" eine Liste von Rezepten. Welche, für die man schon alles hat, und solche, deretwegen man schnell eine Flasche Ketchup an der Tanke holen sollte.
Dann folgt Bekanntes: Eine Zubereitungsanleitung wie in jedem Rezeptbuch. Positiv hervorzuheben ist, dass eventuell erforderliche Grundfertigkeiten - etwa Tranchieren oder Ei-Aufschlagen - per Link auch als Fotostrecke abgerufen werden können, damit nichts schiefgeht. Negativ hervorheben muss man, dass erst die Rezeptansicht verrät, für wie viele Personen die Beschreibung reicht. Je früher der Nutzer das weiß, desto besser für die Sache mit Lauren.
Erfahrungen, für Neuankömmlinge

Erfahrungserhaltung: Auf Qype lernt man Angebot und Service kennen, bevor man das Haus verlässt
Qype.com
Man kann auch essen gehen. Keine Probleme mit Kühlschränken, Vorräten und den Tücken eines Herds, der praktisch nie genutzt wird und deshalb bei jedem Einschalten leicht asphaltartig müffelt.
Stattdessen Probleme mit unfreundlichem Personal, mickrigen Portionen, schäbigem Gestühl und Zutaten wechselhafter Herkunft. Wer ahnt schon, worauf er sich einlässt, wenn er ein Restaurant betritt. Nicht umsonst lehrt uns der Volksmund: Vor Gericht, auf hoher See und in den Klauen eines Kellners sind wir in Gottes Hand. Oder so ähnlich.
Das gilt erst recht für die dauervernetzten und permagestressten Megaperformer. Auch wenn sie sonst mit Hannes Wader wenig gemein haben, leben sie nach seinem Motto "Heute hier, morgen dort". Ein Stammrestaurant, das gibt es nicht im merkantilen Jetset. Worauf soll man sich also verlassen?
Auf die Erfahrungen anderer. Die bündelt das Portal "Qype.com", sortiert nach Orten und unter dem Motto "Das Beste der Stadt". Ob Café, Kneipe oder Kinderbelustigung, hier findet sich fast alles, wo man hingehen und sein Geld lassen könnte - und wo man gerne vorher wüsste, wie's wird. Das beschränkt sich beileibe nicht auf Kulinarisches.
Friseur ist ein klassisches Beispiel, Zahnarzt ein anderes. Weg ist weg, und das kann auf die ein oder andere Weise schmerzhaft sein. In kurzen Erfahrungsberichten versichern sich die Benutzer von Qype der Vorzüge ("Qualität muss nicht teuer sein, da wird sich jetzt jeder 'teure' Friseur ärgern!") und Vorkommnisse einer Adresse ("Bei mir wurde die Krone zu weit heruntergeschliffen, aber gesagt wurde mir das nicht.").
Damit ist Qype eine klassische Web-2.0-Kiste, die von den Leistungen ihrer Nutzer lebt. Zumindest in größeren Städten funktioniert das gut, weil der Dienst dort stattliche Nutzerzahlen hat. In kleineren Ortschaften wird's dagegen dünn. Im fachwerkernen Ebern beispielsweise, einer 7000-Einwohner-Stadt tief in Franken, ist noch kein einziger der gelisteten Zahnärzte bewertet. Da werden lediglich die Adressdaten und ein Stadtplan von anderen Internetangeboten eingespielt.
Geburtstagsgrüße, für E-Mail-Schreiber

Zeitungsschaltung: Der Newspaper Clipping Generator macht Zeitungen da, wo man sie gar nicht mehr braucht (im Internet)
Newspaper Clipping Generator
Vielleicht muss man nur die frohe Kunde in die Welt tragen: "Zahnarztmangel bei Qype", in großen Lettern. Dazu als Hintergrundbericht die Debatte, ob der Mangel ein Versäumnis der Opposition ist und ob Zahnärzte am besten nach Rumänien ausgelagert werden.
Allerdings schaffen es nur wenige Geschichten auf die Titelseiten, wo die Aufmerksamkeit am größten wäre. Und so eine Meldung schon mal gar nicht. Außer, die Zeitung lässt sich vom Internet unter die Arme greifen.
Denn mit dem "Newspaper Clipping Generator" bringen Sie jede Geschichte auf den Titel. Dabei hilft ein kleines Formular, wo Sie die Meldung selbst eintragen, dazu Datum und Überschrift und schließlich den frei gewählten Namen der gewünschten Postille. Ein Tastendruck, und Sie bekommen einen Zeitungsausriss, der all das enthält.
Der ist freilich nur ein digitales Bild und wird es wohl nie an den Kiosk oder in den Lesezirkel Ihres Zahnarztes schaffen. Sie können das Bild aber auf Ihre Festplatte speichern und zum Beispiel in einer Geburtstagsnachricht per E-Mail verschicken. Gerichtsfest - Motto: "Sehen Sie, das das hat sogar mal in der Zeitung gestanden!" - ist das Ganze übrigens nicht.
Wenn der "Newspaper Clipping Generator" schon nicht dabei hilft, einem Thema zu einer Medienkarriere zu verhelfen, können Sie sich damit wenigstens bei sämtlichen Geburtstagen in Ihrem Bekanntenkreis mit fingierten Sensationsmeldungen durchwursteln. Doch Obacht, die Masche funktioniert nur ein Jahr lang.
Für die Zeit danach stehen weitere, ähnliche Angebote bereit, die rechts oben auf der Seite verlinkt sind. So können Sie im Folgejahr eine Regisseurklappe verschicken und danach ein sprechendes Eichhörnchen oder eine quatschende Tomate.
Besonders charmant in diesen Zeiten ist die Option der Zigarettenpackung. Da kann man die Marke und den Gesundheitshinweis selbst gestalten. Hübsch ist schon der Beispieltext: "Warnung: Enthält versteckte Laserfallen!" Eine schlimme Drohung für Raucher. Sie ist weder poetisch noch gerecht.
Zur vorigen Auszeit: Sinfonien des Grauens